Ein Logbuch der Redaktion
Als wir im Jahr 2011 die erste Ausgabe von PERRY RHODAN NEO
veröffentlichten, mangelte es nicht an kritischen Stimmen: Nimmt der
Zeitschriftenhandel ein »Taschenheft« – so nennt man ein solches Produkt
tatsächlich, obwohl da nichts geheftet wird – auf, das nicht in die
gängigen Raster passt?
PERRY RHODAN NEO kommt schließlich in
einem Format daher, das normalerweise für jene Art von »Frauenromanen«
gedacht ist, die in erster Linie vom Cora-Verlag veröffentlicht werden.
Science Fiction in diesem Format galt bisher als unverkäuflich; die
Kollegen von Bastei-Lübbe hatten es vor vielen Jahren mit den
»Ufo-Akten« versucht. »Das kann nicht klappen«, sagten uns alle, die
glaubten, sich im Zeitschriftenhandel auszukennen.
In der Tat
haben wir es nicht einfach mit den Romanen: Die Händler wissen oft
nicht, wohin sie die einzelnen Bände zu legen haben, und lassen sie
deshalb häufig gleich im Lager, packen sie nicht ins Regal. Legt der
Händler die NEO-Romane zu den anderen Taschenheften, werden sie zwischen
»Julia« oder »Baccara« kaum gefunden. Packt er oder sie die NEO-Romane
zu den Heftromanen, sind sie zu klein oder fallen durch den Drehständer.
Am
besten wäre, man würde sie zu den Science-Fiction-Taschenbüchern
stellen – aber die sind im Zeitschriftenhandel eher selten. Keine
einfache Mission ...
Diese Gedanken und Überlegungen bestimmen
die Arbeit an PERRY RHODAN NEO von Anfang an. Nicht einmal die größten
Optimisten konnten sich deshalb vorstellen, dass die Serie einmal bis
Band 100 kommen würde. Frank Borsch
steuerte allein die Exposéarbeit, diskutierte viele Exposés mit den
Autorinnen und Autoren durch; er arbeitete auch intensiv an den Romanen
mit. Im Jahr 2015 entschloss er sich, mit Band 100 sein Amt als
Exposéautor abzugeben.
Mit Band 101 begannen wir unsere »zweite
Epoche«: Rüdiger Schäfer und Michael H. Buchholz übernahmen die
Exposéarbeit für PERRY RHODAN NEO. Die Handlungsführung wurde geändert,
einige der offenen Fragen aus der »Borsch-Ära« beantwortet, neue
Handlungsfäden aufgebaut. Die Serie bewegte sich durch die einzelnen
Staffeln langsam und stetig auf den Band 150 zu – dass wir diesen
erreichen würden, hatten wir anfangs auch kaum geglaubt.
Seien
wir ehrlich: Die Situation im Handel hat sich seitdem nicht gebessert,
eher verschlechtert. Es wird immer schwieriger, PERRY RHODAN NEO gut zu
platzieren. Und weil es keine Bücher sind, kann man die gedruckten
Exemplare auch kaum über Vertriebskanäle wie Amazon beziehen. Wir sind
darauf angewiesen, im Zeitschriftenhandel zu verkaufen, Abonnements
anzubieten oder eben – und das wird immer wichtiger! – die digitale
Schiene auszubauen. Die E-Books sichern letztlich die gedruckte Ausgabe
ab.
In vielen Gesprächen mit den Exposéautoren brachte ich solche
Themen zur Sprache. Die beiden Autoren wurden von mir über solche
Probleme auf dem Laufenden gehalten – wichtiger war aber immer, dass sie
eine Geschichte entwickelten, die in Staffeln und Einzelbänden zu
erzählen war. Das gelang ihnen von Staffel zu Staffel besser.
Dann kam der verhängnisvolle Tag im März. Wir alle wussten, dass Michael H. Buchholz
schwer krank war; wir kannten seine Situation, und ich bewunderte ihn
für seinen Lebensmut und seinen tapferen Kampf gegen die Krankheit. Am
Ende verlor er – Michael starb mit 59 Jahren. Am Tag seines Todes hatten
wir die Druckfreigabe für seinen letzten Roman erledigt und den Band in
die eigentliche Produktion geschoben.
»Verkünder des Paradieses« wurde zu seinem letzten Roman für PERRY RHODAN NEO.
Michael trug zum anstehenden Handlungsbogen ab Band 150 viele grundlegende Ideen bei. Er wollte zusammen mit Rüdiger Schäfer
den Jubiläumsband 150 schreiben; in seinem Kopf wimmelte es von
Vorschlägen und Konzepten für die neuen Staffeln. Leider wird er die
Veröffentlichung dieser Ideen nicht erleben. Wir sind deswegen immer
noch sehr traurig.
So schlimm es klingen mag: Wir müssen
weitermachen, PERRY RHODAN ist ein Generationenprojekt, das seit 1961
erscheint, und bei PERRY RHODAN NEO gelten ähnliche Regeln. Also
überlegten sich Rüdiger Schäfer und ich, wie es weitergehen sollte. Der
Autor, der »nur nebenbei« schreibt und einen »richtigen Hauptberuf« hat,
kann die Exposéarbeit nicht allein stemmen – das ist aus zeitlichen
Gründen nicht zu schaffen.
Ich sprach mit Rainer Schorm.
Der Autor aus Freiburg hat sich in den vergangenen Jahren zu einer
wahren Stütze für PERRY RHODAN NEO entwickelt. Ich kenne ihn seit den
80er-Jahren, er lieferte damals auch Beiträge für mein Fanzine. Ich
weiß, dass Rainer sehr kooperativ und zuverlässig ist; er hat einen
analytischen Blick auf die Serien, und er beteiligte sich schon immer
engagiert mit Ideen, Vorschlägen und Konzepten.
Rainer Schorm wird nun der neue Exposéautor an der Seite von Rüdiger Schäfer.
Bereits im März 2017 kam es zu einem ersten Treffen der beiden Autoren
in Leverkusen; gemeinsam arbeiten sie schon an der Handlungsstaffel ab
Band 151. Erste Überlegungen zu den kommenden Inhalten werden wir bei
Gelegenheit bekannt geben.
Damit kann die »dritte Epoche« von
PERRY RHODAN NEO beginnen. In einem enger und kritischer werdenden
Markt, in dem eine kleine Science-Fiction-Serie im Taschenheft-Format
große Probleme hat, steuern die beiden Autoren nun gemeinsam mit ihren
Exposés weiter voran – über Grenzen hinweg, die wir uns 2011 nicht
einmal vorstellen wollten.
Bei aller Trauer über den Verlust von Michael H. Buchholz: Ich wünsche den beiden Exposéautoren bei den weiteren Abenteuern ein glückliches Händchen und viel Erfolg!
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