Ein Logbuch der Redaktion
Im September 2016 ist es fünf Jahre her, seit der erste Roman von PERRY
RHODAN NEO erschienen ist. Grund genug, einen subjektiven Rückblick auf
die fünf Jahre zu verfassen. Streng genommen ließe sich sogar ein
Rückblick auf zehn Jahre und mehr machen; schließlich gingen die
Vorarbeiten für die Serie schon viel früher los.
Ein
Science-Fiction-Buchhändler brachte mich auf die Idee. Er sprach mich
irgendwann darauf an, wie es denn wäre, »den gesamten Anfang von PERRY
RHODAN« neu zu erzählen. »Wie so ein Neustart bei den amerikanischen
Comics«, das war seine Idee. Und er setzte noch einen drauf: »Wir machen
daraus sechs Taschenbücher, die im Heyne-Verlag erscheinen, und als
Autoren nehmen wir ausgewiesene Science-Fiction-Experten, die bisher
keinerlei Berührung zur Serie hatten.«
Die
Idee mit den serienfremden Autoren fand ich nicht so gut, seinen
grundsätzlichen Ansatz mochte ich aber sehr. Wir diskutierten das Thema
im Verlag, ich sprach mit den Autoren; das Projekt ging durch
verschiedene Zwischenstufen. Nicht nur einmal sah es so aus, als würde
es scheitern. Ich sprach mit Heyne, ich sprach mit dem eigenen
Verlagshaus – zwischendurch wurde der Moewig-Buchverlag in unserem Haus
geschlossen ...
Langer Rede kurzer Sinn: Wenn ich davon ausgehe,
dass die Vorarbeiten für PERRY RHODAN NEO mehr als fünf Jahre dauerten,
hat das viel mit diesem Hin und Her zu tun. Anscheinend war die Idee
nicht so leicht zu vermitteln, wie ich anfangs dachte. Letztlich
einigten wir uns auf eines: Wir wollten PERRY RHODAN NEO selbst machen.
Ich
war dann auch damit einverstanden. »Das passt zum WeltCon 2011, und es
passt zu fünfzig Jahren PERRY RHODAN.« Meine Argumentation war dann: Die
neue Serie sollte unbedingt zum WeltCon erscheinen – das sei der ideale
Start –, und ich wollte sie auch gleich mit dem neuen E-Book-Partner in
allen digitalen Kanälen zugleich verbreiten.
Das fand der
Zeitschriftenvertrieb anfangs ein wenig befremdlich, und wieder musste
viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Letztlich einigten wir uns
hausintern auf alle möglichen Eckpunkte, das Projekt konnte also
starten.
Im Jahr 2011 herrschte bei uns Hochbetrieb: Wir wollten
eine neue Romanserie in den Handel bringen, was viel Vorbereitungszeit
mit sich brachte. Zugleich sollten wir einen WeltCon organisieren – mit
denselben Menschen. Wir bauten unseren Internet-Auftritt zur selben Zeit
komplett und und wechselten dabei zu einem neuen Partner. Und wir
steuerten auf einen E-Book-Vertrieb zu, von dem wir ausgingen, dass er
innerhalb kürzester Zeit alles verändern würde.
Zu allem
Überfluss änderte sich in genau diesem Jahr auch grundsätzlich die
Struktur der Buchhaltung – was zahlreiche neue Zuständigkeiten im
Konzernsitz in Hamburg und unzählige Konferenzen mit sich brachte. Es
war klar, dass dies mit der bisherigen Redaktion nicht zu stemmen war,
weshalb wir eine Redakteurin einstellten, die sich um PERRY RHODAN NEO
kümmern sollte.
Mit Elke Rohwer, so der Name dieser Redakteurin,
steuerten Frank Borsch als Exposéautor und ich als Chefredakteur in das
Abenteuer einer neuen Serie. Mir war von Anfang an klar, dass ein Teil
der bisherigen Leser diese neue Serie hassen würde, während andere
völlig begeister6 sein würden. Entsprechend vorsichtig wollte ich
planen.
»Wir planen nur acht Romane«, schlug ich vor. »Die geben
wir vorher bekannt, und wenn die Serie ab Band eins schlecht läuft,
stellen wir mit Band acht ein.« Ich plante wirklich sehr vorsichtig ...
»Wenn die Serie gut läuft, merken wir das schnell und führen sie sofort
weiter.« Gegenüber dem Vertrieb benutzte ich das Argument, mit einer
»Exit-Strategie« möglichen Verlusten vorzubeugen.
