Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Zu den Themen, die Arndt Ellmer
schon immer interessierten, zählten das Raumschiff BASIS und die
geheimnisvolle Hamiller-Tube. Wir hatten bereits in den frühen
90er-Jahren darüber gesprochen, und ich wusste, dass er gern mehr über
die BASIS schreiben wollte.
Im Frühjahr 1997 – leider ist der
genaue Termin nicht mehr feststellbar – reichte der Autor ein Exposé
ein: Es trug den Titel »Raumschiff zu verkaufen« und sollte die
Grundlage für einen Roman mit eben diesem Titel werden.
Wie es
für Arndt Ellmer stets typisch war, arbeitete er in seinem Exposé sehr
exakt; die Daten standen alle schon früh fest. Kein Wunder, dass er
präzise einstieg: »Die Entscheidung fällt am 13. Juni 1227 NGZ«, schrieb
er. Sein Roman sollte in der Zeit spielen, die zwischen den Bänden 1799
und 1800 lag – also zwischen dem abgelaufenen Hamamesch- und dem neuen
Thoregon-Zyklus.
Grundlage für sein Exposé waren wirtschaftliche
Überlegungen. Laut seinen Angaben würde eine »Grundsanierung der BASIS«
nach ihrem Rückflug von der Großen Leere »mindestens 20 Milliarden
Galax« kosten. Zudem: »Selbst eine Billigwerft könnte die Summe von 18
Mrd. kaum unterschreiten.«
Das Exposé listete weitere technische
Details auf und stellte klar, dass sich Homer G. Adams persönlich um die
Verhandlungen mit den Springern kümmern würde. Diese seien sogar
bereit, »ihr Rusuma-System hoch zu verschulden«, so die Argumentation
des Autors.
Auf meinen Ausdruck des Exposés kritzelte ich
handschriftlich ein »na ja«, weil ich mir das nicht so richtig
vorstellen konnte. Genau so argumentierte ich später im Gespräch mit
Arndt Ellmer direkt. Niemand von uns hatte zu diesem Zeitpunkt ein
klares Bild, wie die wirtschaftlichen Verbindungen innerhalb der –
fiktiven – Menschheitsgalaxis funktionieren würden.
Wir sprachen
gelegentlich darüber, wie beispielsweise eine Wirtschaftsordnung
aussehen würde, wenn rund 300.000 besiedelte Planeten in einem
permanenten Austausch von Währungen und Waren stünden. Oder wie würde
eine Wirtschaftsordnung funktionieren, wenn die Menschen bis zu 200
Jahre alt werden könnten und es weiterhin eine Verzinsung von vielleicht
fünf bis sechs Prozent auf gesparte Guthaben gäbe?
Daraus
leiteten sich stets weitere Fragen ab: Wieviel waren in dieser Zukunft
denn 20 Milliarden Galax wert? Überstieg ein solcher Wert wirklich die
Wirtschaftskraft eines Sonnensystems, dessen Bewohner vor allem von
Handel lebten? Weil das alles so unklar war, bat ich Arndt später auch
darum, in diesen Punkten absichtlich »schwammig« zu sein.
Klarer
war das Exposé in allen Details der weiteren Handlung. Arndt machte
klar, welche Intrigen die Springer und die Blues schmieden; was die
unterschiedlichen Machtgruppen wirklich mit der BASIS vorhaben sollten,
war dem Autor in dieser Phase des Exposés sicher nicht klar.
Von
vorneherein hatte der Autor einen »Strohmann« eingeplant. Diesen wollte
er immer wieder auftauchen lassen, als immerwährendes Geheimnis
gewissermaßen: »Von Anfang bis Ende des Romans durchzieht etwas den Text
wie ein Faden«, formulierte er. Dem Leser solle der Eindruck vermittelt
werden, dass »da noch jemand ist, den man nicht sieht, der nicht offen
agiert und dennoch ständig zugegen scheint«. Das klang geheimnisvoll,
das fand ich bei der Lektüre interessant.
Eine meiner
handschriftlichen Notizen belegt das: »Der Strohmann könnte cooler
Doppelagent plus Marionette zugleich sein« krakelte ich an den unteren
Rand der Seite. Darüber hinaus schlug ich in einer weiteren
Kritzel-Notiz vor: »Roman endet mit: ›Besuch für dich. Ein gewisser
Tizian Granett ...‹ Oder so!«
Der Autor machte sich so konkrete
Gedanken über die Wirtschaftlichkeit und die Figuren in seinem Roman.
Ebenfalls war ihm klar, welchen Planeten er als Schauplatz der Handlung
haben wollte: »Zudem ist das Sonnensystem mit Stiftermann III praktisch
Niemandsland, also der richtige Ort für Leute, die unter sich bleiben
wollen«, stand auf der dritten Seite seines Konzeptes.
Ich fand
das alles überzeugend. Ich war zudem sicher, dass sich viele Leser für
die BASIS und ihre Entwicklung interessieren würden. Also sprach ich bei
einem Arndt-Ellmer-Besuch in der Redaktion das Exposé mit dem Autor
durch. Wir vereinbarten, dass er auf Basis dieses Exposés ein
Taschenbuch schreiben sollte.
Ich plante es mit der Bandnummer
410 ein, es sollte im Januar 1998 in den Buchhandel kommen. Dem Kollegen
nannte ich den 30. August 1997 als Abgabetermin.
Tatsächlich
erschien der Roman zum genannten Termin und unter dem geplanten Titel in
der PERRY RHODAN-Reihe. Die Taschenbücher wurden zu jener Zeit im
Burgschmiet-Verlag veröffentlicht und zeichneten sich durch eine eher
ungewöhnliche Titelgestaltung aus.
Die Handlung hatte der Autor
auf das Jahr 1229 festgelegt; als Kosten für die Modernisierung der
BASIS nannte er jetzt 200 Milliarden Galax – das wirkte glaubhafter als
die zuvor genannten Summen. Sein Taschenbuch schuf eine neue
»inhaltliche Heimat« für die BASIS und legte somit den Grundstock für
weitere Abenteuer, die auf diesem Schiff spielen sollten: So wurden
später sogar Rollenspiel-Abenteuer verfasst, die als Handlungsort die
BASIS hatten. Aber das war bereits gut zehn Jahre danach ...
1 Kommentar:
Dieses Beispiel zeigt wie schade es ist, dass es die Taschenbücher leider nicht mehr gibt. Dort konnten die Autoren auch mal auf Details eingehen für die es heute leider keinen Platz mehr gibt. Was das Perryversum leider eindimensionaler macht, da man ausser der Hauptgeschichte nur noch ganz wenige weitere Bruchstücke zu lesen bekommt :-(
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