14 September 2012

Phantastische Kurzgeschichten in Wolfenbüttel – Teil 2

Ein Logbuch der Redaktion

Nachdem ich bereits gestern über das vergangene Kurzgeschichten-Seminar an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel geschrieben habe, kommen wir heute zum zweiten Teil:

Diese neuerliche Aufgabe, die wir den Teilnehmern am Samstag, 1. September 2012, stellten, war nicht einfach – vor allem deshalb, weil wir sie wieder unter einen starken Zeitdruck setzten: Sie mussten innerhalb einer festgesetzten Zeit sowohl den Anfang als auch eine wichtige Szene aus einer neuen Story schreiben. Dabei mussten sie sich selbstverständlich zuerst ein Konzept ausdenken, bevor sie loslegen konnten. Damit das ganze richtig kompliziert wurde, gaben wir ihnen drei Begriffe vor: Mond, Ferkel und Experiment – und die Geschichte sollte einen phantastischen Charakter aufweisen.

Das Erstaunliche war: Alle kamen mit der Aufgabe zurecht. Zwar wurden einige Fragen gestellt, und es kam auch nicht jeder zu einem befriedigenden Ergebnis, aber die Texte, die in der kurzen Zeit und unter den knappen Vorgaben entstanden, konnten sich sehen lassen.

Mit einer kleinen Aufgabe ließen wir die Teilnehmer in die Mittagspause. Sie wirkte auf den ersten Blick sehr einfach, sie war es aber nicht: Wir beauftragten alle damit, Dialoge in der Fußgängerzone oder auf der Kinder-und-Ritter-Veranstaltung aufzuschnappen. Das Ziel war, durch diese Beobachtung auch herauszufinden, wie sehr sich gesprochene und geschriebene Dialoge unterscheiden.

Zwar klingt ein »echter« Dialog immer lebendig – logisch! –, aber wenn man ihn eins zu eins in einer Geschichte verarbeiten wollte, käme etwas langweiliges und skurriles heraus. Das stellten wir fest, als wir hinterher die jeweiligen Ergebnisse vorlasen und kurz besprachen: Nicht jeder Dialog ließe sich für eine Geschichte verwenden, manchmal findet ein Autor aber »auf der Straße« neue Einsichten.

Der Samstagnachmittag verging mit Textbearbeitung und Textkritik, mit theoretischen Einlagen und vielen grundsätzlichen Anmerkungen. Thematisch schweiften wir gelegentlich ab, die Texte standen aber stets im Vordergrund.

Die letzte Aufgabe, die wir am Samstag stellten, bezog sich auf Beschreibungen. Ich erläuterte eingangs, wie wichtig das »Dekor« für eine Geschichte sei: Eine Geschichte spiele schließlich nicht in einem luftleeren Raum, sondern in einer Landschaft, in einem Gebäude oder meinetwegen in einem Raumschiff. Um eine gute Geschichte zu verfassen, benötige man normalerweise neben gelungenen Dialogen auch einen schönen Hintergrund.

Die Autorinnen und Autoren sollten eine stimmungsvolle Szene schreiben, die auf einer fremden Welt spielt – gerne in einem Fantasy-Kosmos. Es sollte ein »klar erkennbares phantastisches Element« enthalten sein, und ich wollte, dass eine Person in dieser Szene auftritt. Idealerweise sollte dies die Hauptperson der potenziellen Geschichte sein. Da es sich aber nur um eine sogenannte Fingerübung handelte, war das nicht weiter wichtig.

Am Sonntagmorgen – nachdem es in der Nacht wieder für einige Teilnehmer und Dozenten sehr spät geworden war – besprachen wir die Texte, die als Ergebnis der Aufgabe entstanden waren. Einige Teilnehmer hatten tolle Arbeiten geschafft: Flugrochen schwebten über klirrendes Glas, eine Rohrblattflöte wurde gespielt, roter Nebel wallte über einen Planeten, Schiffe standen auf einem Raumhafen – die Vielfalt an Ideen und Bildern war sehr gelungen.

Nach einem anstrengenden Seminar kam am Sonntagmittag gegen zwölf Uhr die Abschiedsrunde. Die Dozenten wurden mit Lob und Kritik überschüttet, es gab eine Ladung grundsätzlicher Anmerkungen, und dann begaben sich alle auf den Heimweg. Bis zum nächsten Mal in Wolfenbüttel!

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