09 November 2020

Nach dem Ende der Taschenbücher

Aus der Reihe »Der Redakteur erinnert sich«

Als ich 1992 meine Arbeitsstelle als PERRY RHODAN-Redakteur antrat, bestand die Produktpalette unserer Redaktion aus drei unterschiedlichen Bereichen: Heftromane in mehreren Auflagen, die im eigenen Zeitschriftenbereich des Verlages veröffentlicht wurden, Taschenbücher und Hardcover-Ausgaben, die der Buchbereich des Verlages in den Handel brachte. Es gab also völlig unterschiedliche Vertriebswege für PERRY RHODAN.

Ab Herbst 1993 wurde der Heyne-Verlag in München zum Partner für die Taschenbücher, doch diese Partnerschaft lief zum Oktober 1996 aus. Als letzter Titel der Original-Ausgaben würde Band 403 erscheinen, als letzter Titel der Nachdrucke Band 32.

Als Gründe nannte Heyne gesunkene Auflagenzahlen. Das war nicht falsch, die Auflagen gingen in der Tat zurück. Ich hatte stets die Überproduktion als Grund dafür gesehen. Wir waren optimal in die Reihe gestartet, die Verkaufszahlen waren zu Beginn richtig gut gewesen.

Dann kamen die Nachdrucke hinzu, was dazu führte, dass auf einmal zwei PERRY RHODAN-Taschenbücher im Monat erschienen. Prompt sackte die Auflage der einzelnen Titel ab. Im Juni 1995 kam der große Coup von Heyne: Zwölf Taschenbücher wurden auf einmal nachgedruckt.

Ich hatte im Vorfeld gewarnt, niemand hatte auf mich gehört. Leider sollte ich recht behalten: 14 Taschenbücher auf einmal konnten sich nicht gleichermaßen gut verkaufen; die Auflagen gingen in den Keller.

Davon hatte sich die Reihe innerhalb eines Jahres nicht mehr erholt. Dennoch war ich wegen der Einstellung frustriert, weil ich sehr gern an den Taschenbüchern gearbeitet hatte. Deshalb formulierte ich am 13. Juni 1996 ein umfangreiches Arbeitspapier, das ich unter dem Titel »Konzeption: PERRY RHODAN-Taschenbücher – neu« an meinen direkten Vorgesetzten richtete, den Verlagsleiter des Buchverlages.

Unter anderem schlug ich sehr schnell eine »neue Reihenkonzeption« vor, über die wir zu diesem Zeitpunkt bereits gesprochen hatten. Grundsätzlich hatte man sie akzeptiert, sie sollte im kommenden Jahr starten. Als Arbeitstitel dieser möglichen neuen Reihe hatte ich »Space-Thriller« vorgeschlagen. In meinem Arbeitspapier fasste ich die Eckpunkte zusammen:

»Grundlegend gilt hier: abgeschlossene Hardcover-Bände mit klar definiertem Hintergrund, die bei einem Umfang von 240 Seiten rund 16,90 Mark kosten werden. Geplant wird eine Auflage von 10.000 Exemplaren, vier Titel pro Jahr sollen erscheinen, die ersten zwei bereits im Frühjahr 1997. Die ersten Romane sind bereits in Arbeit.«

Ich war sehr optimistisch, was diese neue Reihe anging, und wollte bewusst mit den bisherigen Regeln für Heftromane brechen: »Zielgruppe sind Erwachsene. Die Romane sollen sich vor allem in punkto Gestaltung an amerikanischen Thrillern orientieren und inhaltlich die Leser ansprechen, die sich durch sogenannte SF-Filme aktueller Machart unterhalten lassen. Sex und Gewalt sind kein Tabu.«

Meine Gedanken dazu, welche Autoren welche Romane schreiben sollten, waren ebenfalls eindeutig: »Als Autoren sollten bisherige Teamautoren wie Robert Feldhoff, Peter Terrid und Hubert Haensel zum Zug kommen, dazu Taschenbuch-Autoren wie Uwe Anton und Konrad Schaef sowie team-fremde gute Schreiber wie Frank Böhmert, Hans-Joachim Alpers und Thomas Ziegler.

In meinem Optimismus formulierte ich in diesem Juni auch weitergehende Pläne. An denen war bereits der Autor H. G. Francis beteiligt; ich hatte sogar mit einem Verlag erste Gespräche geführt – der Autor hatte das alles bei einer privaten Feier in der Nähe von Hamburg eingefädelt.

»Im Gespräch ist eine Art ›Junior-Ausgabe‹ von PERRY RHODAN, die derzeit von H. G. Francis in Zusammenarbeit mit der Redaktion erstellt wird«, formulierte ich etwas vage. »Die verantwortliche Cheflektorin« des Verlages habe »bereits größtes Interesse signalisiert«, schrieb ich und überlegte, ob man diese Reihe schon im Herbst 1997 starten könne. »Als Autor ist hier in erster Linie H.G. Francis angesprochen, der in diesem Bereich die größte Erfahrung hat; als Mit-Autoren würden sich eventuell Robert Feldhoff und Arndt Ellmer anbieten«, so meine Überlegung.

Wegen eines weiteren Konzeptes hatte ich in den Wochen zuvor mit möglichen Partnern gesprochen. Die Idee war, »in einer Art ›Best of‹-Reihe die Nachdrucke der PERRY RHODAN-Taschenbücher fortzuführen.« Ich wurde dabei recht direkt: Ich wollte »nicht alle, wie von Heyne (gegen den Willen der PERRY RHODAN-Redaktion) durchgeboxt, sondern eben die besten.«

Vertragspartner wäre nach meinen Vorstellungen der Hansjoachim Bernt Verlag. Ich wusste von dem Verlagsleiter, den ich als klug vorgehenden Geschäftsmann kennengelernt hatte, dass dieser eine Reihe mit Utopischen Klassikern plante. Mit seinen »Ren Dhark«-Buchausgabe hatte er zu dieser Zeit bereits eine Serie gestartet, die sich speziell an die Sammler klassischer Science Fiction richtete.

Das war nicht alles: Weil ich glaubte, dass der Heftroman in der Krise steckte und wir uns stärker im Buchhandel engagieren sollten, schlug ich sogar neue PERRY RHODAN-Taschenbücher vor. Dazu war ich ebenfalls bereits in Vorleistung gegangen und präsentierte ein kleines Konzept …

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