Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Das »PERRY RHODAN-Magazin«, das ab dem Jahr 1980 regelmäßig erschien, war für mich eine unglaublich wichtige Lektüre. Kam die neue Ausgabe in den Handel, kaufte ich sie sofort, nahm sie nach Hause mit und blätterte sie andächtig durch. Eine Reihe von Schulfreunden besorgte sich das Heft ebenfalls, sogar Leute, die sonst nicht so viel mit PERRY RHODAN anfangen konnten. Die Mixtur aus Filmberichten, wissenschaftlichen Artikeln und Science Fiction entsprach dem Zeitgeist und begeisterte viele.
Ich mochte besonders die Mittelseiten. Nachdem ich das Heft durchgeblättert hatte, nahm ich mir die Mitte vor. Vorsichtig löste ich die Klammern, die das Heft zusammenhielten, und entnahm das Poster. Danach klammerte ich alles wieder ordentlich zu, damit ich das Magazins lesen und – ganz wichtig! – hinterher ordentlich archivieren konnte.
In der Mitte befand sich meist ein großes Poster, beispielsweise die riesige Darstellung eines Raumschiffes der Wynger als Risszeichnung. Die Linien, die im Romanheft sonst als Schwarzweiß erschienen, wurden dabei in Weiß auf Blau gedruckt – das ergab eine faszinierende Mischung. In meinem Zimmer unter dem Dach des Elternhauses machte ich die Poster mit Reißzwecken an den schrägen Wänden fest.
Ich war von Postern umgeben: Risszeichnungen und Bands – damit war ich zu Beginn der 80er-Jahre keine Ausnahme.
Mir war aber auch die Rückseite des Posters wichtig. Dort befand sich »sci-fi media«, eine Art Science-Fiction-Magazin im Kleinen. Dieses Blatt eröffnete mir zu Beginn der 80er-Jahre einen neuen Blick auf die SF. Wenn man es genau nahm, bestand das Magazin aus nur vier Seiten, die waren aber in einem übergroßen Format, etwa DIN A 3, und steckten trotz der großen Schrift voller Informationen.
Redaktionell zusammengestellt wurde das Ganze von Alfred Vejchar und Hermann Urbanek; die beiden Science-Fiction-Fans aus Wien waren echte Genre-Kenner und wussten über viele Dinge Bescheid, von denen ich noch nichts ahnte. Als Chefredakteur fungierte über längere Zeit hinweg Hans Gamber, der ohnehin für das PERRY RHODAN-Magazin zuständig war.
Und was fanden sich darin für Informationen! Eine neue Welt zeigte sich mir … Natürlich wurde die Szene der Science-Fiction-Fans, das sogenannte Fandom, ausführlich präsentiert, weil Urbanek und Vejchar aus dieser Szene kamen und viele ihrer Protagonisten persönlich kannten. Es ging um Fanzines und Clubs oder auch besondere Menschen.
In der Ausgabe fünf, die im Mai 1980 herauskam, wurde beispielsweise »Ing. Waldemar Kumming« präsentiert, den ich einige Jahre später selbst kennenlernen sollte. Er gab zusammen mit einigen Freunden aus der Science-Fiction-Gruppe München ein Fanzine namens »Munich Round Up« heraus, das sehr »fannisch« war. Es veröffentlichte keine ernsthaften Texte über Science Fiction, sondern satirische Kurzgeschichten, Berichte von Cons und selbstreferentielle Gags, die ich anfangs nicht verstand.
In der von mir gelesenen Ausgabe erfuhr ich von seiner Arbeit an der Phonotek. Davon hörte ich zum ersten Mal. Kumming saß bei den großen Cons im Saal, führte ein Tonbandgerät mit sich und schnitt Vorträge und Diskussionen mit. Dabei entstand seit den fünfziger Jahren ein umfangreiches Archiv von Tonbändern. (Es wurde mittlerweile digitalisiert und steht beim Science-Fiction-Club Deutschland e.V. zur Verfügung.)
Nicht nur die Fans waren wichtig: Neue Science-Fiction-Romane wurden vorgestellt, es gab Informationen aus den USA und Neuigkeiten zu Comics. Eine neue Welt schien sich vor mir auszubreiten. PERRY RHODAN blieb dabei eine Randerscheinung; die Serie fristete in »sci-fi media« ein Schattendasein.
Immerhin tauchte bei den Rezensionen immer mal wieder ein PERRY RHODN-Taschenbuch auf – aber die jeweils aktuellen Taschenbücher sah ich mir ohnehin bei Erscheinen im Bahnhof an, um mir dann zu überlegen, welches davon ich mir leisten konnte und unbedingt kaufen musste. Schrieb einer der Serienautoren einen Band für die TERRA-Taschenbücher oder wurde in dieser Reihe ein alter Roman eines PERRY RHODAN-Autoren nachgedruckt, wurde das häufig vermerkt.
Das Wesentliche aber: Durch »sci-fi media« erfuhr ich früh von Autoren wie Stephen R. Donaldson und seinem Fantasy-Zyklus um Thomas Covenant; mir wurden Schriftsteller wie Robert A. Heinlein oder Isaac Asimov nähergebracht, ich erfuhr einiges über aktuelle Trends in der Science Fiction. Sogar die phantastische Kunst wurde ausführlich gewürdigt; damit konnte ich allerdings nicht so viel anfangen.
Zu Beginn des Jahres 1980, als ich mich über die phantastische Literatur jenseits von PERRY RHODAN zu informieren begann, waren manche Fanzines für mich wichtig, vor allem aber auch diese redaktionelle Beilage. »sci-fi media« war zu seiner Zeit und für meine Entwicklung ein relevantes Blatt!
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