Ein Logbuch der Redaktion
Zu den Autoren, die das PERRY RHODAN-Universum vor allem in den 70er-Jahren maßgeblich prägten, zählte Hans Kneifel.
Der Autor hatte in dieser Zeit wohl seinen größten Einfluss, er brachte
die damalige Popkultur – wenngleich in versteckter Version – in die
Serie ein. Seine Helden tranken guten Wein, sie gingen in Kneipen und
Bars, sie tanzten, und sie hörten die Musik ihrer Zeit.
Damit
waren seine Helden oftmals ein Spiegelbild dieses Schriftstellers. Als
ich Hans richtig kennenlernte, war das irgendwann in den 80er-Jahren –
wahrscheinlich beim WeltCon 1986 in Saarbrücken. Er saß an der Theke,
ein Glas Calvados vor sich und eine Zigarette in der Hand. Er unterhielt
sich mit anderen Menschen, später an diesem Abend auch mit mir, er war
eloquent und unterhaltsam, er machte Witze und lachte gern über die
Späße anderer Menschen.
Am 11. Juli 2016 würde der Autor seinen
achtzigsten Geburtstag feiern – und ich bin sicher, dass es eine
gesellige Runde mit guten Getränken und ausufernden Gesprächen geworden
wäre. Leider starb Hans Kneifel schon am 7. März 2012, und sein Tod traf
uns damals wie ein Schock. Hans stand immer mitten im Leben, er war
»gut drauf«, um diese Floskel zu bemühen, und strahlte gewissermaßen vor
positiver Energie.
Dabei waren seine Kindheit und Jugend sicher
nicht einfach. Wer in Oberschlesien geboren worden war und durch die
Wirren des Krieges nach München verschlagen wurde, musste sich in den
ersten Lebensjahren sicher ziemlich einschränken. Darüber sprach er nie,
zumindest nicht mit mir. Hans Kneifel erzählte durchaus »Geschichten
von früher«, mit augenzwinkerndem Humor und viel Freude. Den Krieg und
die Nachkriegszeit ließ er weg.
Im Nachhinein bedauere ich sehr,
dass ich mit ihm kein längeres Interview geführt hatte; bei Walter
Ernsting war mir das vergönnt. Hans Kneifel hatte eine eigene Art,
Science Fiction zu schreiben, und diese wurde sicher durch seine
persönlichen Erfahrungen geprägt. Wenn er beispielsweise das Leben in
Atlan Village schilderte, den Künstler- und Studenten-Stadtteil von
Terrania, so erinnerte das an den Münchener Stadtteil Schwabing, in dem
vor allem in den 70er-Jahren das Leben pulsierte.
Hans Kneifel
lebte gern abwechslungsreich; er war in den Kneipen und Bars seines
Viertels unterwegs, seine Romane schrieb er häufig nachts und in einem
unglaublichen Tempo. Es kam ihm nicht auf wissenschaftliche Exaktheit
an, er wollte Stimmungen vermitteln und eine spannende Handlung
erzählen. Wer farbenprächtige Science Fiction liebte, war bei ihm an der
richtigen Adresse. Wer es wissenschaftlich exakt wollte, konnte mit
Hans Kneifels Romanen oftmals nicht viel anfangen.
Dass ihm die
Figur des Arkoniden Atlan so ans Herz wuchs, hing damit sicher zusammen.
Atlan strandet auf der Erde, rund 8000 Jahre vor Beginn der
christlichen Zeitrechnung, und muss sich zuerst mit Steinzeitmenschen
herumschlagen, bevor er den Menschen beim Aufbau ihrer Zivilisation
unterstützt. Er ist beim Bau der Pyramiden dabei, hilft Alexander dem
Großen bei seinen Feldzügen und wehrt immer mal wieder Zugriffe von
Außerirdischen auf die Erde ab.
Die sogenannten
ATLAN-Zeitabenteuer wurden zu Kneifels Markenzeichen. Ihre Mixtur aus
Science Fiction und historischem Roman war einmalig, und viele Leser
liebten sie. Vor allem konnte der Autor hier seiner Phantasie freien
Lauf lassen. Er schilderte Atlan als Genussmensch, ließ ihn in Ägypten
und Mesopotamien, im fernen Osten und in Nordamerika die
interessantesten Gerichte und Getränke zu sich nehmen – und
selbstverständlich ließ Hans Kneifel seinen Helden sich überall in
schöne Frauen verlieben.
Ganz nebenbei vermittelte er seine
Sicht auf die Welt. Sie war nicht so technisch wie ein großer Teil des
PERRY RHODAN-Universums, sondern sie war von »Wein, Weib und Gesang«
geprägt, wirkte dadurch viel lebensnaher.
Der Autor sammelte
beim Schreiben seiner ATLAN-Zeitabenteuer übrigens die Erfahrungen, die
er später für das Verfassen seiner historischen Romane benötigte. Durch
Werke wie »Babylon – Das Siegel des Hammurabi« oder »Hatschepsut« wurde
er in den 90er-Jahren einem breiten Leserkreis bekannt.
Denke ich
heute an Hans Kneifel zurück, der 80 Jahre alt geworden wäre, erinnere
ich mich an einen stets gut gelaunten Erzähler, der durch seine Figuren
lebte. Oft hatte ich das Gefühl, in den Helden, die er schilderte, ein
Stückchen des »echten Kneifels« wahrzunehmen. An diesen Figurenschöpfer
werde ich heute besonders denken – aber auch in Zukunft immer wieder.
1 Kommentar:
...auch seine Charaktere in den Planetenroman-Taschenbüchern waren sehr überzeugend: von Seymour Alcolaya über Sherpa bis zu Doc Tarmac waren sie alle auch Figuren mit ecken und kanten, mit vergangenheit, Traumata oder halb gebrochen...
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