Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Zu den sogenannten Heyne-Miniserien zählt der sechs Bände umfassende
»Ara-Toxin«-Zyklus. Wesentliche Vorarbeiten hierzu liefen im Dezember
2006 an, zu einer Zeit also, in der die PERRY RHODAN-Redaktion in einer
Phase massiver Umbrüche stand. Zum Monatsanfang hatten wir erfahren,
dass der Moewig-Buchverlag schließen würde. Niemand wusste, wie es mit
den PERRY RHODAN-Silberbänden weitergehen würde.
Für mich war die
Devise klar. »Umso wichtiger ist es, dass wir im Buchhandel mit
Taschenbüchern vertreten sind«, argumentierte ich. Wenn keiner wüsste,
in welchem Verlag oder zu welchen Konditionen im folgenden Jahr die
Silberbände im Handel seien, müssten wir von unserer Seite stärker aktiv
werden. Den Buchhandel hielt ich in all den Jahren für eine wesentliche
Stütze der Marke PERRY RHODAN, und es war klar, dass die
Moewig-Schließung für große Verwirrung bei den Händlern sorgen würde.
Aber zuerst ging es darum, die Inhalte festzuklopfen. So telefonierte ich beispielsweise mit Frank Böhmert.
Ich mochte seine Romane, ich kannte ihn seit Jahren, und ich wünschte
mir stets, dass er mehr für PERRY RHODAN schreiben würde.
Im
Telefonat wirkte er durchaus interessiert, sagte aber sehr klar, dass er
sich in den Jahren 2007 und 2008 verstärkt auf eigene Projekte
konzentrieren wolle. »Ich will auch mal wieder einige Romane
übersetzen«, kündigte er an. Im Jahr 2007 könnte er nichts für uns
machen, im Jahr 2008 aber wieder zur Verfügung stehen.
Damit war ein Wunschkandidat für die nächste Heyne-Staffel weggefallen. Es wurde Zeit, dass ich mit Michael Marcus Thurner telefonierte, der die nächsten sechs Taschenbücher konzipieren sollte. Wir verabredeten uns für den Dienstag, 5. Dezember.
An
diesem Tag stand ich schrecklich unter Strom: Ich führte Gespräche über
die Zukunft der PERRY RHODAN-Bücher, ich diskutierte mit den Kollegen
des Moewig-Buchverlages über deren Zukunft – wir alle waren angespannt
und gestresst. Umso wichtiger fand ich es, mit dem Kollegen aus Wien an
einem Thema für das nächste Jahr zu arbeiten.
Im Vorfeld hatten wir uns bereits einige Mails geschickt, auch Wim Vandemaan
hatte sich mit Ideen beteiligt. Wir waren uns einig, dass es um die
Aras und ein medizinisches Thema gehen sollte. »Als Nebenhauptfigur
neben Perry Rhodan möchte ich Julian Tifflor«, verlangte Michael Marcus
Thurner. Darüber hinaus fand er die Idee interessant, Gucky als
zusätzliche Figur einzusetzen. »Da bin ich mir aber noch nicht sicher.«
Wir
diskutierten über die Mobys, die wir in der Handlung haben wollten;
selbstverständlich musste man für das geheimnisvolle Ara-Toxin oder
Aratoxin – die Schreibweise variierte zu jener Zeit fast täglich – noch
einen wissenschaftlich-biologischen Hintergrund erarbeiten. Michael
wollte zudem einen Vorschlag von Robert Feldhoff
aufgreifen. Der PERRY RHODAN-Chefautor hatte ihm geraten, den bekannten
Mediziner Zheobitt als weitere wichtige Figur einzusetzen. Das fand ich
gut; Zheobitt war als Figur gut bei den Lesern angekommen und sollte
auch in einer sechsteiligen Taschenbuchstaffel gut zu beschreiben sein.
Schwieriger
wurde die Autorenfrage. Frank Böhmert war von uns fest eingeplant
worden, jetzt musste ich Michael von seiner Absage berichten. Er wollte Leo Lukas
als Autor für den ersten Band. Das bot sich an: Die zwei Kollegen
könnten sich bei diesem Band einige Male in Wien besprechen, um Details
vorzubereiten, die nicht unbedingt im Exposé stehen mussten.
Für Band zwei wollte Michael dann Uwe Anton
einplanen, den dritten Band wollten wir für einen Autoren »freihalten«,
der von außerhalb des Teams kommen sollte. Unter anderem dachte ich an Gisbert Haefs, mit dem ich schon seit einiger Zeit über einen Gastromans sprach.
Für Band vier und das dazu gehörende Thema hatten wir noch keinen Autor. Ich hoffte auf Andreas Brandhorst, hatte von diesem aber auf eine entsprechende Mail-Anfrage noch keine Antwort erhalten.
Sicher
waren wir in einem: Band fünf sollte Wim Vandemaan schreiben, der sich
durch seine ersten Romane empfohlen hatte; mit Band sechs wollte Michael
Marcus Thurner dann »seinen« Zyklus abschließen.
Der Zeitplan
für ihn war eng genug: Bis Mitte Januar 2007 wollten wir einen
Roh-Entwurf für die sechs Exposés haben, danach musste er an die Dialoge
des PERRY RHODAN-Computerspiels gehen, an dem unsere Partner von
Braingame bereits intensiv arbeiteten. Für PERRY RHODAN-Heftromane aber,
so sah es in diesen Tagen aus, würde Michael Marcus Thurner in den
nächsten Monaten womöglich kaum noch Zeit haben ...
Ein Telefonat am selben Tag und zum selben Thema führte Miriam Hofheinz.
Während ich mich mit den Autoren beschäftigte, kümmerte sie sich
bereits um die Vermarktung. Sie telefonierte mit den Verantwortlichen
bei Random House Audio – dort war man durchaus interessiert daran,
parallel zum »Ara-Toxin«-Zyklus in gedruckter Form auch gleich die
Hörbücher zu veröffentlichen.
»Die brauchen allerdings schon
jetzt eine grobe Inhaltsangabe und auch Aussagen zu den Autoren«, sagte
sie. Eine klare Antwort konnte ich noch nicht geben: Die Exposés waren
in einem frühen Stadium, die Autorenplanung stand noch nicht. »Nicht
unüblich wäre auch, die Hörbücher jeweils drei Monate nach dem Buch zu
bringen«, schlug Miriam in der Folge vor. Das erschien mir sicherer, und
das wollte sie so mit Random House Audio besprechen.
Zu diesem
Zeitpunkt waren wir sehr optimistisch, dass wir Hörbücher und
Taschenbücher quasi parallel veröffentlichen könnten. Und wir waren vor
allem optimistisch, dass die plötzlich entstandene neue Situation –
nämlich ohne eigenen Buchverlag – von uns rasch für eigene Initiativen
genutzt werden sollte ...
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