Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
In den 90er-Jahren gehörte es zu meiner täglichen Arbeit, mit den PERRY
RHODAN-Autoren regelmäßig zu telefonieren. Es gab keine E-Mails, also
war das Telefon die schnellste Möglichkeit, Dinge abzusprechen. Viele
Ideen entstanden auf diese Weise.
Im Frühjahr 1994 telefonierte ich mit Peter Terrid,
und wir sprachen über aktuelle Projekte. Der PERRY RHODAN-Autor wollte
wieder einmal ein PERRY RHODAN-Taschenbuch schreiben. Das Ziel war »eine
Geschichte, die nur lose mit der Serie verbunden ist«, wie er
argumentierte. Damit entsprach er der Linie, die der damalige
Chefredakteur vorgegeben hatte.
Florian
F. Marzin hatte angeordnet, dass die PERRY RHODAN-Taschenbücher nur
»locker in die Serie eingebunden« sein sollten. Damit sollten auch Leser
angesprochen werden, die den Serienkosmos nicht so gut kannten. »Im
Prinzip genügt es, wenn am Ende Perry Rhodan auftaucht, sich den Bericht
über die Ereignisse anhört und dann beifällig nickt«, argumentierte er.
»Ich möchte einen Roman schreiben, der die Sonnenenergie
thematisiert«, erläuterte Peter Terrid. »Die Handlung soll auf einem
Planeten spielen, den sonst niemand kennt, der irgendwo in der Galaxis
liegt.« Er erzählte ein wenig von seiner Idee, und das klang alles sehr
vernünftig.
»Einverstanden«, sagte ich. Er solle mir – wie üblich – das Ganze in einem Exposé charakterisieren und mir dieses schicken.
Das
Exposé traf im April 1994 ein. »Arbeitstitel: Welt über den Wolken« war
es überschrieben. Und mit »Handlungsort ist der Planet Sycoon, irgendwo
in der Galaxis« begann es. Terrid stellte seine Welt vor, in der die
Sycorer in »riesigen fliegenden Städten« lebten, »die nach dem Prinzip
des Heißluftballons arbeiten«. Mithilfe von Sonnenenergie treiben diese
Städte über der Oberfläche der Welt, so das Konzept. Der Boden des
Planeten gilt als unheimliche Tabuzone.
In seinem Exposé hielt
sich Peter Terrid nicht zu lang mit der Ökologie auf; recht schnell
wurde klar, welchen Konflikt er beschreiben wollte. »Auf dem Boden leben
Millionen anderer Sycorer, aber unter wesentlich schlechteren
Bedingungen, und sie werden von den Städten in der Luft gnadenlos
ausgebeutet.« Das war nicht gerade eine neue Idee, aber die Geschichte,
die der Autor in seinem Exposé skizzierte, klang spannend.
Seine
Hauptfigur wird auf den Boden des Planeten verbannt. Dort sammelt der
junge Sycorer Truppen um sich, und mit diesen beginnt er den Angriff auf
seine alte Heimat. Allerdings soll er dabei dann eine »weitere
erschütternde Entdeckung« machen – die Menschen von Sycoon erkennen,
dass es in der Milchstraße von bewohnten Welten nur so wimmelt.
»...
womit der Roman zum Schluss dann noch seine Einbettung in den
Rhodan-Kosmos erfährt«, schloss Terrids Exposé. Ich fand das Exposé gut,
und ich telefonierte noch einmal mit dem Autor. Dabei nahm er sich vor,
die Geschichte enger mit dem Serienkosmos zu verknüpfen.
»Wir
müssen ja keine Jahreszahl nennen«, schlug ich vor, »aber wenn wir die
eine oder andere konkrete Angabe machen, weiß der Leser, wann der Roman
in etwa spielt.« Peter Terrid fand – wie ich auch – die Zeit zwischen
den Romanen 399 und 400 sehr spannend: gut tausend Jahre
Menschheitsgeschichte, über die nur einige Eckpunkte bekannt sind.
Fasziniert war er vor allem von der Figur des Imperators Dabrifa.
»Wir
lassen die Geschichte offen enden« – darauf beharrte er. Aber er sorgte
dafür, dass es einen Bezug zur genannten Zeit gab. Dabrifa sollte
erwähnt werden, ebenso wollte Terrid mit einigen anderen Begriffen wie
»Arkon« dafür sorgen, dass der Roman eindeutig einzuordnen war. Damit
sollte das Taschenbuch auch wirklich »ein hundertprozentiger Rhodan
werden«.
Ich vereinbarte einen Abgabetermin für das Manuskript,
den ich ein wenig großzügig wählte – weil ich Peters dauernde
Terminprobleme kannte – und auf den Ausdruck des Exposés kritzelte. »T:
15. September '94«, schrieb ich, ebenso schrieb ich »für Mai '95 / PR-TB
386« drauf und hoffte, dass mich der Autor nicht sitzen lassen würde.
Wir
hielten die Termine tatsächlich ein ... Der Roman erschien im Mai 1995
im Rahmen der PERRY RHODAN-Taschenbücher, die zu jener Zeit bei Heyne
veröffentlicht wurden. Ich spendierte ihm noch eine Unterzeile, die ich
für informativ und werbend hielt: »Sie leben in fliegenden Städten – ihr
Planet gilt als unbewohnbar.« Das schöne Titelbild stammte von Alfred Kelsner, der zu jener Zeit alle Titelbilder der Taschenbücher gestaltete.
Im Nachhinein finde ich: Es war ein typischer Roman für diese Zeit.
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