22 Dezember 2017

Eine Pressekonferenz in Köln – Teil zwei

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Nachdem ich lange mit Wim Vandemaan gesprochen hatte, ging ich an diesem Donnerstagabend, 9. August 2007, in mein Hotelzimmer und war einigermaßen ratlos. Ich nahm einen Block und einen Stift zur Hand und dachte mir eine Moderation aus.

Dabei überlegte mir, wie ich die Pressekonferenz einleiten könnte, wie ich die anderen Menschen auf dem Podium vorstellen sollte und – vor allem – wie ich es schaffen konnte, das alles mit einigen originellen Zahlenbeispielen zu untermauern.

Was interessierte denn die Journalisten wirklich? Sicher nicht die Details der PERRY RHODAN-Handlung, sicher nicht die Hintergedanken, die sich Redaktion und Autorenteam im Verlauf eines langen Jahres machten. Die Journalisten wollten sicher allerlei Krimskrams wissen, da stimmte ich unserem Öffentlichkeitsberater hinzu, und dazu brauchten sie anschauliche Beispiele ...

Am Morgen fühlte ich mich nicht sonderlich fit. Als ich beim Frühstück saß, fragte mich Miriam, was denn los sei. »Geht's dir nicht gut?«

Ich verneinte. Dann erzählte ich, dass ich die halbe Nacht gerechnet hatte. Während ich Kaffee trank und etwas aß, erzählte ich von meinen Bemühungen. »Ich habe Mathe in der Schule abgewählt, weil ich nie gut in Rechnen war – und dann so etwas«, klagte ich lauthals.

Am Abend hatte ich viel gerechnet. Ich hatte die PERRY RHODAN-Heftromane als Basis genommen, also zu dieser Zeit 2400 Stück, ebenso die im deutschsprachigen Raum verkaufte Auflage von etwa einer Milliarde Romane. Dabei hatte ich die über 900 ATLAN-Heftromane ebenso ignoriert wie die über 400 PERRY RHODAN-Taschenbücher oder einzelne Kurzgeschichten und weiteres Material, das jeglichen Rahmen gesprengt hätte.

»Da kommen respektable Zahlen heraus«, erläuterte ich der staunenden Kollegin. Ich wollte schon loslegen, aber sie wehrte sich. Ich solle das lieber für die Journalisten festhalten, damit diese es aufschreiben und in ihren Artikeln veröffentlichen konnten.

Ich hatte tatsächlich wenig zu tun. Miriam Hofheinz und Jürgen Pütz hatten schon am Vorabend den Raum vorbereitet, in dem unsere Pressekonferenz stattfinden sollten; sie gingen erneut in den Raum, stellten die Tische entsprechend auf, zogen PERRY RHODAN-Transparente auf und legten Pressemappen auf. Ich saß im Hintergrund des Raumes und notierte mir die Zahlen sauber, die ich später vortragen wollte.

Nacheinander trafen die ersten Besucher ein. Mit Tom Jacobs und Gregor Höppner lernte ich zwei Sprecher kennen, die PERRY RHODAN künftig in das Audio-Universum führen sollte. Hans Greis von Eins A Medien kannte ich bereits, mit den drei Männer plauderte ich ein wenig über die Arbeit an einer Romanserie und wie man welche Namen aussprechen sollte.

Die ersten Journalisten trafen ein und wurden per Handschlag begrüßt. Wir hatten einige Fan-Journalisten eingeladen, also Menschen, die für Fan-Zeitschriften schrieben. Diese kannte ich bereits, mit ihnen unterhielt ich mich auch ein wenig. Ich hielt es für wichtig, die Fan-Presse einzubinden, schließlich kam ich selbst aus der Fan-Szene.

Wir begannen mit einer leichten Verspätung: Kurz nach elf Uhr saßen die Journalisten im großen Saal. Ich erzählte etwas über PERRY RHODAN und seine Geschichte – und hier konnte ich gleich die Zahlen anbringen, die ich am vorigen Abend ausgerechnet und recherchiert hatte.

Wenn man beispielsweise von 2400 Heftromanen ausging, die eine durchschnittliche Anzahl von 180.000 Anschlägen (also Zeichen eines Heftromans inklusive der Leerzeichen, die nötig sind, um eine Zeile »aufzufüllen«) besaßen, kam man auf die irrsinnige Zahl von 432 Millionen Anschläge. So viel hatten die PERRY RHODAN-Autoren in 46 Jahren geschrieben – eine beeindruckende Zahl.

Rechnet man 2400 Heftromane mal 60 Seiten (also grob geschätzt; es gibt Hefte, die haben mehr oder weniger Umfang), kommt man auf eine Zahl von 144.000 Heftromanseiten, die von den Autoren verfasst wurden. Ich rechnete es später auf 150.000 Seiten hoch und hoffte, dass mir die Journalisten diese absichtliche Ungenauigkeit verzeihen würden.

Kalkuliert man für einen Roman nur die Dicke von fünf Millimetern, was vorsichtig geschätzt ist, kommt man bei einer Milliarde verkaufter Heftromane auf einen Turm mit einer Höhe von 500 Kilometern. Das ist höher als der Kölner Dom – und es ist vor allem weiter im Weltraum als die Internationale Raumstation ...

Und wenn man davon ausgeht, dass ein Roman 100 Gramm wiegt (tut er nicht, es ging mir nur um die Anschaulichkeit), erhält man unglaubliche 100.000 Tonnen. Ich war selbst baff gewesen, nachdem ich mir diese Zahlen gegen Mitternacht auf einem Blatt Papier ausgerechnet hatte. Manchmal macht man sich als Redakteur selbst gar nicht klar, wieviel Papier man eigentlich im Lauf seines Berufslebens umsetzt.

Ich hatte das Gefühl, dass die Journalisten ebenfalls beeindruckt waren. Nachdem ich mit meinen Zahlenspielen fertig war, kam ich zum eigentlichen Anliegen: Wir wollten an diesem Tag eine Weltneuheit präsentieren, eine wahre Premiere: Die erfolgreichste Serie der Welt wurde ab sofort in einer wöchentlichen Lesung präsentiert, jede Woche vier Stunden mit einem Hörbuch, das zum Download im Internet bereitstehen sollte.

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