Frank Borsch
setzte einen weiteren Vorschlag darauf. »Wir schreiben die Serie mit den
Autoren, die unsere Leser bereits kennen – wir nehmen noch keine neuen
Autoren hinzu.« Sein Argument war, dass ein »All-Star-Team« dafür sorgen
würde, dass unsere bisherigen Leser zumindest einen Blick wagen würden.
»Wenn wir aber fortsetzen«, das argumentierte er sofort, »benötigen wir
neue Autoren, die nur für PERRY RHODAN NEO schreiben.«
Und
während wir den WeltCon vorbereiten, ein Con-Buch produzierten, die
Buchhaltung umstellten, eine neue Internet-Seite bauten und in das große
Abenteuer »E-Book-Massengeschäft« starteten, schrieben die Autoren an
den ersten Romanen für PERRY RHODAN NEO. Sie trafen in der Redaktion
ein, und ich war mit der Qualität sehr zufrieden.
»Das wird gut
ankommen«, war ich auf einmal sicher. Dirk Schulz lieferte Titelbilder,
von denen ich ausging, dass sie im Handel gut »funktionieren« würden –
und auf einmal bekamen wir sogar einen Etat, um einen kleinen Werbefilm produzieren zu können. Dieser sollte im Fernsehen laufen, was eine absolute Premiere für die PERRY RHODAN-Serie bedeutete.
Die
Zeit raste in diesem Sommer 2011. Ohne die tatkräftige Mitarbeit der
Kolleginnen und Kollegen, die an allen Ecken und Enden halfen, wäre ich
kläglich untergegangen. Aber auch so war die Belastung für alle extrem
hoch, und so stolperten wir gestresst und übermüdet in den PERRY
RHODAN-WeltCon 2011.
Dort lief dann erstaunlicherweise alles
glatt – zumindest für die Besucher der Veranstaltung. Es gab wenige
Verspätungen, die Programmpunkte wurden schön präsentiert, die
freiwilligen Helfer retteten uns mehrfach aus heiklen Situationen, und
Mike Hillenbrand wirkte in ruhiger Weise als Conferencier auf der Bühne.
Als
ich mit Elke Rohwer dann auf die Bühne trat, um PERRY RHODAN NEO zu
präsentieren, war der große Saal im Kongresszentrum Rosengarten
überfüllt. Alle Sitzplätze waren belegt, viele Besucher standen an den
Wänden. Gespannt lauschten sie unserem Vortrag, und als danach die
Romane verteilt wurden – in diesem Fall eine illustriere
Sonderproduktion –, war die Zustimmung sehr groß.
Viele Besucher
lasen bereits an diesem Wochenende in den Roman »Sternenstaub« von Frank
Borsch hinein. Das positive Echo hielt an. Und als ich nach dem
Wochenende wieder in den Verlag kam und die ersten Mails von Lesern
erhielt, ging ich davon aus, dass PERRY RHODAN NEO kein Flop werden
würde.
Die Jahre danach vergingen wie im Flug; mittlerweile sind
über 130 Romane von PERRY RHODAN NEO erschienen, dazu Kurzgeschichten
und Buchausgaben. Meine vorsichtige Herangehensweise im September 2011
war wohl zu vorsichtig ... aber in jenem Herbst wurden die
entscheidenden Grundlagen für den späteren Erfolg gelegt.
4 Kommentare:
Ich dachte immer,
und immer noch denke ich,
dass NEO wird der Rückkanal sein,
Perry Rhodan Serie ins Englische,
Ich hoffe, dass Sie dies zu realisieren.
Das war der Tiefpunkt des Weltcons. Da freut man sich ein tolles Gimmick zu seiner Serie zu bekommen und dann kommt etwas Perry-Rhodan-fremdes als Höhepunkt und Gimmick daher. Das hat mich damals maßlos geärgert. Und es ärgert mich noch heute.
Schade, dass das Projekt nicht scheiterte. Aber na ja, wie immer, wenn die Amis es erfunden haben muss es ja gut sein und kopiert werden.....
Wie kann man einem Projekt nur ein scheitern wünschen? Sowas ist mir echt fremd und unverständlich. Und dann hinterher am besten noch ein besserwisserisches "Ich hab es ja gleich gesagt!" oben drauf. Ich komme aus dem Kopf schütteln nicht mehr raus.
Um dies vernünftig darlegen zu können ist diese Kommentarfunktion zu limitiert.
Allgemein kann man sagen, dass sicherlich viele Projekte in ihrer Planungsphase scheitern, von denen wir Leser nie etwas erfahren. Und hätte ich nie etwas von NEO erfahren, dann wäre dies für mich kein Verlust gewesen.
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