Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Wahrscheinlich traumatisierte mich die Einstellung der ATLAN-Serie,
die in den 80er-Jahren erfolgte, in gewisser Weise. Ich hatte die
ATLAN-Serie stets gern gelesen und war völlig schockiert, als sie aus
dem Handel verschwand. Seit ich im Jahr 1992 zum PERRY RHODAN-Redakteur
wurde, versuchte ich immer wieder, die Marke ATLAN stärker ins
Bewusstsein zu rufen.
Einen dieser Versuche unternahmen meine
Redaktionskollegen und ich im Jahr 2004: Wir beschlossen, den Arkoniden
zum Thema des ganzen Jahres zu machen.
Gründe gab’s genug; der
wichtigste davon war sicher die Tatsache, dass wir mit den Miniserien
auf positive Resonanz gestoßen waren. Also sollte am 7. Mai 2004 eine
neue Miniserie starten: zwölf Heftromane, die unter dem Titel
»Obsidian-Zyklus« alle zwei Wochen erscheinen würden. Geplant war eine
Science-Fiction-Serie, die vor allem die bisherigen ATLAN-Fans
ansprechen sollte.
Unter der Dachzeile »Neue Romanreihe im
ATLAN-Jahr« und der Überschrift »Abenteuer in der Obsidian-Kluft«
verschickten wir eine Pressemeldung an zahlreiche deutschsprachige
Journalisten. Dabei hatten wir – wie so oft – das Problem, dass man bei
einer solchen Pressemeldung zuerst erklären musste, was PERRY RHODAN und
ATLAN eigentlich waren. Ich versuchte es mit drei Sätzen:
»Millionen
von Lesern in aller Welt ist die Science-Fiction-Serie PERRY RHODAN ein
Begriff. Seit über vierzig Jahren erscheinen die Abenteuer des
Weltraumhelden – als Bücher und Heftromane, als Taschenbücher und
Hörspiele. ATLAN ist gewissermaßen der ›kleine Bruder‹ der Serie und der
beste Freund des Serienhelden.«
Bis heute ist mir keine richtig
schlaue Idee eingefallen, wie man die ATLAN-Serie mit ihrem Helden in
wenigen Sätzen erläutern sollte. Man kann’s natürlich auch rein
inhaltlich machen – und das versuchte ich in diesem Pressetext
ebenfalls:
»Er ist kein Mensch, sondern kommt vom fernen Planeten
Arkon: Atlan, der dank eines so genannten Zellaktivators unsterbliche
Held der ATLAN-Romanreihe. Seit langer Zeit wirkt er als Freund der
Menschheit, begleitete sie schon in den Romanen der PERRY RHODAN-Serie
ins Weltall.« In den zwölf Heftromanen des »Obsidian«-Zyklus, so schrieb
ich weiter, »erlebt der Arkonide mit den weißen Haaren und den
markanten Gesichtszügen erneut farbenprächtige Abenteuer.«
Mit Uwe Anton
hatten wir einen Autoren gefunden, der über ausreichende Erfahrung
verfügte und sich zutraute, die Exposés zu übernehmen. In den
Pressemeldungen zitierte ich Uwe mit einer Äußerung, die ich ihm in den
Mund legte: »Die ATLAN-Serie wurde von den Lesern schon früher als ›das
absolute Abenteuer‹ bezeichnet«, charakterisierte er seine Arbeit.
»Daran knüpfen die neuen Romane bewusst an.«
Diese
Aussage hatte ich mir ausgedacht, ich hatte sie an Uwe geschickt, und
er hatte mir erlaubt, sie zu verwenden: eine Technik, die ich in den
90er-Jahren bei meiner Tätigkeit als Redakteur für Öffentlichkeitarbeit
gelernt hatte. Es kam darauf an, pointierte Aussagen zu finden, die es
einem Journalisten in einer Tageszeitung oder im Radio ermöglichte,
Personen zu zitieren, mit denen er oder sie selbst gar nicht gesprochen
hatte.
Die rein inhaltlichen Aussagen zog ich aus
Arbeitspapieren, die Uwe Anton verfasst hatte: »Atlan verschlägt es in
den Romanen in ein bizarres Sonnensystem, das anscheinend den Kern eines
eigenen kleinen Universums bildet. Fünf seltsame Planeten kreisen wie
glitzernde Perlen um eine orangefarbene Sonne.
Eine dieser
Welten wird von einem Mond umlaufen, der an einen gigantischen Diamanten
erinnert und in überirdischem Glanz erstrahlt. Bewohnt werden sie von
ganz unterschiedlichen Wesen, die alle von einem unheimlichen Phänomen
bedroht werden, das sich mit dem Begriff ›Obsidian-Kluft‹ verbindet ...«
Mit
dem »Obsidian«-Zyklus und seinen zwölf Bänden wollten wir bewusst auch
jene Leser ansprechen, die sich von den umfangreichen Zusammenhängen der
PERRY RHODAN-Serie abschrecken ließen. Wir wollten Anzeigen in den
Heftromanen der Konkurrenz schalten, um Lesern, die bisher zu »John
Sinclair« griffen, das PERRY RHODAN-Universum näherzubringen.
Bei
diesem Gedankengang zitierte ich unsere damalige Verlagsleiterin; auch
hier formulierte ich ihre Sätze vor und ließ sie von ihr »freigeben«.
Folgendes legte ich Cornelia Schulze in den Mund: »Die zwölf Romane
geben einen Einblick in das sogenannte Perryversum, ohne dass man
Vorkenntnisse benötigt.« Wer sich vom Erfolgsgeheimnis der größten
SF-Serie der Welt bereits habe anstecken lassen, bekomme mit ATLAN
zusätzlichen Lesespaß – der »Obsidian«-Zyklus spreche also
unterschiedliche Lesergruppen an. »Der Preis von 1,65 Euro ist identisch
mit dem Preis für PERRY RHODAN-Romane«, zitierte ich die
Verlagsleiterin abschließend.
Die neue Miniserie zählten wir zu
den zahlreichen Aktivitäten im sogenannten ATLAN-Jahr 2004. Die weiteren
Zusammenhänge fand ich selbst ein wenig dünn – aber es ging darum, der
Presse ein schönes Paket zu präsentieren. Immerhin sollte innerhalb der
ATLAN-Buchreihe ein neuer Handlungsabschnitt eingeleitet werden – auch
wenn sich nicht viel an der inhaltlichen Richtung ändern würde. Bei
einem unserer Lizenzpartner, dem HJB-Verlag, sollten ATLAN-Bücher
erscheinen, die den »Centauri«-Zyklus in drei Bänden zusammenfassten.
Das einzige, was für uns wirklich zählte, war der »Obsidian«-Zyklus. Ich setzte große Hoffnung darauf, dass Uwe Anton
sowie das Autorenteam eine Reihe von spannenden Romanen schreiben
würden. Verschiedene Autoren wollten wir ausprobieren, unter anderem
sollten Bernhard Kempen, Bernd Frenz und Ralf Schuder ihre ersten Romane
für unseren »Kosmos« verfassen. Ich war entsprechend nervös und
gespannt darauf ...
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