Ein Logbuch der Redaktion
Während ich diese Zeilen schreibe, läuft unsere Serie PERRY
RHODAN-Trivid seit einigen Wochen. Ich kann noch nichts darüber sagen,
ob die Serie erfolgreich ist – das wird man frühestens im Frühjahr 2017
genau festlegen können –, aber schon jetzt weiß ich, dass wir viele
wichtige Informationen und Lehren aus der Arbeit an dem Prolog und den
sechs Romanen ziehen können. Es bietet sich also bereits an, ein wenig
zurückblicken.
Erste Überlegungen zu einer reinen E-Book-Serie
hatten wir schon früh – tatsächlich schon in den 90er-Jahren. Als das
Internet für unsereins wichtig wurde, überlegte ich mir das Konzept
eines »Internet-Romans«. Mit dem Autor Frank Böhmert diskutierte ich
lange über die Möglichkeiten, wie wir die Möglichkeiten des neuen
Mediums mit der PERRY RHODAN-Serie verbinden könnten. Daraus wurde
letztlich nichts, wahrscheinlich war 1996 noch nicht die Zeit dafür
reif.
Es sollte bis in die Nuller-Jahre hinein dauern, bis wir
genügend Erfahrungen mit den E-Books gesammelt hatten. Wir verfolgten,
wie der E-Book-Markt langsam wuchs, und wir erlebten mit, wie immer mehr
Leser von gedruckten Romanen zu E-Books umstiegen. Es war meiner
Ansicht nach nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann die ersten Bücher
in Form von »digital first« erscheinen würden. Da wollten wir mit PERRY
RHODAN dabei sein.
Wir zögerten dennoch recht lange, ließen die
Jahre ab 2011 verstreichen und entwickelten lieber das klassische
E-Book-Geschäft weiter. Das funktionierte vor allem anfangs überall
gleich: Man nimmt einen »normalen« Roman und macht aus diesem eine
digitale Edition. Wir taten nichts anderes als das, was alle anderen
Verlage auch taten. Das Risiko, direkt ein E-Book zu produzieren, ohne
den »Umweg« über ein gedrucktes Werk einzuschlagen, war mir viele Jahre
lang zu groß.
Der Grund ist für Außenstehende manchmal nicht
nachvollziehbar – deshalb versuche ich, ihn zu erklären. Bisherige
Kalkulationen in Verlagen gehen davon aus, dass man ein Buch oder einen
Heftroman druckt, in den regulären Vertrieb gibt und dann über Händler
verkauft. Für all diese Dinge gibt es klar belegbare Zahlen, man kann
die Preise und Kosten kalkulieren, man kann sogar sehr genau im voraus
sagen, was man erwartet und wie die Abläufe zu funktionieren haben.
Solange
ein E-Book gewissermaßen ein »Abfallprodukt« des herkömmlichen Systems
war, konnte man damit wunderbar umgehen. In unserem Fall hieß das: Alle
Kosten, die der normale Betrieb in einem Verlag kostet – also
beispielsweise das Personal, die Miete für die Räume oder auch die
Computer –, wurden auf die gedruckten Romane gebucht. Damit blieben die
E-Books von solchen Kosten komplett frei, was sie leicht kalkulierbar
machte.
Wenn ich ein »E-Book-Only« machte, um diesen
umständlichen Begriff zu benutzen, musste ich all diese Kosten seriös
auf das einzelne E-Book umlegen. Und auf einmal war die Tatsache, dass
ein E-Book einfach nicht die Verkaufszahlen erreicht wie ein gedruckter
Roman, ein echtes Problem. Um ein Beispiel mit Zahlen zu nehmen, die
natürlich nicht stimmen: Legt man Kosten auf 100.000 Exemplare um, sind
sie recht klein. Packt man sie aber seriös auf 5000 Exemplare, werden
sie auf einmal erdrückend groß.
Das hielt uns lange Zeit von
ernsthaften Experimenten in die Richtung ab. Mir war aber klar, dass wir
sie irgendwann einschlagen mussten. Mein Argument war immer: »Lass uns
den Produktionsweg umdrehen. Wir machen ein E-Book, das es nur digital
gibt – und kümmern uns danach darum, ob und wie wir daraus vielleicht
einmal ein Buch oder sonstwie ein gedrucktes Produkt machen.« Es
benötigte einige Zeit, bis wir das Projekt intern durchgesprochen und
auch kalkuliert hatten.
Dass
wir vor diesem Hintergrund dann PERRY RHODAN-Trivid machen, ist eine
starke Entwicklung. Es gab und gibt keine Erfahrungswerte, niemand weiß
und wusste, wie das Projekt ankommen würde, vor allem hatte aber niemand
eine Ahnung, ob und wie es sich verkaufen würde.
Dass wir es inhaltlich
so gut wie möglich machen wollten, war für mich klar – die Autoren
würden sich engagieren, der Lektor und die Redaktion würden intensiv
arbeiten, das Marketing würde viele Aktionen ankurbeln. Doch niemand
würde wissen, wie der Verkauf ausfallen würde ...
Es gab und gibt
in allen Verlagen immerhin erste Verkaufszahlen und Übersichten zu
E-Books. Wir wissen bei PERRY RHODAN sehr genau, wie viele Exemplare wir
von einem NEO- oder einem Erstauflagen-Roman verkaufen, wie die Auflage
bei den Silberbänden oder bei einem Roman einer Miniserie aussieht.
Damit kann man kalkulieren – und darauf bauten wir auf.
Machen
wir uns aber nichts vor. Die Leser interessiert das nur am Rande, ihm
oder ihr geht es um wirtschaftliche Erwägungen des Verlages ... Wer sich
einen Roman aus einer unserer Serien kauft, möchte eine spannende
Science-Fiction-Geschichte lesen, die idealerweise mit einem Ende
aufhört, dass es auf die nächste Geschichte aufmerksam macht. Das ist
bei PERRY RHODAN-Trivid nicht anders. Wir erzählen eine Geschichte in
Fortsetzungen, auch wenn die Romane deutlich kürzer sind als bei unseren
anderen Serien – aber das macht ja nichts.
Für uns alle war es eine neue Erfahrung. Christian Montillon und Oliver Fröhlich
mussten anders arbeiten, als sie es gewohnt waren; bei uns intern war
die Verzahnung zwischen dem Marketing und der Redaktion viel intensiver
als sonst. Ebenso hatten wir die Kommunikation zu den Leserinnen und
Lesern angepasst.
Und jetzt warten wir ab, jetzt entscheiden die
Leserinnen und Leser. Wenn sich genügend Menschen für PERRY
RHODAN-Trivid entscheiden, gibt es sicher irgendwann eine weitere Serie
dieser Art. Die Zukunft bleibt also spannend ...
1 Kommentar:
Auch wenn Trivid vielleicht nicht ganz Eure Erwartungen erfüllt solltet Ihr Euch nicht entmutigen lassen was E-Book Serien angeht! Die Space Thriller waren damals auch nicht der ganz große Hit.
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