03 Juni 2014

Streit um Prozente

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Am Montag, 9. Mai 2005, war der schleichende Konflikt zwischen dem Buchverlag und der PERRY RHODAN-Redaktion kurz davor, ein echter Streit zu werden. Das erwies sich bei einem Gespräch, das ich mit der Verlagsleiterin führte. Am Vormittag stand sie auf einmal in meinem Büro und stellte mich zur Rede.

Ich war in der Woche zuvor in Augsburg gewesen und hatte dort den Weltbild-Verlag besucht. Dort hatte ich verschiedene Buchreihen vorgestellt – ich hatte das sowohl vor als auch nach meinem Besuch offen im Verlag kommuniziert und aus meiner Dienstreise kein Geheimnis gemacht. Meine Reise wurde allerdings nicht als positiv für den gesamten Verlag betrachtet, sondern als ein »Wildern in unseren Gefilden«.

Unter anderem hatten sich angeblich einige Lektoren bei der Verlagsleiterin beschwert. »Der Herr Frick will jetzt auch Bücher machen«, habe man ihr erzählt, und das gehe doch nicht. Ich verwies vorsichtig darauf, dass ich seit 1992 im Verlag sei und seitdem jedes Jahr vier PERRY RHODAN-Bücher mitproduziert habe. Ebenso wies ich darauf hin, dass wir mit Weltbild bereits drei Serien mit mehr als 60 Hardcover-Bänden verwirklicht hätten: die DRAGON-Ausgabe in den späten 90er-Jahren, eine MYTHOR- und eine PERRY RHODAN-Serie in den Nuller-Jahren.

Als wichtiger erwies sich aber schnell ein ganz anderer Vorwurf. Man habe ihr, also der Verlagsleiterin, in einem Vier-Augen-Gespräch eine Aussage von mir mitgeteilt. Ich hätte bei einer Unterhaltung mit Kollegen aus dem Buchverlag gesagt, eventuelle Gewinne aus diesen Arbeiten seien doch bitteschön der Redaktion PERRY RHODAN zuzuschlagen und nicht dem Buchverlag.

Das sah die Verlagsleiterin anders: Es handle sich um Bücher, also sei der Gewinn auf das Konto des Buchverlags zu buchen und nicht auf das Konto der Redaktion. Ansonsten sollte ich doch die jeweiligen Aufträge – etwa von Bertelsmann oder anderen Partnern – abgeben und die Kollegen des Buchverlags umsetzen lassen.

Dass ich in diesem Augenblick nicht platzte, war wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass ich ein langes Wochenende hinter mir hatte und keine Lust hatte, mich zu streiten. So ruhig wie möglich versuchte ich, die Sachlage darzustellen. Bisher gehe es doch sowieso nicht darum, irgendwelche Gelder zu verteilen. »Wir reden über das Fell eines Bären, den es gar nicht gibt«, versuchte ich meinen Standpunkt klarzumachen.

Ich hatte dem Weltbild-Verlag nämlich Serien und Reihen angeboten, die man neu schreiben müsste. Beispielsweise dachte ich zu diesem Zeitpunkt an eine Fantasy-Serie, die sich an ein vorrangig weibliches Publikum richten sollte, oder an moderne Krimis mit einem Schuss Humor. Das alles waren in der Tat keine PERRY RHODAN-Themen, aber es war nun mal Tatsache, dass ich die Projektverantwortlichen bei Weltbild kannte, während die Kollegen aus dem Buchverlag keine direkten Kontakte besaßen.

Die Diskussion sei eigentlich müßig, so meine Sicht der Dinge, denn bisher gebe es nur Konzepte von mir – mehr nicht. Und es sei so, dass solche Konzepte nur dann umgesetzt werden konnten, wenn wir von der PERRY RHODAN-Redaktion dies gewissermaßen in unbezahlten Überstunden erledigten.

»Das machen Frau Kropp und ich deshalb, weil's uns Spaß macht und weil wir sowieso einen guten Draht zu den Autoren haben«, argumentierte ich. Mit einem zusätzlichen Gehalt könnten wir nicht rechnen, also sei es wohl korrekt, dass zumindest die Abteilung von unserer Arbeit profitiere – und nicht die Leute, die damit nicht das Geringste zu tun hätten.

»Aber wir sind doch ein Verlag«, argumentierte sie. »Die Erlöse landen letztlich in einem gemeinsamen Verlag.« Ich blieb ruhig: »Wenn es denn so ist, warum wollen dann gewisse Leute, dass die zu erwartenden Erlöse ausgerechnet ihnen persönlich gutgeschrieben werden?«

Der Vertrieb habe mit den Büchern nichts zu tun. Der Plan war, eine Lizenzvereinbarung zu finden; niemand vom Vertrieb würde auch nur einen Handstreich für das Projekt tun. Falls es denn überhaupt zustande komme ... Das Gespräch ging eine ganze Weile hin und her, es war eher unergiebig.

Die Verlagsleiterin beharrte auf ihrem Standpunkt, ich blieb stur bei meinem. Sie meinte, die Buchideen, die ich Weltbild präsentiert habe, könnte doch »jeder Lektor im Buchverlag« machen. Ich konterte, dass solche Ideen aber in den vergangenen Jahren nie aus dem Buchverlag gekommen seien, sondern immer nur von uns. Wir schieden beide frustriert und genervt voneinander – aber immerhin hatten wir uns nicht angeschrien.

Mit Sabine Kropp besprach ich mich später intern. Sollten wir es wirklich auf eine Kraftprobe ankommen lassen, waren uns mögliche neue Bücher so viel Wert? Wahrscheinlich war es sinnvoller, sich jeglichen Gedanken an zusätzliche Reihen oder Serien aus dem Kopf zu schlagen und mehr Energie in PERRY RHODAN-Sonderreihen zu setzen. Wir entschieden an diesem Vormittag nichts, sondern entschlossen uns, das Thema bei Gelegenheit weiter zu diskutieren – erst einmal ging die laufende Arbeit vor.

Interessanterweise hatte ich an diesem Tag noch ein zweites Gespräch mit dem Buchverlag, in diesem Fall mit der Herstellung. Man könnte Kosten einsparen, indem man zwei Bücher gleichzeitig drucken würde – ob die Redaktion und der Autor in der Lage seien, eine solche Änderung der Produktion entsprechend umzusetzen? Auch hier galt: Ich entschloss gar nichts, sondern nahm mir vor, das Thema erst einmal intern in der Abteilung und dann mit Hubert Haensel als Bearbeiter zu besprechen. Gut Ding sollte schließlich Weile haben ...

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