18 Mai 2015

ATLAN-Miniserien als E-Book

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Als die PERRY RHODAN-Redaktion damit anfing, sich mit E-Books zu beschäftigen, wusste niemand, wie sich das neue Geschäftsfeld entwickeln würde. Nicht zuletzt deshalb, weil die ersten Versuche mit dem Rocket-E-Book kein Geld eingebracht, sondern nur Geld gekostet hatten, wussten wir, dass wir uns sehr vorsichtig verhalten mussten.

Entsprechend behutsam bewegten wir uns in diesem neuen Markt, der anfangs der Nuller-Jahre sehr klein war. Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass das »elektronische Lesen« irgendwann zu einer Selbstverständlichkeit werden würde. Dennoch blickten wir optimistisch in die Zukunft: Vor allem Miriam Hofheinz war innerhalb der Redaktion diejenige, die an das neue Medium glaubte, ebenso Frank Borsch, der als Redakteur für PERRY RHODAN tätig war.

Als wichtiger Einstieg in das Geschäft fungierte die ATLAN-Serie. Zusammen mit unserem Partner readersplanet begannen wir in den frühen 90er-Jahren damit, die klassischen ATLAN-Romane als E-Books anzubieten. Als Format diente damals PDF – die Romane wurden schließlich auf Bildschirmen gelesen, die an ganz gewöhnliche Computer angeschlossen waren. An Lesegeräte oder Smartphones mit entsprechenden Apps war noch nicht zu denken.

Warum wir die klassischen ATLAN-Romane als E-Books anboten, ist leicht zu erklären: Diese Romane waren nicht mehr in gedruckter Form zu haben, ich glaubte auch nicht an eine Buchausgabe beispielsweise des Zyklus' »König von Atlantis«. Da es aber genügend Fans gab, die schlichtweg lesen wollten, war es folgerichtig, vor allem solche »ungehobenen Schätze« bevorzugt als E-Books zu veröffentlichen.

Wir boten die Romane nur im Abonnement an; einzelne Bände gab es nicht. Wir hatten uns anfangs überlegt, jeden Band einzeln auszuliefern, dann aber schnell festgestellt, dass uns die Kosten dafür über den Kopf wachsen würden. Die Kunden, die sich für ATLAN interessierten, mussten sich also für ein Paket entscheiden; dies erhielten sie dann Stück für Stück, Roman für Roman zugestellt. Es gab genügend Käufer dafür, wenngleich die Zahlen unterm Strich nie riesig waren.

»Ich will endlich mal neue Romane anbieten«, forderte Christian Bildner von readersplanet immer wieder. »Meine Leser schreiben mir E-Mails, sie wollen auch die aktuellen ATLAN-Abenteuer, die gerade neu erscheinen.« In dasselbe Horn stieß Miriam Hofheinz: »Wollen wir den E-Book-Markt entwickeln, benötigen wir frischen Stoff.«

Frank Borsch schlug vor, die aktuellen ATLAN-Miniserien, die wir als Heftromane in den Zeitschriftenhandel gebracht hatten, recht schnell als E-Books zu veröffentlichen. »Damit können wir testen, ob das von den Lesern angenommen wird«, so sein Argument. Da die Serien derzeit nicht mehr im Handel zu haben seien, würden wir damit dem Kiosk-Verkauf sicher nicht schaden. Zudem könnten wir für die neuen ATLAN-Romane eine schöne Werbung erhalten.

Der Autor und Redakteur formulierte einen Brief, und dieser wurde am 30. September 2004 an die bisherigen ATLAN-Abonnenten verschickt. »Es tut sich was in Sachen ATLAN-ebooks«, begann das Schreiben, »und ihr als die Pioniere der Edition sollt es als erste erfahren: Bald gibt es weitere ATLAN-Hefte digital!«

Im Oktober 2004 sollte die neue ATLAN-Miniserie »Die Lordrichter« in Form gedruckter Heftromane erscheinen; die Vertriebsinformationen standen schon bereit. Bereits am 15. Oktober sollten die bisherigen Miniserien »Traversan«, »Centauri« und »Obsidian« als E-Book über readersplanet vertrieben werden. Wir hielten es für eine gute Idee, in dieser Weise sowohl die digitale als auch die klassisch-gedruckte Welt sinnvoll zu verbinden.

Frank Borsch formulierte diese Zielsetzung in einem guten Slogan: »Allen drei Serien ist eines gemein: Sie verkörpern das absolute Abenteuer.« Darüber hinaus ergänzte er unseren Brief mit Argumenten für die ATLAN-Miniserien:

»Sie spielen an Schauplätzen, die der großen Bruderserie PERRY RHODAN bislang verwehrt waren. Sie bringen einen Hauch von Exotik mit, den viel beschworenen ›Sense of Wonder‹ der frühen PERRY RHODAN-Serie – und sie sind eine Spielwiese für die Autoren. Für die etablierten, die von den Fesseln der Hauptserie befreit loslegen, und für Newcomer, die sich bei ATLAN die ersten Sporen verdienen.«

readersplanet war der einzige Partner, mit dem wir solche E-Book-Modelle umsetzen konnten. Die Leser konnten die Romane abonnieren, sie konnten sie nacheinander oder auch alle auf einmal erhalten, und sie erhielten attraktive Preisangebote: Wer alle drei ATLAN-Miniserien auf einmal bestellte, hatte echte Vorteile.

Das funktionierte tatsächlich. Wie es sich herausstellte, gab es viele Fans für die neuen ATLAN-Romane. Es schadete zudem nicht dem Verkauf der Romanhefte am Kiosk – die vielzitierte und befürchtete »Kannibalisierung« fand also nicht statt.

Für uns war damit klar, dass wir mit den E-Books weitere Experimente unternehmen würden. Vielleicht konnten wir sogar irgendwann aktuelle PERRY RHODAN-Romane als digitale Lektüre anbieten ... doch davon sprachen wir nur in der Möglichkeitsform ...

Keine Kommentare: