Im
Sommer 1994 verging praktisch keine Woche, in der ich nicht mit Peter
Terrid telefonierte. Mal musste ich mit dem Kollegen aus Köln sprechen,
weil er mit einem Abgabetermin im Verzug war, dann wiederum ging es um
den Besuch bei einem Con oder um eine neue Idee, die er unbedingt mit
mir besprechen wollte.
Er las wissenschaftliche Fachzeitschriften und populärwissenschaftliche Bücher, was immer wieder in Anrufen gipfelte, die mit »Ich hab da was gelesen« begannen. Zu den Ideen, die er unbedingt in die Serie einbringen wollte, zählten ein neuer Titel für Perry Rhodan und seine Gefährten, oder neue kosmologische Themen.
Bei einem Anruf ging es allerdings um eine spezielle Figur. »Erinnerst du dich an Lhoreda?«, fing er an.
Ich wusste, wen er meinte. Die Kriminalistin Lhoreda Machecoul hatte der Autor bereits in dem Roman »Traumschiff der Sterne« auftauchen lassen. Der Weltraum-Krimi hatte mir gut gefallen und war auch in Fan-Zeitschriften positiv besprochen worden.
»Was willst du mit ihr machen?«, fragte ich. »Die sitzt doch auf der EMPRESS OF THE OUTER SPACE fest.«
Genau das sei sein Ziel gewesen, von Anfang an. Peter Terrid erinnerte mich an unser erstes Gespräch über das »Traumschiff«, das ich leider zum Teil bereits vergessen hatte. Er hatte damals laut darüber nachgedacht, eine Fortsetzung zu schreiben. »Ich hab mir schon etwas dabei gedacht, als ich das Schiff Ende 1199 NGZ hab starten lassen«, fügte er nicht ohne Stolz hinzu.
Klar, er spielte auf die sogenannte Hyperraum-Parese an. In der PERRY RHODAN-Serie erfasst sie zu Beginn des Jahres 1200 NGZ die Welten des Solsystems und weitere Sonnensysteme. Weil in den Toten Zonen, die durch die Parese entstehen, die fünfdimensionalen Energien nicht mehr genutzt werden können, kommt es zu katastrophalen Ereignissen. Raumschiffe stranden im Hyperraum, die Energieversorgung der Planeten bricht zusammen.
Wir sprachen über die weiteren Möglichkeiten, und ich bat ihn, das ganze in »einen Zweiseiter« zu packen, in ein kurzes Exposé. Das benötigte ich für die weitere Planung: Immerhin musste ich die Titel mit unserem Chefredakteur Dr. Florian F. Marzin besprechen und sie dann – ein wenig aufbereitet – an die Kolleginen bei Heyne weiterleiten, wo der Roman erscheinen sollte.
Wenige Tage später lag ein Exposé im Verlag. »Dieser Roman wird zwar die gleiche Personage benutzen und den gleichen Schauplatz«, verwies Terrid auf »Traumschiff der Sterne«, machte mir aber gleich klar: Es handle sich nicht um eine Fortsetzung, sondern konzentriere sich »auf eine völlig neue und unabhängige Handlung«.
Der Autor wollte seine Handlung damit beginnen lassen, dass »einige Tage nach dem Ende der Hyperraum-Parese« ein schwacher Notruf aufgefangen wird. Diesem folgen die Terraner, und sie finden das Raumschiff: Die EMPRESS OF THE OUTER SPACE, schlicht EOS abgekürzt, ist nur wenige Lichtjahre von der Erde entfernt und treibt havariert im Leerraum zwischen den Sternen. »Als die Retter an Bord gehen, finden sie noch einundsiebzig Überlebende von Besatzung und Passagieren, mehr nicht« – so wollte der Autor in die Handlung einsteigen.
Terrid wollte eine Rahmengeschichte schreiben, in welche er die eigentliche Handlung einbetten wollte. Der Schluss sollte auf Terra spielen: »Am Ende jedenfalls wird das untersuchende Gericht seine Entscheidung zu treffen haben, und es wird die Geschichte der EOS in den Archiven verschwinden lassen, weil sie denen, die davon lesen, schlaflose Nächte bereiten könnte.«
Mir gefiel die Idee mit der Rahmengeschichte nicht so gut. Das war zwar originell, brauchte aber zu viel Platz – der wiederum fehlte dann, wenn der Autor an die wirkliche Story des Romans gehen sollte. Wichtig seien doch die Ereignisse an Bord der EOS, nicht irgendwelche Gerichte oder Ermittler, die sich danach auf der Erde darum kümmern, argumentierte ich.
