Ein Logbuch der Redaktion
Nachdem ich bereits gestern
über das vergangene Kurzgeschichten-Seminar an der Bundesakademie für
kulturelle Bildung in Wolfenbüttel geschrieben habe, kommen wir heute
zum zweiten Teil:
Diese neuerliche Aufgabe, die wir den
Teilnehmern am Samstag, 1. September 2012, stellten, war nicht einfach –
vor allem deshalb, weil wir sie wieder unter einen starken Zeitdruck
setzten: Sie mussten innerhalb einer festgesetzten Zeit sowohl den
Anfang als auch eine wichtige Szene aus einer neuen Story schreiben.
Dabei mussten sie sich selbstverständlich zuerst ein Konzept ausdenken,
bevor sie loslegen konnten. Damit das ganze richtig kompliziert wurde,
gaben wir ihnen drei Begriffe vor: Mond, Ferkel und Experiment – und die
Geschichte sollte einen phantastischen Charakter aufweisen.
Das
Erstaunliche war: Alle kamen mit der Aufgabe zurecht. Zwar wurden einige
Fragen gestellt, und es kam auch nicht jeder zu einem befriedigenden
Ergebnis, aber die Texte, die in der kurzen Zeit und unter den knappen
Vorgaben entstanden, konnten sich sehen lassen.
Mit einer
kleinen Aufgabe ließen wir die Teilnehmer in die Mittagspause. Sie
wirkte auf den ersten Blick sehr einfach, sie war es aber nicht: Wir
beauftragten alle damit, Dialoge in der Fußgängerzone oder auf der
Kinder-und-Ritter-Veranstaltung aufzuschnappen. Das Ziel war, durch
diese Beobachtung auch herauszufinden, wie sehr sich gesprochene und
geschriebene Dialoge unterscheiden.
Zwar klingt ein »echter«
Dialog immer lebendig – logisch! –, aber wenn man ihn eins zu eins in
einer Geschichte verarbeiten wollte, käme etwas langweiliges und
skurriles heraus. Das stellten wir fest, als wir hinterher die
jeweiligen Ergebnisse vorlasen und kurz besprachen: Nicht jeder Dialog
ließe sich für eine Geschichte verwenden, manchmal findet ein Autor aber
»auf der Straße« neue Einsichten.
Der Samstagnachmittag verging
mit Textbearbeitung und Textkritik, mit theoretischen Einlagen und
vielen grundsätzlichen Anmerkungen. Thematisch schweiften wir
gelegentlich ab, die Texte standen aber stets im Vordergrund.
Die
letzte Aufgabe, die wir am Samstag stellten, bezog sich auf
Beschreibungen. Ich erläuterte eingangs, wie wichtig das »Dekor« für
eine Geschichte sei: Eine Geschichte spiele schließlich nicht in einem
luftleeren Raum, sondern in einer Landschaft, in einem Gebäude oder
meinetwegen in einem Raumschiff. Um eine gute Geschichte zu verfassen,
benötige man normalerweise neben gelungenen Dialogen auch einen schönen
Hintergrund.
Die Autorinnen und Autoren sollten eine
stimmungsvolle Szene schreiben, die auf einer fremden Welt spielt –
gerne in einem Fantasy-Kosmos. Es sollte ein »klar erkennbares
phantastisches Element« enthalten sein, und ich wollte, dass eine Person
in dieser Szene auftritt. Idealerweise sollte dies die Hauptperson der
potenziellen Geschichte sein. Da es sich aber nur um eine sogenannte
Fingerübung handelte, war das nicht weiter wichtig.
Am
Sonntagmorgen – nachdem es in der Nacht wieder für einige Teilnehmer und
Dozenten sehr spät geworden war – besprachen wir die Texte, die als
Ergebnis der Aufgabe entstanden waren. Einige Teilnehmer hatten tolle
Arbeiten geschafft: Flugrochen schwebten über klirrendes Glas, eine
Rohrblattflöte wurde gespielt, roter Nebel wallte über einen Planeten,
Schiffe standen auf einem Raumhafen – die Vielfalt an Ideen und Bildern
war sehr gelungen.
Nach einem anstrengenden Seminar kam am
Sonntagmittag gegen zwölf Uhr die Abschiedsrunde. Die Dozenten wurden
mit Lob und Kritik überschüttet, es gab eine Ladung grundsätzlicher
Anmerkungen, und dann begaben sich alle auf den Heimweg. Bis zum
nächsten Mal in Wolfenbüttel!
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