Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Kaum war Eckhard Schwettmann im Haus, legte er bereits mit seinen
Aktivitäten los. Im Sommer 1996 knüpfte unser neuer Marketingleiter an
den unterschiedlichsten Ecken und Enden seine Kontakte – sowohl
innerhalb als auch außerhalb des Verlages. Er sprach im Verlag mit allen
wichtigen Personen, und er telefonierte stundenlang mit ehemaligen
Arbeitskollegen, die er aus der Kommunikationsbranche kannte. All diese
Kontakte nutzte er, um seinen Marketingbereich aufzubauen.
In
derselben Zeit organisierte Ute Gerlach, seine Assistentin, den
tagtäglichen Ablauf im Büro. Und an jedem Tag saßen Eckhard und ich
zusammen, um über aktuelle Themen zu sprechen und auszuloten, in welche
Richtung man PERRY RHODAN denn »neu denken« könnte. Einige Dinge waren
bereits angelaufen, etwa die Musikproduktion mit dem Komponisten
Christopher Franke oder das Computerspiel – diese Projekte wurden durch
Eckhard Schwettmann endlich beschleunigt.
Aber das reichte ihm
nicht. »Wir müssen mit PERRY RHODAN einen richtig starken Auftritt
hinlegen«, sagte er nicht nur einmal. »Wir müssen raus aus dem
Heftroman-Umfeld, wir müssen dahin, wo die Medien sind, wo man junge
Leute ansprechen kann.«
Nur dann könnte man darüber hinaus
weitere Aktivitäten entwickeln. »Erst wenn wir eine richtig coole Marke
mit Kultfaktor sind, erreichen wir die neuen Zielgruppen.« Das klang
schlüssig, damit überzeugte er uns alle. Ein wenig irritiert war ich
dennoch, als er mit der – aus seiner Sicht – logischen Schlussfolgerung
kam: »Wir müssen auf die Popkomm!«
Von der Popkomm hatte ich
selbstverständlich schon gehört. Ich wusste, dass es sich dabei um eine
große Messe für Popkultur im weitesten Sinne handelte. Hier traf sich
die Musikbranche aus halb Europa: zahlreiche Musiker, Journalisten,
Branchenvertreter und Schaulustige. Im Sommer verwandelte sich Köln dann
auch wegen des sogenannten Ringfestes in eine riesige Bühne für
Popkultur im weitesten Sinne. Und da sollten wir mit PERRY RHODAN hin?
»Die
Serie ist Kult«, beharrte Eckhard. »Jeder kennt sie, also müssen wir
dafür sorgen, dass dieser Kult weiter getrieben wird.« Schon zu diesem
Zeitpunkt hatte er in ersten Gesprächen festgelegt, dass es im Sommer
1996 noch eine eigenständige Musikproduktion zum Thema PERRY RHODAN
geben würde. »Wir knacken den Jugendmarkt«, war seine Devise – und die
Popkomm sollte ein erster wichtiger Schritt auf diesem Weg sein.
Mitte
Juni stellte Eckhard in einem Fax das zusammen, was er sich für die
Popkomm und PERRY RHODAN vorstellte. Dieses Fax schickte er an die
Geschäftsführer der Musikkomm, der Gesellschaft also, die die Popkomm
veranstalten sollte. Einer der beiden Ansprechpartner war ein alter
Freund von ihm, den anderen kannte ich aus dem »subkulturellen Umfeld«
der 80er-Jahre, weil er in einer Band gespielt hatte.
»So
ungefähr stelle ich mir Perry Rhodan auf der Popkomm. vor« schrieb
Eckhard und schlüsselte in sechs Punkten seine Überlegungen auf. Unter
anderem hatte er einen Stand geplant, den er auch schon reserviert
hatte. An diesem Stand wollte er Vurguzz ausschenken. Das Getränk
beschrieb er so: »ist grün, alkoholhaltig und im ganzen Universum
erhältlich, Erfindung von Clark Darlton alias Walter Ernsting, einer der
drei PR-Erfinder«.
Dass Vurguzz nicht von Walter Ernsting erfunden, sondern von ihm
nur in die Serie eingeführt worden war, wusste Eckhard – aber für diesen
Kontakt waren die Details nicht so wichtig wie die Geschichte, die man
um das Getränk herum stricken konnte.
Weitere Punkte betrafen
die »Taschenbeileger« – jeder Popkomm-Besucher bekam eine Tüte mit
allerlei Inhalt – oder einen Vortrag von Eckhard selbst. Er wollte über
»Markenfusion und Medienkooperation« sprechen, über »Pop als
Kommunikationsplattform«, was damals in der Tat ein spannendes Thema
war.
Weil Eckhard immer ein Fan von Johnny Brucks klassischen
Bildern gewesen war, wollte er unbedingt den PERRY RHODAN-Illustrator
präsentieren. Johnny war erst neun Monate zuvor an den Folgen eines
Verkehrsunfalls gestorben, und Eckhard wollte nicht, dass er schon in
Vergessenheit geriet. »Johnny hat das Gesicht der Serie über Jahrzehnte
hinweg geprägt«, argumentierte er, »seine Bilder haben die Serie bekannt
gemacht.«
Aus diesem Grund wollte er während der Popkomm eine
eigenständige Ausstellung zu »35 Jahre PERRY RHODAN« installieren. Er
wollte kostbare Sammlerstücke zeigen, japanische Originalausgaben,
Titelbilder von Johnny Bruck – natürlich die Originale – sowie weitere
interessante Dinge. »Das fesselt die Medienschaffenden«, davon war er
überzeugt.
Als Abschluss für die PERRY RHODAN-Aktivitäten in Köln
hatte er eine Party geplant, die »nur für geladene Gäste« sein und im
Stadtgarten stattfinden sollte. Als Thema dachte er an »Zukunft« im
weitesten Sinne. Das Gelände sollte »mit (kultig-trashigem)
Weltraumambiente aus dem PR-Universum geschmückt und bereichert« werden,
so die Überlegung des neuen Marketingleiters.
Das Fax wurde
abgeschickt, wobei einige Dinge, die darin standen, bereits im Vorfeld
diskutiert worden waren. Und dann konnten wir an die eigentliche Arbeit
gehen – schließlich sollte PERRY RHODAN in einem »zeitgeistigen Umfeld«
möglichst modern und vielseitig präsentiert werden. Die Idee
elektrisierte uns alle – und ich war schon sehr gespannt darauf, wie
sich der Auftritt »anfühlen« würde ...
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