In seinem Konzept nahm der »wahre Kern« des Romans gerade mal eine halbe Seite ein. Der Autor stellte dar, wie die EOS im Normalfall stranden sollte, ohne jegliche Hyperenergie und ohne jegliche Hoffnung auf Rettung. Die Situation stellte er sich apokalyptisch vor: »Zwar ist man umgeben von allem nur denkbaren Luxus, aber dieser Luxus steht nur zur Verfügung, wenn es auch Energie gibt.« Für Terrid, der politisch und gesellschaftlich sehr interessiert war, sollte diese Parallele zu einer möglichen Zukunft für die Erde mit Absicht gesetzt werden.
In seinem Exposé skizziert er den »verzweifelten und mörderischen Kampf ums Überleben«, und er versprach: »Dabei wird das Geschehen an Bord durchaus Horror-Qualitäten bekommen, und die sollen auch geschildert werden.« Der Serienmörder Daryl Parthenay – ein Mutant mit unheimlichen Fähigkeiten – könnte »unter Umständen« in diesem Geschehen sogar »eine besonders wichtige Rolle spielen«.
Soweit das Exposé und unsere ersten Gespräche. Ich fand die Idee gut, warnte vor allem vor zu viel Brutalität und akzeptierte alles. Auf dem Exposé-Ausdruck notierte ich mit Bleistift »noch mal anrufen – Handlung umstrukturieren«; gleichzeitig aber plante ich den Roman bereits als Band 391 der PERRY RHODAN-Planetenromane ein.
Nachdem ich akzeptiert hatte, ging alles seinen gewohnten Gang. Der Autor legte das Exposé erst einmal zur Seite und kümmerte sich um die laufenden Heftromane. Als der Termin näherrückte, musste er sich beeilen und änderte beim Schreiben die geplante Struktur weiter ab. Mit dem Ergebnis war ich dennoch zufrieden ...
Der Roman kam im Oktober 1995 in den Handel, mit einem dämonisch wirkenden Titelbild von Alfred Kelsner und unter dem geplanten Titel »Im Nichts gestrandet«. Dass 1967 ein PERRY RHODAN-Heftroman von Clark Darlton unter genau diesem Titel erschienen war, wussten weder der Autor noch ich als Redakteur – auf die Idee, das vorher zu recherchieren, kamen wir nicht.
Das Taschenbuch mit der Nummer 391 war ein typischer Terrid-Roman: sehr unterhaltsam, spannend geschrieben, mit ungewöhnlichen Charakteren und schnellen Handlungswechseln ... Ich mochte ihn sehr.
Er las wissenschaftliche Fachzeitschriften und populärwissenschaftliche Bücher, was immer wieder in Anrufen gipfelte, die mit »Ich hab da was gelesen« begannen. Zu den Ideen, die er unbedingt in die Serie einbringen wollte, zählten ein neuer Titel für Perry Rhodan und seine Gefährten, oder neue kosmologische Themen.
Bei einem Anruf ging es allerdings um eine spezielle Figur. »Erinnerst du dich an Lhoreda?«, fing er an.
Ich wusste, wen er meinte. Die Kriminalistin Lhoreda Machecoul hatte der Autor bereits in dem Roman »Traumschiff der Sterne« auftauchen lassen. Der Weltraum-Krimi hatte mir gut gefallen und war auch in Fan-Zeitschriften positiv besprochen worden.
»Was willst du mit ihr machen?«, fragte ich. »Die sitzt doch auf der EMPRESS OF THE OUTER SPACE fest.«
Genau das sei sein Ziel gewesen, von Anfang an. Peter Terrid erinnerte mich an unser erstes Gespräch über das »Traumschiff«, das ich leider zum Teil bereits vergessen hatte. Er hatte damals laut darüber nachgedacht, eine Fortsetzung zu schreiben. »Ich hab mir schon etwas dabei gedacht, als ich das Schiff Ende 1199 NGZ hab starten lassen«, fügte er nicht ohne Stolz hinzu.
Klar, er spielte auf die sogenannte Hyperraum-Parese an. In der PERRY RHODAN-Serie erfasst sie zu Beginn des Jahres 1200 NGZ die Welten des Solsystems und weitere Sonnensysteme. Weil in den Toten Zonen, die durch die Parese entstehen, die fünfdimensionalen Energien nicht mehr genutzt werden können, kommt es zu katastrophalen Ereignissen. Raumschiffe stranden im Hyperraum, die Energieversorgung der Planeten bricht zusammen.
