26 Januar 2022

Das Perryversum-Buch soll kommen

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«


Schon 2006 war uns in der Redaktion klar: Wenn PERRY RHODAN seinen fünfzigsten Geburtstag feierte, wollten wir zu dieser Gelegenheit ein schönes Buch publizieren. Es sollte kein Con-Buch werden, kein Werk, das man nur auf einer Veranstaltung kaufen konnte. Unser Ziel war ein Werk, das es im Buchhandel gab und die ersten fünfzig Jahre zusammenfassen sollte.

Immer wieder diskutierten wir darüber – es entstanden sogar Fotos, die zeigen sollten, wie man eine eigene Bildsprache für so ein Buch entwickeln konnte. Aber so richtig voran kamen wir nicht; die großen Umstrukturierungen innerhalb des Verlags machten uns zu schaffen. Also fing ich 2007 damit an, inhaltliche Überlegungen zu verschriftlichen – mehr für mich selbst. So entstanden erste konkrete Notizen zu diesem Buch, das nie erscheinen sollte.

Ich entwickelte ein Ideenpapier zu einem Buch, dem ich den Arbeitstitel »Das Perryversum« geben wollte. Es sollte sich inhaltlich von dem beeindruckenden Werk abheben, das Eckhard Schwettmann einige Jahre zuvor unter dem Titel »All-Mächtiger« veröffentlicht hatte, und auch nicht in die Richtung gehen, die in der »PERRY RHODAN-Chronik« eingeschlagen wurde.

Meine Überlegung, die ich in mehreren Gesprächen konkretisierte: »Wir machen ein Lesebuch, eine journalistische Sammlung, zu jedem Jahr eine Reportage – und all diese Reportagen ergeben gemeinsam das Porträt unserer Serie.« Die Texte wollte ich nicht selbst schreiben, das war zeitlich nicht zu schaffen. Eine Redakteurin oder ein Redakteur, so mein Gedanke, sollten die eigentliche Arbeit machen, und unter dem Namen dieser Person sollte das Werk erscheinen.

Ich stellte mir vor, dass ein solches Buch rund 280 Seiten haben sollte; exakt »50 Geschichten à fünf Seiten«, wie ich notierte. Dazu sollten »Vorspann-Geschichten« kommen, die erzählten, was vor der PERRY RHODAN-Serie alles geschah, sowie ein Anhang mit Tabellen und ergänzenden Informationen.

Jede Geschichte wollte ich klar gliedern: nach einem Jahr und nach einer Person. Jedes Jahr wollte ich nämlich anhand einer Person ausrichten, die man vorstellen konnte. Aus ihrer Sicht wollte ich eine Epoche der Vergangenheit lebendig werden lassen.

Ein Beispiel hierfür war das Jahr 1961. Als Interviewpartner fiel mir Alfred Vejchar ein, den ich schon lange kannte, wenngleich nicht besonders gut. Im Frühjahr 2008 hatten wir uns in Wien bei der Beerdigung des Autorenkollegen Ernst Vlcek getroffen und miteinander geredet.

Vejchar war in den 50er- und 60er-Jahren ein unglaublich engagierter Science-Fiction-Fan, er nannte sich selbst einen »Hyperfan«. Als Erwachsener wurde er Journalist, hielt aber immer den Kontakt zur Szene. Sein Name war mir beispielsweise schon in den späten 70er-Jahren aufgefallen, als er für das PERRY RHODAN-Magazin geschrieben hatte.

»Nach eigenen Angaben war er 1961 bei den ersten Autorentreffen dabei, bei denen PERRY RHODAN vorbereitet wurde«, schrieb ich in meinem Konzept. Aus seiner Perspektive wäre eine Reportage über dieses wichtige erste Jahr der Serie gut zu machen. Es wäre eine Außensicht geworden, keiner der bekannten Blicke von innen.

Auch für das Folgejahr 1962 hatte ich ein schönes Thema für eine Reportage. Ich wollte sie einem der Autoren widmen, über die nicht so viel bekannt war: Winfried Scholz, der als W. W. Shols für PERRY RHODAN geschrieben hatte. Er verfasste nur wenige Romane, bevor er das Team verließ. »Er erfand die Mutanten, von daher legte er eine wichtige Grundlage für die Serie«, formulierte ich in meinem Entwurf.

Die Reportage, die ich erzählen wollte, hätte die Perspektive seines Sohnes eingenommen. Ihn hatte ich bei einem Besuch in Bielefeld kennengelernt. Der Autor hatte ihm tatsächlich verboten, PERRY RHODAN zu lesen, trotzdem wurde der Sohn später zu einem begeisterten Fan.

Und die Vorgeschichte? Die wollte ich ebenfalls erzählen – aber in einem größeren Zusammenhang. Immerhin sollte es die Leser im Jahr 2011 doch interessieren, wie die Science Fiction nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden war. Die Jahre 1945 bis 1960 wollte ich in einer großen Reportage zusammenfassen.

Zitat aus dem Entwurf: »Aus den Trümmern des zerbombten Deutschlands wachsen die Träume von Jugendlichen; es entwickeln sich unter anderem SF-Reihen.« Ab Ende der 40er-Jahre wurden die ersten Science-Fiction-Romane veröffentlicht, unter anderem von K. H. Scheer. Ab 1955 gründete sich der Science-Fiction-Club Deutschland e.V. (SFCD) als die erste Fan-Organisation im deutschsprachigen Raum, und mit »Andromeda« kam die erste Science-Fiction-Zeitschrift heraus.

In meinen Augen bot sich der Publizist H. J. Galle in besonderer Weise dafür an, in dieser Reportage genannt zu werden. Er »war damals als Jugendlicher dabei und hat mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht«, schrieb ich.

Mein Konzept wuchs, und während ich mir Gedanken über den Inhalt und die Gestaltung machte, überlegte ich mir, wer den Inhalt zusammenstellen und – ganz wichtig – das Buch veröffentlichen sollte. Wir hatten seit Ende 2006 keinen Buchverlag mehr, und unsere Silberbände wurden von den neuen Kollegen in Hamburg, die im Edel-Verlag arbeiteten, vertrieben.

Aber die Kollegen dort hatten mehrfach gesagt, sie wollten unsere Serie »in eine neue Zeit führen«. Dazu wäre doch ein dickes Buch ideal geeignet. Ich nahm mir vor, das Thema »Perryversum« bei ihnen weiter voranzutreiben …

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