18 Januar 2016

Der zweite Versuch des Cortez-Zyklus

Aus der Reihe »Der Redakteur erinnert sich«

Im Frühjahr 1995 stand die PERRY RHODAN-Serie in einer Phase des inhaltlichen Umbruchs. Davon ahnten wir anfangs noch gar nichts. Die Autoren schrieben an den letzten Romanen des Hamamesch-Zyklus, der den Komplex um die »andere Seite des Universums« abschließen sollte. Gleichzeitig ging es bereits darum, die ersten Grundlagen für einen neuen PERRY RHODAN-Zyklus zu legen. Band 1800 sollte eine völlig neue Szenerie begründen, da waren sich alle einig.

Robert Feldhoff, der frisch in die Exposéarbeit einbezogen worden war, und Ernst Vlcek erarbeiteten Konzepte, während sich die Redaktion aus Dr. Florian F. Marzin und mir überlegte, welche Ideen man mit den Autoren umsetzen könnte. Nicht alles passte so richtig zusammen, weshalb manche unserer Besprechungen unbefriedigend verliefen. Vor allem unser Chefredakteur war mit den bisherigen Konzepten sehr unzufrieden.

Den »großen Wurf« sah ich im Frühjahr 1995 noch nicht. Es hatte einen ersten Entwurf für einen Zyklus gegeben, dem wir den Arbeitstitel »Cortez-Zyklus« verliehen hatten. Dieser hatte sich bereits wieder erledigt, wir arbeiteten an einem zweiten Entwurf. Er sollte allerdings auf dem ersten aufbauen.

Im Mai 1995 sah es endlich so aus, als hätten wir eine Richtung festgelegt, mit der die Autoren ebenso klarkommen konnten wie der Chefredakteur. Der Plan war, einen sogenannten Cortez-Zyklus zu starten, wobei »Cortez« nur ein Platzhalter war. Ich fand die Idee nicht so gelungen, war aber sicher, dass man sie gut umsetzen konnte.

Am fünften Mai verschickte Sabine Bretzinger ein drei Seiten umfassendes Arbeitspapier an die Autoren. Die nüchterne Überschrift: »Handlungsabriß für die Bände 1800 ff. wie in der Konferenz festgelegt«. Dabei wurden zwei Handlungsstränge fixiert, von denen einer als »Cortez«, der andere aber als »Rhodan und ZAT’s« bezeichnet wurde. »ZAT« war zu jener Zeit die Abkürzung für »Zellaktivatorträger«.

Nach dem Hamamesch-Zyklus sollte ein Zeitsprung von 30 bis 50 Jahren kommen. »Sämtliche Raumschiffe, die an der GL waren, sind verschrottet worden«, vermeldet das Arbeitspapier; mit »GL« war die Große Leere gemeint. Für die BASIS sollte aber »vielleicht eine bessere Lösung« gefunden werden. Während Dr. Marzin die BASIS unbedingt verschrotten wollte, schlugen die Autoren und ich stets vor, das Schiff »sinnvoll umzuwidmen«.

Laut Arbeitspapier sollten die Aktivatorträger sich »in einer Form von Gemeinschaft etabliert (Tafelrunde)« haben. Jeder Aktivatorträger solle ein eigenes Schiff haben, das rund 1000 Meter durchmessen solle.

Aus diesen Überlegungen entwickelte sich kurze Zeit später die Idee, dass die Aktivatorträger gewissermaßen einen eigenen Staat entwickeln könnten: ihre eigene Gemeinschaft auf der Welt Camelot, mit eigenem Großraumschiff und in Gegnerschaft zu einer Liga Freier Terraner, die wir in der Romanhandlung bewusst »großkotzig« schildern wollten.

Wichtiger erschienen im Arbeitspapier vom Mai 1995 aber die Geheimnisse auf Trokan, dem »neuen« Mars. Dieser sollte im neuen Zyklus eine tödliche Strahlung aussenden, die aber Aktivatorträgern nichts anhaben könnte. »Wie schon im vorherigen Zyklus ausgesagt, befinden sich nicht näher definierte Relikte auf Trokan«, formulierte das Papier weiter.

Atlan und Perry Rhodan sollten auf Trokan in ein Labyrinth geraten, »aus dem sie nicht mehr herausfinden«. Rhodan selbst sollte auf die »Brücke in die Unendlichkeit« treffen; dann komme er »in die Welten der Wahrscheinlichkeit«. Während alle Zellaktivatorträger in dem Labyrinth verloren gehen würden, sollte gleichzeitig ein Gegenspieler auftauchen, »der in der Lage ist, sich darin zielgerichtet zu bewegen«.

Ebenso sollte sich in diesem Labyrinth »der Schlüssel für die Existenz der Cortez« verbergen. Über dieses Gebilde solle zudem eine Anbindung an die Kosmologie der PERRY RHODAN-Serie erfolgen, ohne dass wir als Team »dabei in gefährliche Nähe der Kosmokraten und der ganzen anderen Sippschaft wie Materiequellen, Materiesenken, Moralischer Kode oder gar die Dritte Ultimate Frage geraten«.

Es wurde recht früh der Zusammenhang zwischen den Aktivatorträgern, ihrem persönlichen Schicksal, der kosmischen Bestimmung der Menschheit und den eigentlichen Cortez hergestellt. Bei den Cortez wurde festgelegt, dass sie in ihrer Entwicklung acht Stadien durchlaufen; nach Abschluss eines jeden Stadiums finde jeweils eine Verpuppung statt. »Wenn die Verpuppungsphase vorbei ist, treten die Cortez in eine neue, gänzlich verschiedene Daseinsform ein und haben auch keine Erinnerung an ihre vorherige Lebensform.«

Die unterschiedlichen Daseinsformen sollten sich untereinander bekriegen; gleichzeitig benötigten sie »bestimmte Biosphären«, und diese sollten am Ende »restlos ausgenutzt« sein. Dabei sollten Cortez verschiedene Raumschiffe benutzen, die jeweils Puppen auf den Welten absetzen sollten. Als eine Variante sagt das Exposé klar: »Die gesuchte Biosphäre ist mit der Erde identisch.« Eine Königin sollte sich zudem herausbilden, »deren Eiablage die gesamte Galaxis verwüsten würde«.

Soweit die Überlegungen zu den Cortez. Auch hier gilt: Zwar wurde sehr viel an den ersten Ideen geändert, ein Teil der Cortez-Ideen floss aber in die Konzeption der Tolkander ein, die in den PERRY RHODAN-Romanen 1800 bis 1875 handlungstragend waren. Von dem drei Seiten umfassenden Arbeitspapier blieb letztlich nur wenig übrig; vor allem Robert Feldhoff trieb bereits Wochen später seine Thoregon-Ideen voran.

3 Kommentare:

J. hat gesagt…

Hab ich ein Déjà-vu? Nee, nicht ganz, aber thematisch zugehörig ist dieser Post von vor einem Jahr.

http://perry-rhodan.blogspot.de/2015/02/eine-struktur-fur-viele-zyklen.html

Enpunkt hat gesagt…

Das Déjà-vu ist berechtigt ... In der Tat gab es damals zwei Entwicklungen: Der Chefredakteur wollte den Cortez-Zyklus, Robert dachte über Thoregon nach. Und als der Chefredakteur den Verlag verließ, machten wir Thoregon, übernahmen aber Elemente der ursprünglichen Cortez-Planung.

Anonym hat gesagt…

Ist die Katze aus dem Haus...