Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
»Wenn Sie Ideen haben, Herr Frick – dann immer nur her damit!« Diese
Aussage der Verlagsleitung nahm ich in den 90er-Jahren ernst. Eine der
vielen Ideen, die ich in dieser Zeit intern vorbrachte, hatte einen
traurigen Anfang: Im Dezember 1998 war Peter Terrid ganz überraschend gestorben.
Nicht
nur ich war sehr betroffen von dem Tod des Kollegen, auch die
Bestürzung in der Fan-Szene war groß. Peter war nicht nur ein sehr guter
Autor gewesen, er hatte sich vor allem in den zwei Jahren vor seinem
Tod stark mit der Fan-Szene auseinandergesetzt.
Nachdem er
jahrelang allen Cons ferngeblieben war, hatte er seine Freude an
Fan-Veranstaltungen entdeckt: Er diskutierte engagiert und pointiert mit
den Lesern unserer Serie. Was also lag näher, so dachte ich, dem Autor
mit einem Sonderband nachträglich ein Denkmal zu setzen?
Ich
erzählte von meiner Idee sowohl der Verlagsleitung als auch den Kollegen
im Buchvertrieb davon. Dabei blieb ich sehr vorsichtig; der Vertrieb
war vor allem auf die Silberbände spezialisiert und zeigte sich
gegenüber neuen Ideen eher unwillig. »Wir können PERRY RHODAN nur
verkaufen, wenn es aussieht wie ein Silberband«, war die offizielle
Aussage. Nach dem eher kläglichen Scheitern der »Space Thriller« konnte
ich dieser Argumentation wenig entgegen setzen.
Entsprechend
verhielt ich mich. »Ein solcher Band könnte in vergleichsweise kleiner
Auflage (5000 Exemplare) und mit Silbergestaltung bei VPM erscheinen«,
formulierte ich in einem Arbeitspapier. Ich bot allerdings gleich die
andere Möglichkeit an, einen solchen Titel zu lizenzieren: »In einer
anderen Gestaltung könnte er jedoch ebenso bei Weltbild, BUZ oder einem
anderen Vermarkter produziert werden.«
Beim Inhalt wollte ich auf
»Nummer sicher« gehen. Ich schlug einen Hardcover-Band vor, der rund
400 Seiten stark sein sollte – wie ein Silberband eben. Er sollte »drei
Taschenbücher enthalten, die zu den beliebtesten des verstorbenen Autors
gehören«. Angedacht waren »Aufstand der Posbis«, den ich als Jungleser
schon geliebt hatte, und »Das Ende der Duplos« sowie der sehr
kontroverse Band »Schmied der Unsterblichkeit«.
Dazu sollte ein
ausführliches Porträt des Autors kommen, nebst einer Auflistung aller
von ihm geschriebenen PERRY RHODAN- und ATLAN-Titel. Als Autor dieses
Artikels dachte ich an Heiko Langhans, von dem ich wusste, wie gut er
sich bei PERRY RHODAN und seinem Umfeld auskannte.
Bei der
Gestaltung wollte ich sehr konservativ sein. Ich kannte mittlerweile die
Vertriebskollegen gut genug: Wenn die Kollegen einen PERRY RHODAN-Titel
nur als Silberband in den Buchhandel bringen konnten, musste ich eben
auf Silber setzen. Allerdings ohne 3-D-Bild ... »Das gezeichnete
Titelbild sollte einen idealisierten Terrid-Kopf im Raumfahrerhelm
zeigen«, schlug ich vor. Zeichner sollte Swen Papenbrock sein.
Ich
dachte bereits darüber nach, wie ein solches Buch redaktionell geplant
und verwirklicht werden könnte. Für mich war klar, dass man nicht
einfach die Original-Taschenbücher »eins zu eins« übernehmen konnte.
»Die Taschenbücher sind ein wenig veraltet, wir müssen die noch einmal
neu lektorieren lassen«, machte ich im Einzelgespräch klar. Als Lektor
schlug ich Dr. Hartmut Kasper vor – unter seinem Pseudonym Wim Vandemaan wurde er später PERRY RHODAN-Autor.
Der
Überlegung, man könnte »doch ganz einfach« die Satzvorlagen früherer
Jahre übernehmen, erteilte ich eine klare Absage. »Das muss ein neues
Buch werden«, betonte ich in jedem Gespräch. »Wenn wir so ein Buch als
Gedenkband machen, muss er würdig aussehen.« Und dazu zählte für mich
auch, dass man ein frisches Schriftbild nahm und nicht die uralten
Satzfahnen verwendete.
Wie es sich für ein Konzept gehörte,
machte ich mir ausführliche Gedanken über Garantiehonorare,
Lektoratskosten, Titelbildpreise und weitere Details. Überall versuchte
ich, so sparsam wie möglich zu sein. Ebenso schlug ich in meinem
Arbeitspapier sowie in persönlichen Gesprächen einen Zeitplan vor.
Dieser sah unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit Versendern wie
Transgalaxis oder der Romantruhe vor.
Mit der Buchproduktion
wollte ich bereits im Januar 1999 beginnen – dann hätte das Buch recht
schnell erscheinen können. Aber leider geschah erst einmal gar nichts.
Ich diskutierte das Thema mehrfach mit dem Vertrieb und der
Verlagsleitung, doch es wurde keine Entscheidung getroffen.
Aber
so richtig abgelehnt wurde mein Konzept ebensowenig. Es versickerte
einfach auf den Treppenstufen und Fluren des Verlages. Und weil wir
genügend zu tun hatten, rutschte das Projekt auch bei uns in den
Gedanken »nach hinten«.
Am 29. Juni 1999 kramte ich es noch
einmal hervor. Für die Vertriebskollegen, so dachte ich, könnte es
interessant sein, das Thema beispielsweise bei Partnern wie Weltbild
anzubringen. Immerhin hatte Peter Terrid sowohl beim »Traversan«- als
auch beim »Thoregon«-Zyklus mitgeschrieben, die zu der Zeit von Weltbild
veröffentlicht und vertrieben worden waren. Als Zielgruppe definierte
ich: »Alle PERRY RHODAN-Fans. Eventuell auch Freunde allgemeiner
SF-Literatur, die den Autor für seine Werke geschätzt haben.«
Ich
nannte einige Verkaufsargumente: »abgeschlossene, spannende Romane /
vergriffene Geschichten neu aufgelegt / beliebtester PERRY RHODAN-Autor /
attraktiver Preis, klare Gestaltung« ... Aber es nutzte nichts. Das
Projekt starb erneut. Mir wurde klar, dass ich mich auf die Fans
verlassen musste, wenn ich einen Gedächtnisband für Peter Terrid wollte.
Sabine Kropp
machte mir in einem Vier-Augen-Gespräch klar: »Ich glaube, wenn wir bei
Weltbild ein Buch lizenzieren wollen, geht das nur, wenn du das den
Leuten direkt verkaufst.« Ihre Argumentation: Wenn ich dem Vertrieb
erklären musste, was er dann den Partnern in anderen Verlagen erklären
sollte, war das einfach zu viel an »stiller Post«.
Das war
unsere Lehre aus dem Scheitern des geplanten Terrid-Bandes: Wir würden
künftig als Redaktion direkt mit anderen Verlagen verhandeln – und uns
nicht mehr auf die bisherigen Abläufe verlassen ...
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