Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Im Herbst 1997 diskutierten Horst Hoffmann und ich mehrfach darüber,
wie es mit den Silberbänden weitergehen sollte. Der »Schwarm«-Zyklus
hatte uns beiden gefallen, auch in der Bearbeitung, die Horst in den
Silberbänden geleistet hatte. Beim »Altmutanten«-Zyklus war es nicht
ganz einfach gewesen, die Handlung entsprechend zu straffen und somit
spannender zu machen. Jetzt aber stand der »Anti-ES«-Zyklus vor der Tür,
und der bereitete uns beiden Kopfzerbrechen.
In einem Telefonat
hatte Horst Hoffmann vorgeschlagen, den gesamten Zyklus ausfallen zu
lassen. »Wir springen direkt zu den Laren und der Geschichte um das
Konzil der Sieben«, argumentierte er. Das sei spannender als alles
andere davor, damit würden wir die Leser sicher fesseln können. Beim
»Anti-ES«-Zyklus gäbe es zu viele Widersprüche innerhalb der fünfzig
Romane, die man kaum »auf Reihe« bringen könne.
Ich verstand
seine Argumentation sehr gut, erinnerte ich mich doch selbst an meine
Lektüre dieses Zyklus. Andererseits entsann ich mich eben auch vieler
spannender Romane, vor allem an die packenden Naupaum-Geschichten. Also
formulierte ich am 9. Oktober ein Schreiben an den Buchbearbeiter, in
dem ich meine Ideen für eine weitere Fortführung der Serie formulierte.
Davor
hatte ich mehrere Tage damit verbracht, in den alten Heftromanen zu
blättern, um mir den Inhalt der fünfzig Romane vor Augen zu führen.
»Nimm das hier bitte einfach als eine Art Gedankenstütze«, schrieb ich
vorsichtig, »vielleicht kannst Du damit etwas anfangen.« Wie es sich
später herausstellte, übernahm der Bearbeiter nur einen Teil meiner
Vorschläge – aber genau das war das Ziel eines solchen Arbeitspapiers
gewesen.
»Ich bin absolut dagegen, den Zyklus ausfallen zu
lassen«, schrieb ich. Der Zyklus lege schließlich »auch eine Basis für
weitere Bände«. Ich nannte die weitere Entwicklung der Galaxis Andromeda
und die Figur des Ganerc-Callibso sowie die Geschichte von Alaska
Saedelaere. Vor allem wollte ich die Hintergründe zu Anti-ES nicht
einfach unter den Tisch fallen lassen.
Allerdings verband ich mit
meinem Wunsch eine harte Forderung: »Wir müssen den Zyklus natürlich
brachial einkürzen, das heißt, Du musst das tun«, schrieb ich. Ich
schlug vor, den Zyklus in ganzen fünf Bänden zu erzählen.
Band
68 sollte dann »Die unsichtbare Grenze« heißen und die Original-Romane
600 bis 607 enthalten. »Stellenweise ist das schon recht originell«,
argumentierte ich und verwies unter anderem auf »Bount Tehera aus dem
Altmutanten-Zyklus« und »die ganzen ›Anti‹-Geschichten«.
Band 69
sollte nach dieser Überlegung dann schlicht »Pilgerflug nach Terra«
heißen und die Romane 608 bis 620 enthalten. »Da kürzen wir gnadenlos
die PAD-Seuche zusammen und machen aus dem Rhodan-gegen-Rhodan-Kampf
etwas ganz anderes«, schlug ich vor, ohne dass ich die betreffenden
Original-Romane vorher noch einmal gelesen hatte.
Für Band 70
schlug ich »Kampf der Gehirne« vor. Er »wäre auch ein gutes Jubiläum und
setzt Rhodan schon sehr gut in Szene – da müssten wir doch die Bände
620 bis 630 reinkriegen«. Buch 71 sollte nach meinem Gedankengang »Ruf
aus der Unendlichkeit« heißen und die Bände 631 bis 637 umfassen, »also
die weiteren Machtkämpfe in Naupaum und die Hirnspielereien in der
Milchstraße«.
Den großen Wurf wollte ich mit Band 72 erreichen.
»Kontakte mit der Ewigkeit« würde nach diesem Konzept die Romane 638 bis
649 enthalten und sich »mit dem neuen Zug von Anti-ES« beschäftigen.
Mir war klar, dass das unglaublich viel »Futter« für ein Buch war, aber
ich traute Horst zu, auch diese Aufgabe zu bewältigen. Ausfallen lassen
wollte ich die fünfzig Bände des »Anti-ES«-Zyklus auf keinen Fall, dafür
hatte ich sie zu gern gelesen.
Meine Vorschläge gingen sogar
darüber hinaus. Mir war klar, dass der Autor mit dem Einkürzen allein
nicht zurande kommen würde. »Wir müssen noch etwas draufsatteln, also
nachträglich den Zyklus legitimieren«, überlegte ich. Ich wollte
zusätzliche Elemente einarbeiten und stellte einige Überlegungen vor.
»Wir
behaupten im Rahmen der Bücher einfach, dass Catron am Rand unseres
Superclusters liegt und Naupaum in einer der großen Leeren dahinter«,
schrieb ich. Zu dieser Zeit hatte das Hubble-Teleskop gerade
großflächige Strukturen im Universum entdeckt, die nicht nur die
Wissenschaftler faszinierten, sondern auch Laien wie mich beschäftigten.
Das Universum schien aus riesigen Ansammlungen von Galaxien zu
bestehen, zwischen denen es ebenso riesige Leerstellen gab. Und da die
geschilderten Galaxien im genannten Zyklus so weit auseinanderlagen, bot
es sich meiner Ansicht nach an, zwischen Naupaum und Catron einen
riesigen Leerraum »kosmologisch« zu begründen.
Eine andere Idee
war, dass Perry Rhodan allerlei »Hinterlassenschaften sehen oder finden«
sollte. Ich überlegte beispielsweise, die »Neunturmanlagen der Loower« –
die es überall im Universum geben sollte – auch in Naupaum finden zu
lassen. Damit könnte man »Naupaum im kosmischen Rahmen« ebenfalls
stärker verankern.
Überlegen sollten wir auch, »Naupaum stärker
mit dem ES-Mythos« zu verbinden, um klarzustellen, wie wichtig die
Galaxis ist. Hierzu hatte ich aber keine weitergehende Idee; es ging in
dieser Phase erst einmal darum, dem Autor einige Gedanken zu
übermitteln.
In der Folge diskutierten Horst Hoffmann und ich
einige Male, dann stand die Planung im Groben und Ganzen. Wir würden den
»Anti-ES«-Zyklus nicht ausfallen lassen, sondern ihn zu einem wichtigen
Bestandteil der Silberband-Serie machen. Horst Hoffmann würde keine
zusätzlichen Elemente erfinden, sondern versuchen, die Essenz der
fünfzig Hefttromane so gut wie möglich in die Bücher zu übertragen. Und
so geschah es ...
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