Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Nachdem Ernst Vlcek meine Wohnung gründlich mit Zigarettenrauch angefüllt hatte, gingen er, Robert Feldhoff
und ich noch einmal spazieren. Es war Montag, der 8. Februar 1999, und
wir wollten mit unserer Exposé-Konferenz weitermachen. Gemeinsam
bummelten wir von meiner Wohnung aus in die Innenstadt von Karlsruhe.
Während
wir durch die kalte Fußgängerzone spazierten, sprachen wir über Comics
und Musik, Science Fiction im Allgemeinen und PERRY RHODAN im
Besonderen. Wie immer in solchen Fällen wechselten wir die Themen in
raschem Tempo und kamen vom Hundertsten ins Tausendste. Immer wieder
musste ich anhalten und einige Notizen zur Romanhandlung auf meinen
Block schreiben, den ich sicherheitshalber mitgenommen hatte.
In
einem Café legten wir erneut eine Gesprächspause ein. Ernst rauchte,
Robert und ich tranken Kaffee, wir unterhielten uns weiter. »Wir
brauchen noch einen Namen für die Galaxis, in die wir unsere Helden nach
Band 2000 schicken«, sinnierte Ernst. »Der Name soll leicht
verständlich und trotzdem originell sein.«
Roberts Blick fiel auf die Marke des Kaffees vor uns. »Wir nehmen das hier«, schlug er vor. »Segefredo klingt super.«
»Das ist der Name einer Marke«, protestierte ich, »das geht nicht.«
Robert
grinste und meinte, dann müssten wir den Namen eben leicht abändern.
Ins Protokoll nahmen wir als Begriff für die Galaxis einmal »Szegafredo«
und einmal »Szega Fredo« auf. Wir legten darüber hinaus fest, dass sie
groß sein sollte und sich »unterhalb« der Milchstraße befinden sollte,
in einer Richtung also, die von heutigen Teleskopen nicht eingesehen
werden kann. Damit wollten wir sichergehen, dass wir nicht die
Vergangenheit einer Sterneninsel beschrieben, die man in der »heutigen
Zeit« kannte.
»Wir schicken die SOL in die Vergangenheit«, das
war unsere klare Absicht. Ich notierte im Protokoll: »Dabei werden die
Geheimnisse des letzten Thoregon-Experiments geschildert; das alles, was
im Prinzip bei der ES-Geschichte vorkommt.«
Die Besatzung der
SOL solle einen Versuch beobachten, ein Thoregon zu schaffen. Nie hätten
diese Versuche geklappt. In Szegafrendo allerdings sei man richtig
weit: In dieser Galaxis sei »das klassische Thoregon-Prinzip (ein Gebiet
des Universums ohne Kosmokraten und Chaotarchen) auch umgesetzt«. Vor
allem Robert wollte auf den Ausgangspunkt des Thoregon-Komplexes
zurückgreifen: Wie kann man in einem Universum voller fremdartiger
Völker denn eigentlich Frieden schaffen?
Ernst und Robert
schaukelten sich mit ihren Ideen geradezu auf: So sollte es unter
anderem eine »Zivilisation geben, in der Frieden und Ausgleich dadurch
geschaffen werden, dass man Geiseln austauscht.« Dies sei Ergebnis eines
uralten Krieges, und als Folge dieser Ereignisse gebe es jetzt »auf
jedem Planeten Angehörige anderer Völker«.
Zitat aus unserem
Protokoll: »Eine andere dieser Zivilisationen ist auf völligem High-Tech
angesiedelt; eine Art technische Utopie. Es gibt totale
Datenvernetzung, es gibt unheimlich viele Transmitter, es gibt eine
totale Informationsfreiheit.« Die Superintelligenz dieser Wesen solle
eine Gemeinschaft aller Syntroniken sein, und dies wiederum sei ein
Bewusstseinsspeicher für tote Lebewesen – daraus entstehe »die
ES-Wurzel«.
Die SOL solle in der Galaxis Szegafredo aus einem
sogenannten Megadom herauskommen, »der sich ebenfalls in einer Zone ohne
virtuelle Teilchen befindet«. Dort sollte die Besatzung auf ein
Wächtervolk treffen, auf die sogenannten Cranesen ...
Danach aber
kümmerten wir uns vorrangig um den weiteren Verlauf der Handlung in der
Milchstraße. Wir legten fest, dass es eine »Mutantenschwemme« geben
sollte und dass die menschlichen Mutanten alle als Monochrom-Mutanten
bezeichnet werden sollten. Wir wollten Mutantenschulen einrichten und
uns dabei bewusst an den Anfängen der PERRY RHODAN-Serie orientieren.
Wir
machten uns vor allem Gedanken darüber, wie sich eine solche
Mutantenschwemme auswirken würde: »Was ist, wenn ein Mutant im
Nachbarhaus wohnt? Es gibt verbrecherische Mutanten, es gibt welche, die
keine Lust auf die Schule haben, und so weiter. Viele Terraner wollen
natürlich auch keine Mutantenschule auf der Erde.«
Kriminelle
Umtriebe in Zusammenhang mit den neuen Mutanten sollte es ebenfalls
geben: »Kommandos, die versuchen, die einzelnen Mutanten
zusammenzufassen und sie auf den etwa 5000 terranischen Siedlungswelten
suchen« ...
Und außerhalb der Erde? Hier waren wir uns
erstaunlich schnell einig: Die Macht der Arkoniden sollte rasant
wachsen, das Kristallimperium sollte sich ausdehnen. Es solle künftig
»10.000 Planeten, zu denen rund 20.000 ›kontrollierte‹ Sonnensysteme
kommen«, umfassen. Weitere Eckpunkte unseres Milchstraßen-Hintergrundes:
»Die LFT wächst auf 1500 Planeten plus assoziierte Welten an. Das Forum
Raglund bleibt wie bisher, und das Galaktikum bleibt in Mirkandol.«
Eine
Entscheidung an diesem 8. Februar 1999 sollte sich erst später zu einem
wichtigen Entschluss ausweiten: »Das Kristallimperium bekommt einen
neuen Imperator«, verzeichnet das Protokoll trocken.
3 Kommentare:
I'm thrilled to learn that Perry will finally be returning in English. Sehr gut!
Die ganze Geschichte finde ich toll. Sie gibt eine gute Einsicht wie PR Erzählungen entstehen. Zufall in Verbindung mit einer starken Vorstellungskraft spielt eine große Rolle. Die Entstehungsgeschichte der Galaxis Szega Fredo finde ich besonders lustig.
Ich kenne die ES-Geschichte noch nicht, aber jetzt habe ich Lust sie zu lesen.
Übrigens, darf ich den Eintrag ins Englische übersetzen? Einige meiner amerikanischen Landsleute würden sich sicher dafür interessieren.
Eine Veröffentlichung in die englische Sprache fände ich gut - hiermit akzeptiert. Schön wäre, wenn es mit Quellenhinweis wäre.
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