22 Mai 2020

Wie geht es den Silberbänden heute?

Ein Logbuch der Redaktion

Mit Band 81 (»Aphilie«) übernahm Hubert Haensel im Jahr 2002 die Silberband-Reihe. Anfangs war er eher zurückhaltend, wenn es darum ging, Szenen zu verändern. Das war die Zeit, in der er pro Silberband zwischen 160 und 180 Stunden brauchte. Heute liegt der Aufwand durch die komplexen Handlungsverläufe bei 250 und mehr Arbeitsstunden.

Doch der Autor erkennt die Vorteile der modernen Textverarbeitung, wie er in einem Interview für unser Con-Buch im September 2011 erzählte: »Früher musste ich die Hefte zum Bearbeiten noch einscannen und anschließend typische Scannfehler wie falsche Trennungen ausmerzen. Heute habe ich die Hefte vor mir auf dem Bildschirm, und wenn ich etwas löschen oder umstellen möchte, markiere ich das einfach.«

Nachdem er Wiederholungen gestrichen und lange Beschreibungen eingekürzt hat, teilt Haensel die Handlungsfäden ein und legt fest, welche Romaninhalte in welchem Band erscheinen. »Ich versuche alle Themen aus den Heften ins Buch zu packen. Dabei darf ich nichts unter den Tisch fallen lassen; schließlich könnte es ja sein, dass dieser Aspekt 50 Hefte weiter wichtig für die Handlung wird.«

Auf die Frage nach einem Beispiel muss er nicht lange überlegen: »Perry Rhodan wird an Bord der SOL von einer Gen-Maus gebissen, die ein Besatzungsmitglied aus dem Schwanz einer richtigen Maus gezüchtet hat. Man könnte jetzt sagen: Was soll's? Die paar Zeilen kann man streichen, und keiner merkt was. Nur, wie erkläre ich zwei Silberbände später, als Perry versucht, Kontakt mit der träumenden Superintelligenz BARDIOC aufzunehmen, dass dies eigentlich nur möglich ist, weil Rhodan durch den Mäusebiss infiziert wurde?«

Bei der Textbearbeitung ist Hubert Haensel der Spagat zwischen den unterschiedlichen Leseransichten und -wünschen bewusst. »Die einen wollen die Handlung detailgetreu lesen, ohne größere Auslassungen– denen kann es nicht kompliziert genug sein. Die anderen möchten sie schnell vorangetrieben sehen, und alles, was nichts mit dem roten Faden zu tun hat, kann weg. Außerdem gibt es Leser, und das dürfte die Mehrzahl sein, die sich einfach an gut erzählten, abwechslungsreichen Geschichten erfreuen.«

Immer wieder stößt er auch auf Textstellen mit veralteter Technik. »Ich amüsiere mich jedes Mal, wenn jemand an die Sprechzelle geht und die Zentrale ruft. Sowas geht heute, da fast jeder ein Handy besitzt, einfach nicht mehr.«

Das Frauenbild hat sich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte ebenfalls massiv verändert. »Damals wurden Frauen als schwache Wesen charakterisiert, die es zu beschützen gilt«, erläutert Haensel. »Wenn ich bei meiner Arbeit auf so etwas stoße, schmeiß ich die Passage entweder raus oder versuche sie zu entschärfen. Haarsträubend sind auch die platten Anmachen von Galto Quohlfahrt, da würde heute jeder Pennäler drüber lachen.«

Nach all den Jahren hat Hubert Haensel nichts von seiner Freude an den PERRY RHODAN-Heften eingebüßt. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht: »So lange den Lesern gefällt, was ich mache, und solange ich Spaß an meiner Arbeit habe, mache ich weiter. Wenn ich mich 250 Stunden nur noch quäle, wird es Zeit Schluss zu machen.«

(Die drei Logbücher, in denen ich auf die Geschichte der Silberbände zurückgeblickt habe, entstammen in wesentlichen Teilen einem Artikel, der 2011 im Buch »Fünfzig Jahre Zukunft« veröffentlicht worden ist. Ein großer Teil meines Logbuches stammt deshalb von meiner ehemaligen Kollegin Elke Rohwer, mit der ich damals das Buch zusammengestellt und auch den betreffenden Artikel geschrieben habe. Das als ergänzende Information!)

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