19 September 2022

In Braunschweig auf der Bühne

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Immer wenn ich Hermann Ritter an diesem Tag sah, sprach er mich an. »Klaus, wir müssen dringend reden«, sagte er dann beispielsweise. »Wir haben an diesem Abend einen gemeinsamen Programmpunkt und den müssen wir doch vorbereiten.« Ich versprach, mich alsbald bei ihm zu melden, ließ ihn weiter an seinen geheimnisvollen Projekten arbeiten und wurde sofort in ein neues Gespräch verwickelt.

Es war der Samstag, 24. April 1999. In den Räumen des Jugendzentrums in Braunschweig fand der sogenannte ThoreCon statt, eine richtig schöne Fan-Veranstaltung. Gut 250 Fans waren anwesend, praktisch alle PERRY RHODAN-Autoren hatten sich eingefunden, und es herrschte eine unglaublich positive Stimmung.

Der Tag raste an mir vorüber. Hermann Ritter war irgendwann genervt, weil ich nie Zeit hatte. »Wenn wir nicht vorbereitet sind«, so sagte er halb drohend, halb lachend, »musst du am Abend alles machen, wozu ich dich verdonnere. Und keine Widerrede!«
»Kein Problem«, behauptete ich. »Wir gehen auf die Bühne, und ich bin zu allen Schandtaten bereit.«

Ich wusste nicht, was er vorhatte. Ich sah nur immer wieder, dass er sich Notizen machte, dass er irgendwelche Dinge bastelte und dass er in sich hineinlachte. Wir hatten versprochen, einen »bunten Abend« zu veranstalten, und wir hatten vorgehabt, diesen gemeinsam vorzubereiten.

Nun aber wurde es ein Abend, den Hermann allein organisierte – entsprechend witzig wurde es dann.

Es gibt eine Video-Kassette, die »Perrys Video Club« zu diesem Con veröffentlichte. Ich sah sie mir zuletzt vor gut zwanzig Jahren an. Das könnte ich noch einmal tun, um mir die Szenen in Erinnerung zu rufen.

Aber vielleicht ist das gar nicht nötig. Ich muss nur an diesen Con in Braunschweig denken, und mir fallen alle möglichen Szenen ein. Viele Gags waren albern, aber wir hatten an diesem Abend sehr viel Spaß – sieht man sich das im Video an, überträgt sich das vielleicht gar nicht.

Hermann hatte sich ein komplettes Programm ausgedacht, und weil ich nicht mitgearbeitet hatte, musste ich nun als sein Opfer herhalten. Unter anderem hatte ich beispielsweise Mondra Diamond zu spielen – und er war ein Eheberater, der mit ihr über Perry Rhodan sprach.

»Sie wissen schon, dass die vorherigen Frauen Ihres künftigen Ehemannes alle keinen natürlichen Tod gefunden haben?«, fragte er beispielsweise. Und ich tat alles, um nicht vor Lachen zu platzen und halbwegs passende Antworten zu geben.

Hermann Ritter zeigte, wie man einen PERRY RHODAN-Film ganz einfach produzieren könnte. Mit einigen Tricks wurde ich in einen Haluter verwandelt: Ich bekam ein drittes Auge auf die Stirn gemalt, und zwei zusätzliche Arme wurden aus Stoff an meine Seiten drapiert. Es sah unfassbar albern aus, die Leute im Saal fanden’s wohl witzig.

Das Quiz für angehende Autoren war hart. Götz Roderer wurde auf die Bühne gebeten; er hatte bislang ein PERRY RHODAN-Taschenbuch veröffentlicht und hatte gegen Hermann Ritter kaum etwas auszurichten. Der Moderator stellte dem Autor allerlei Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Danach wurde ich gefragt, und ich wusste es auch nicht.

Es gab dann meist jemanden im Publikum, der beispielsweise wusste, wie der Brutplanet der Baramos hieß … Seither weiß ich es auch: Baykalob – diese Information hat sich in mein Gedächtnis gebrannt.

»Wie heißt der deutsche Hyperphysiker?«, war auch so eine Frage, die ich mir vorher nie gestellt hatte, die ich aber seitdem beantworten kann. Es war Dr. Eberhard Pralitz, er spielt im Cappins-Zyklus eine Rolle, und von ihm stammt der Pralitzsche Wandeltaster. Es war unfassbar, welche Fragen Hermann ausgegraben hatte, und es war ein großer Spaß für die Con-Besucher, den ratlosen Redakteur auf der Bühne zu erleben.

Im weiteren Verlauf des Programms setzten Hermann und ich uns Halbkugeln aus Styropor auf. Wir waren damit Tefroder, und er erklärte die »Duplos«. Spätestens als Hermann Ritter die »Duplos« ins johlende Publikum warf, kannte die Stimmung angesichts unserer Blödelei keine Grenzen mehr. Später zeigten wir auf der Bühne noch, wie man einen Unither als Staubsauger verwenden kann, und am Ende sangen wir noch ein Lied.

Man kann nicht behaupten, dass die eine Stunde des bunten Abends eine Sternstunde des anspruchsvollen Theaters war. Hermann Ritter und ich hatten viel Spaß dabei. Und das Publikum lachte so, dass es die meisten dort wohl auch mochten …

(Diese Redaktionserinnerung stand bereits am 6. September 2022 auf der PERRY RHODAN-Seite und wird hier an dieser Stelle zur Dokumentation wiederholt.)

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