Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
In den frühen 90er-Jahren zählte die Arbeit an den PERRY
RHODAN-Taschenbüchern zu einer wichtigen Tätigkeit des Redakteurs. Ich
hatte dabei viel mit dem Heyne-Verlag und seiner Redaktion sowie
Herstellung zu tun, ebenso aber mit den PERRY RHODAN-Autoren. Bei den
Taschenbüchern waren ganz andere Dinge zu beachten als bei den
wöchentlichen Heftromanen.
Das begann beispielsweise im Jahr 1995
stets mit einem Anruf aus der Taschenbuch-Redaktion des Heyne-Verlages.
Die Kollegin dort hatte von Science Fiction so gut wie keine Ahnung,
was sie auch ehrlich zugab; unsere Taschenbücher erschienen nicht im
regulären Science-Fiction-Programm, sondern waren als separate Reihe dem
»allgemeinen Programm« zugeordnet worden.
Entsprechend
vorsichtig war meist der Anruf: »Wir bräuchten wieder für die
Verlagsvorschau sechs PERRY RHODAN-Titel. Wie weit sind Sie denn? Wann
können Sie liefern?«
Meist kam der Anruf nicht aus heiterem
Himmel, ich wusste also Bescheid und hatte in den Wochen zuvor bereits
erste Vorarbeiten erledigt. Das lief alles quasi nebenbei.
Viele
Taschenbücher entstanden in den regelmäßigen Telefonaten mit den
Teamautoren, bei denen sich allerlei Ideen ergaben. Manchmal ließ ich
aber »dezent durchblicken«, dass ich »ganz gern mal wieder« einen PERRY
RHODAN-Roman von dem betreffenden Autoren hätte.
Wenn alles gut
ging, hatte der betreffende Kollege – oder damals die eine Kollegin
– irgendwann eine Idee und reichte dafür ein Exposé ein. Dabei gab es so
gut wie keine Vorgaben. Das Taschenbuch sollte selbstverständlich im
PERRY RHODAN-Universum spielen, musste sich aber nicht sklavisch an
irgendwelche »Lücken« in der Handlung orientieren.
Viel
wichtiger war mir, dass eine spannende Science-Fiction-Idee verwirklicht
wurde. Der PERRY RHODAN-Redaktion war zu jener Zeit durchaus bewusst,
wie gut und erfolgreich die amerikanische Konkurrenz war: Um neue Leser
für PERRY RHODAN zu interessieren, reichte es nicht aus, für PERRY
RHODAN-Fans allein zu schreiben. Die Handlung sollte ebenso für Leser
»allgemeiner« Science Fiction nachvollziehbar und interessant sein.
Das
eingegangene Exposé wurde zwischen Redaktion und Autor besprochen;
eventuell äußerte ich besondere Wünsche. Oft kam es beispielsweise vor,
dass zwei Autoren innerhalb kürzester Zeit eine sehr ähnliche Idee
hatten oder ihre Handlung in einem sehr ähnlichen Umfeld ablaufen lassen
wollten; das hatte ich zu koordinieren. Manche Autoren reichten gleich
drei Exposés auf einmal ein und überließen mir die Auswahl des »besten« –
wobei das in gewisser Weise eine Geschmacksache war.
Bereits
nach »Annahme« des Exposés, was einem mündlichen Vertrag gleichkam,
erhielt der Autor einen Termin, bis zu dem er zu liefern hatte. Ich
entwarf zeitnah den Titel und Untertitel sowie einen Klappentext und
sprach diese Details mit dem Autor ab. Letztlich musste der Autor in der
Folge dann sowohl seinem eigenen Exposé als auch dem Klappentext
folgen; dass dann die Handlung gelegentlich nicht mehr ganz so mit dem
Klappentext übereinstimmte, ließ sich kaum vermeiden.
Kam dann
der eingangs erwähnte Anruf aus München, wusste ich gleich Bescheid. Da
all diese Vorarbeiten erledigt waren, war es für mich kein besonderer
Aufwand, die Kollegin zu beliefern. Ich musste nur noch die Titel,
Untertitel und Klappentexte zusammenstellen, ordentlich ausdrucken, in
einen Briefumschlag stecken und an sie abschicken – dann waren die Texte
zeitig genug in München. Meine Kollegin bei Heyne nutzte sie für die
Vertreterkonferenz sowie die entsprechenden Prospekte des Verlages, und
die eigentliche Produktion konnte dann dort weiterlaufen.
Nur ... damit war das eigentliche Taschenbuch noch lange nicht fertig. Ich informierte in dieser Phase meist schon Alfred Kelsner,
den Illustrator der Titelbilder. Dieser bekam die Exposés zugeschickt
und versuchte aufgrund dieser Vorgabe, seine Impressionen zu entwickeln;
meist telefonierte er sogar ein- oder zweimal mit dem Autor, um eine
möglichst hohe Übereinstimmung zu erzielen.
Auf die Spitze wurde dieses Prinzip in einem Fall getrieben, als sich der Autor besonders engagierte: Arndt Elmer
rief tatsächlich in der Redaktion an und fragte, welche Farbe Alfred
Kelsner für das Titelbild von »Das hohle Paradies« verwendet hat. Er sei
gerade in der Endfassung für seinen Roman und wolle sich daran
orientieren. Tatsächlich konnten sich so der Autor und der Grafiker mit
der Redaktion absprechen – und wir hatten eine schöne Zusammenarbeit,
die hoffentlich auch die Leser zufrieden stellte.
Irgendwann
traf, sofern alles gut verlief, das fertige Manuskript des Autors im
Verlag ein. Dort wurde es möglichst sofort gelesen. Ich telefonierte mit
dem Autor, wir sprachen es gemeinsam durch. Üblicherweise wurde sehr
schnell ein Vertrag verschickt, damit der Autor sein Geld bekommen
konnte. Gelegentlich gab es größere Probleme; in diesen Fällen schickte
ich das Manuskript zur Überarbeitung zurück– so etwas blieb aber die
absolute Ausnahme.
In der Folge kam das Manuskript auf den großen
Stapel (die Autoren lieferten leider nicht exakt in der Reihenfolge, in
der die Romane später veröffentlicht wurden ...) und wurde bearbeitet,
wenn es laut Heyne-Terminplan fällig war. Dabei achtete ich – wie bei
den Heftromanen auch – auf stilistische und grammatikalische Sauberkeit,
ebenso war mir wichtig, dass die Handlung stimmte.
Ich fand,
dass Taschenbücher wesentlich einfacher zu bearbeiten waren als
Heftromane: Bei dieser Tätigkeit musste ich nicht in den dickleibigen
Ordnern mit den Exposés blättern oder vorherige Bände kritisch
nachlesen. War ich mit der Bearbeitung fertig, schickte ich das
Manuskript per Post an Heyne – dort waren dann die Kolleginnen in der
Herstellung dran. Sie kümmerten sich um Satz, Druck und Bindung, bis hin
zum Vertrieb des fertigen Produkts ...
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