Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Sabine
Bretzinger und ich saßen an diesem 12. Juni 2001 in einem Konferenzraum
in Rheda-Wiedenbrück. Uns gegenüber hatten sich drei
Vertriebskolleginnen aus dem Bertelsmann-Club niedergelassen, und wir
schienen uns gegenseitig nicht zu verstehen. Dabei wollten beide Seiten
dasselbe: Es ging darum, die seit einigen Jahren laufende PERRY
RHODAN-Buchreihe im »Club« erfolgreich weiter zu betreiben.
Die
neue Abteilungsleiterin erklärte mir den Club-Gedanken: Nur wenn jemand
Mitglied im Club war, konnte er die PERRY RHODAN-Bücher abonnieren.
Damit war es nicht möglich, diese Buchreihe separat zu abonnieren.
»Aber
man muss doch vier Bücher im Jahr als Pflichtlieferung abnehmen«,
argumentierte ich, nachdem ich alles gehört hatte. »Wenn jemand zwölf
PERRY RHODAN-Bücher hat, kommt er locker über diese Zahl – also müsste
es ausreichen, ein solches Abonnement abzuschließen.«
Ich
verstand die andere Seite nicht. »Wenn Sie über PERRY RHODAN neue
Mitglieder für den Club gewinnen, kaufen die sicher irgendwann andere
Bücher aus Ihrem Katalog.« Das müsse eine Win-Win-Situation sein,
zumindest in meinen Augen.
Der Club-Gedanke schließe aber aus,
für solche Serien eine separate Werbung zu machen. Man könne und dürfe
solche Serien nicht außerhalb des Clubs vermarkten. Die Reihung müsse
streng eingehalten werden: Zuerst muss der Kunde ein Mitglied des Clubs
werden, dann kann er abonnieren. Die Methode, die ich vorschlug, ginge
grundsätzlich nicht.
Nachdem ich das alles erklärt bekommen
hatte, waren Sabine und ich verwirrt. »Das heißt, Sie versuchen nicht,
neue Kunden zu erreichen?«, fragte ich nach. »Das Ziel ist, die
Stammkunden zu halten – und diesen bieten Sie eben die bisherige Reihe
an?«
Ich hatte richtig verstanden: Weil der Club einige tausend
PERRY RHODAN-Kunden hatte, war er mit diesen sehr zufrieden. Man wollte
eigentlich keine neuen Kunden hinzuführen, die man extra betreuen
müsste. Wir saßen in einer Patt-Situation fest: Alle Vorschläge, die ich
mir ausgedacht hatte und die wir mitgebracht hatten, waren völlig
hinfällig. Niemand wollte sie umsetzen, niemand konnte sie zielführend
in die Wirklichkeit überführen. Und die Wünsche der
Bertelsmann-Kolleginnen auf der anderen Seite konnten wir nicht
erfüllen.
»Wir wollen auf jeden Fall die laufende Serie stoppen,
noch in diesem Herbst 2001«, war das Argument der
Bertelsmann-Kolleginnen. »Die Kunden sind verwirrt, sie wollen ›Die
Solare Residenz‹ nicht haben.«
Wir seien in der Lage, sechs Bände
des Silberband-Zyklus »Das Kosmische Schachspiel« zu liefern, schlug ich
vor. Das seien sechs Bücher, die in einem Jahr abgearbeitet seien. Dann
hätten wir ab Ende 2011 alle zwei Monate ein Buch.
»Und danach machen wir wieder die ›Edition Terrania‹ mit zwölf Büchern im Jahr?«, kam die Gegenfrage.
Das
ginge nur mit umfangreichen Erläuterungen, versuchte ich es erneut. Ich
verwies zum wiederholten Mal an diesem Tag auf die inhaltlichen
Probleme. Beim »Kosmischen Schachspiel« spiele die Handlung im 36.
Jahrhundert alter Zeitrechnung, und Perry Rhodan sei der
Großadministrator des Solaren Imperiums. Bei der »Edition Terrania« sei
die Handlung über 1500 Jahre später angesiedelt, die politischen und
technischen Hintergründe der Serie seien völlig unterschiedlich.
»Wir
haben den Kunden einen Wechsel zugemutet, der offenbar zu gravierend
war«, schloss ich meine Argumentation. »Wenn wir jetzt hin und her
wechseln, muten wir auch den geduldigsten Kunden zu viel zu. Da springen
uns die Leser ab.«
Nach einigem Hin und Her wurden wir uns
einig: Wir würden die »Edition Terrania« stoppen – die bisherigen
Abonnenten der PERRY RHODAN-Clubausgabe sollten sie nicht mehr erhalten.
Danach würden wir die sechs Bände der regulären Ausgabe bringen, um
»aufzuschließen«, und in der Folge gäbe es für die Kunden nur noch vier
Bücher pro Jahr.
»Wir folgen damit den Silberbänden im Abstand von einem Jahr«, vereinbarten wir.
Ich
versuchte trotzdem noch einmal, eine für mich logische Argumentation
anzubringen: »Versuchen Sie doch, die bisher veröffentlichten Bände der
›Edition Terrania‹ in irgendeiner Art separat zu vermarkten. Wenn alles
gut geht, haben wir danach zwei PERRY RHODAN-Reihen mit
unterschiedlicher Gestaltung und inhaltlicher Ausrichtung, die wir
verkaufen können.«
Die Antwort klang für mich mittlerweile
bekannt: Das verstoße gegen den Club-Gedanken. Zudem verwirre es alle
Beteiligten bei Bertelsmann, wenn es zwei PERRY RHODAN-Reihen gäbe.
Das
war der Augenblick, in dem ich nur noch seufzte. Verzweifelt sah ich
Sabine an. Die grinste und meinte: »Wir sollten vielleicht über die
anderen Themen reden, die wir mitgebracht haben.«
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen