Eine neue Folge aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Unsere Besprechung, die Sabine Bretzinger und ich in Rheda-Wiedenbrück
führten, war ins Stocken geraten. Eine Reihe von Vorschlägen war von den
Kolleginnen des Bertelsmann-Clubs abgeschmettert worden, weil sie nicht
ins Konzept des Clubs passten. »Lassen Sie uns über andere Projekte
sprechen«, schlug Sabine vor und holte neue Arbeitsblätter aus ihrer
Reisetasche. »Wir haben da etwas vorbereitet.«
Nacheinander
stellten wir vier unterschiedliche Serienkonzepte vor. Das erste baute
auf der Tatsache auf, dass die PERRY RHODAN-Kunden sehr treu waren und
sich für die klassische Science Fiction interessierten.
»Lassen
Sie uns eine Serie machen, die Science-Fiction-Romane präsentiert, die
von den PERRY RHODAN-Autoren außerhalb der Serie geschrieben worden
sind«, argumentierte ich. Ich nannte Autoren wie K. H. Scheer, Clark
Darlton und Hans Kneifel. »Ihre Romane aus den 60er- und 70er-Jahren
würden wir gern in einer schönen Edition veröffentlichen, mit einem
begleitenden Vorwort und eventuellem Zusatzmaterial.«
Das Thema
fanden die Kolleginnen bei Bertelsmann nicht so interessant. Das sei
noch eine weitere Science-Fiction-Serie, und der Kundenkreis sei
letztlich doch der gleiche.
Ebenso schnell lehnten sie ein
Konzept ab, die ATLAN-Serie in einer modernen Aufmachung für den
Sammler- und Abonnentenmarkt neu aufzulegen. »Wenn wir uns auf die
Zeitabenteuer konzentrieren, können wir die Schnittmenge aus Science
Fiction und historischem Roman ansprechen«, so unser Argument, das
leider nicht ankam. Immerhin bat man uns, weiteres Ideen-Material
zusammenzufassen und zu schicken.
Interessanter fanden die Kolleginnen zwei andere Serienkonzepte. Eines davon stammte gar nicht aus der PERRY RHODAN-Redaktion.
Ulrich
Magin, einer der Lektoren des Moewig-Buchverlages, war erfinderisch und
steckte stets voller Ideen. Wir hatten uns oft über Serienkonzepte
unterhalten, und ich wusste, dass er gern mehr machen wollte.
So
hatte er das Konzept für »Die Tempelritter« entwickelt und uns in der
Kurzfassung mitgegeben. Da unter anderem Hans Kneifel mitarbeiten
sollte, interessierte mich das Konzept persönlich sehr.
»Es ist
eine historische Serie«, stellte ich vor. »Es geht um das Geheimnis der
Templer, die Serie spielt im Mittelalter, und ihre Helden reisen durch
Europa sowie durch den Nahen Osten.« Verschiedene Autoren sollten die
Serie schreiben, das Konzept sowie die Exposés erstellte Ulrich Magin,
und er würde sich auch darum kümmern, dass die Serie historisch sauber
recherchiert wurde.
Ich kannte mich in den Details nicht gut
aus, da der Kollege alles selbst machen wollte, aber ich beantwortete
die vielen Fragen so gut und so ausführlich, wie ich es vermochte. Die
Bertelsmann-Damen wollten weitere Informationen: Wie schnell konnten die
Bände geliefert werden, wie hoch seien die Kosten für Bertelsmann, wie
sähe es mit Titelbildern oder Landkarten aus?
Ich notierte mir
die Fragen und kündigte an, mich im Verlag sofort darum zu kümmern.
»Danach wird Herr Magin übernehmen«, versprach ich.
Die nächste
Serie, die wir vorstellten, kam aus dem Fantasy-Genre. Wir hatten
bewusst kein inhaltliches Konzept dabei, auch keinen konkreten Titel.
»Immer mehr Frauen lesen Fantasy-Romane«, argumentierte ich, »es gibt
aber keine Serie, die sich speziell an diese Leserinnen wendet.« Ich
schlug vor, eine Fantasy-Serie für diese Zielgruppe zu konzipieren und
über den Club zu vertreiben.
Wer diese als Autor oder Autorin
schreiben würde, war mir zu diesem Zeitpunkt gleichgültig. Wir kannten
genügend Menschen, die professionell in diesem Genre tätig waren und mit
denen wir gute Erfahrungen gesammelt hatten. Das Ziel sei, so meine
logische Schlussfolgerung, »nach dem Muster von PERRY RHODAN« zu
arbeiten, mit Exposés und klaren Terminen, mit einem Autorenteam und
einem Chefautor – oder einer Chefautorin.
Inhaltlich würde diese
Serie von Sabine und mir betreut werden, wir würden sie im Verlag
produzieren und idealerweise druckfertige Dateien bei Bertelsmann
anliefern. »So hätten Sie ein exklusives Produkt, das die Kundinnen
sonst nirgends im Buchhandel erwerben können«, brachte ich ein
zusätzliches Marketing-Argument.
Das Thema schien anzukommen. Wir
diskutierten über die möglichen Inhalte ebenso wie über die Zielgruppe
und den Erscheinungsrhythmus. »Sie müssten dann jeden Monat ein Buch
liefern«, sagte die Programmleiterin. »Schaffen Sie das?«
Ich war
sicher, dass wir das hinbekommen würden. Die Fantasy-Buchreihe könnte
gut nebenbei laufen, wir könnten alle Strukturen des Verlages nutzen –
und wir waren trainiert darin, termingetreu zu produzieren und zu
liefern.
Den Rest der Besprechung verbrachten wir mit Details
aller Art. Wir sprachen über die Zukunft des Bertelsmann-Clubs und neue
Projekte bei PERRY RHODAN, über neue Serien und Autoren, über Kochbücher
und Ratgeber aus dem allgemeinen Moewig-Programm und vieles anderes
mehr.
Als Sabine Bretzinger und ich am späten Nachmittag die
Räumlichkeiten verließen, hatten wir das Gefühl, trotz aller Konflikte
und Schwierigkeiten einen sehr wichtigen Besuch absolviert zu haben.
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