Wir sprachen über die weiteren Möglichkeiten, und ich bat ihn, das ganze in »einen Zweiseiter« zu packen, in ein kurzes Exposé. Das benötigte ich für die weitere Planung: Immerhin musste ich die Titel mit unserem Chefredakteur Dr. Florian F. Marzin besprechen und sie dann – ein wenig aufbereitet – an die Kolleginen bei Heyne weiterleiten, wo der Roman erscheinen sollte.
Wenige Tage später lag ein Exposé im Verlag. »Dieser Roman wird zwar die gleiche Personage benutzen und den gleichen Schauplatz«, verwies Terrid auf »Traumschiff der Sterne«, machte mir aber gleich klar: Es handle sich nicht um eine Fortsetzung, sondern konzentriere sich »auf eine völlig neue und unabhängige Handlung«.
Der Autor wollte seine Handlung damit beginnen lassen, dass »einige Tage nach dem Ende der Hyperraum-Parese« ein schwacher Notruf aufgefangen wird. Diesem folgen die Terraner, und sie finden das Raumschiff: Die EMPRESS OF THE OUTER SPACE, schlicht EOS abgekürzt, ist nur wenige Lichtjahre von der Erde entfernt und treibt havariert im Leerraum zwischen den Sternen. »Als die Retter an Bord gehen, finden sie noch einundsiebzig Überlebende von Besatzung und Passagieren, mehr nicht« – so wollte der Autor in die Handlung einsteigen.
Terrid wollte eine Rahmengeschichte schreiben, in welche er die eigentliche Handlung einbetten wollte. Der Schluss sollte auf Terra spielen: »Am Ende jedenfalls wird das untersuchende Gericht seine Entscheidung zu treffen haben, und es wird die Geschichte der EOS in den Archiven verschwinden lassen, weil sie denen, die davon lesen, schlaflose Nächte bereiten könnte.«
Mir gefiel die Idee mit der Rahmengeschichte nicht so gut. Das war zwar originell, brauchte aber zu viel Platz – der wiederum fehlte dann, wenn der Autor an die wirkliche Story des Romans gehen sollte. Wichtig seien doch die Ereignisse an Bord der EOS, nicht irgendwelche Gerichte oder Ermittler, die sich danach auf der Erde darum kümmern, argumentierte ich.
In seinem Konzept nahm der »wahre Kern« des Romans gerade mal eine halbe Seite ein. Der Autor stellte dar, wie die EOS im Normalfall stranden sollte, ohne jegliche Hyperenergie und ohne jegliche Hoffnung auf Rettung. Die Situation stellte er sich apokalyptisch vor: »Zwar ist man umgeben von allem nur denkbaren Luxus, aber dieser Luxus steht nur zur Verfügung, wenn es auch Energie gibt.« Für Terrid, der politisch und gesellschaftlich sehr interessiert war, sollte diese Parallele zu einer möglichen Zukunft für die Erde mit Absicht gesetzt werden.
In seinem Exposé skizziert er den »verzweifelten und mörderischen Kampf ums Überleben«, und er versprach: »Dabei wird das Geschehen an Bord durchaus Horror-Qualitäten bekommen, und die sollen auch geschildert werden.« Der Serienmörder Daryl Parthenay – ein Mutant mit unheimlichen Fähigkeiten – könnte »unter Umständen« in diesem Geschehen sogar »eine besonders wichtige Rolle spielen«.
Soweit das Exposé und unsere ersten Gespräche. Ich fand die Idee gut, warnte vor allem vor zu viel Brutalität und akzeptierte alles. Auf dem Exposé-Ausdruck notierte ich mit Bleistift »noch mal anrufen – Handlung umstrukturieren«; gleichzeitig aber plante ich den Roman bereits als Band 391 der PERRY RHODAN-Planetenromane ein.
Nachdem ich akzeptiert hatte, ging alles seinen gewohnten Gang. Der Autor legte das Exposé erst einmal zur Seite und kümmerte sich um die laufenden Heftromane. Als der Termin näherrückte, musste er sich beeilen und änderte beim Schreiben die geplante Struktur weiter ab. Mit dem Ergebnis war ich dennoch zufrieden ...
Der Roman kam im Oktober 1995 in den Handel, mit einem dämonisch wirkenden Titelbild von Alfred Kelsner und unter dem geplanten Titel »Im Nichts gestrandet«. Dass 1967 ein PERRY RHODAN-Heftroman von Clark Darlton unter genau diesem Titel erschienen war, wussten weder der Autor noch ich als Redakteur – auf die Idee, das vorher zu recherchieren, kamen wir nicht.
Das Taschenbuch mit der Nummer 391 war ein typischer Terrid-Roman: sehr unterhaltsam, spannend geschrieben, mit ungewöhnlichen Charakteren und schnellen Handlungswechseln ... Ich mochte ihn sehr.
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