Ein Logbuch der Redaktion
Seit ich zum ersten Mal nach Wolfenbüttel fuhr, um dort ein Seminar für angehende Science-Fiction-Autoren zu bestreiten, sind sage und schreibe 15 Jahre vergangen. Im Frühsommer 1995 ging es zum ersten Mal in die kleine Stadt in Niedersachsen, wo ich an der Bundesakademie für kulturelle Bildung mein Debüt als Dozent gab.
Am Wochenende des 19. bis 21. November 2010 war es wieder so weit - diesmal ging es um die Science-Fiction-Kurzgeschichte, und als mein Kollege war der PERRY RHODAN-Autor Frank Borsch mit »an Bord«. Wir hatten uns im voraus per Mail und per Telefon über die Abläufe verständigt. Darüber hinaus brachten wir Aufgaben mit, die wir den Autoren stellen wollten.
Die Gruppe war diesmal recht klein: Aufgrund einiger Absagen hatten wir es nur mit neun Autorinnen und Autoren zu tun. Das stellte sich aber als ausreichend heraus. Für alle Texte stand uns richtig viel Zeit zur Verfügung, und wir konnten uns weitestgehend auf die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer einstellen.
Interessant war diesmal, dass wir getrennte Örtlichkeiten benutzten. Während wir im Gästehaus der Akademie übernachteten und dort auch Frühstück sowie Abendessen einnahmen, lief das Seminar im Schloss ab. Das brachte jedesmal einen erfrischenden Spaziergang im kühlen Herbstwetter mit sich ... auch gut!
Wir starteten an diesem Freitag, 19. November, mit viel Optimismus in das Seminar, stellten uns vor, baten die Autoren um ihre Vorstellung und erzählten viel über die Arbeit von Schriftstellern und Redakteuren. Frank Borsch hielt einen kurzen Vortrag über die Entwicklung der SF-Kurzgeschichte, informierte dabei auch über die wichtigsten Autoren und ihre stilistischen Richtungen.
Nach dem Abendessen ging es bereits an die Textarbeit: Wir nahmen uns die Kurzgeschichten vor, die von den einzelnen Autoren eingeschickt worden waren, und diskutierten gemeinsam darüber. Auf eine Anregung von Frank Borsch hin sammelten wir erst einmal die positiven Meinungen zu den Geschichten, bevor es an die Textkritik ging.
Das lief sehr gut - wir gingen teilweise sehr detailliert an die Texte heran und zeigten auf, was gut und was weniger gut geschrieben war. Erst nach 22 Uhr beendeten wir für diesen Tag das Programm.
Es ging am nächsten Morgen mit dem Besprechen der Texte weiter. Damit wurden wir im Verlauf des Nachmittags fertig. Anhand eines »8-Punkte-Plans«, den der amerikanische Autor Kurt Vonnegut einmal erstellt hatte, präsentierte Frank Borsch danach eine Möglichkeit, wie man seine eigenen Kurzgeschichten besser machen kann. Eine ganz wichtige Lehre aus dem Vonnegut-Plan, die für die meisten Autoren zutraf: Beginne die Geschichte am spätest möglichen Zeitpunkt - das bringt nämlich entsprechend Spannung und Dynamik ins Geschehen.
Dann gab's die erste Schreibübung, ausgehend von einer banal klingenden Aufgabe: In einem Raumhafen existiert eine Gepäckausgabe, und in dieser gibt es ein Problem - die Autoren sollten aus diesen wenigen Angaben eine Szene erarbeiten und diese innerhalb einer Stunde schreiben.
Ich fand interessant, welche neuen Texte die Teilnehmer nach dieser Übung präsentierten. Manche hatten es trotz des Zeitdrucks geschafft, ganze Kurzgeschichten zu schreiben, andere brachten humoristische Einlagen, aber jeder lieferte eine Textprobe, die überraschend und auf ihre Weise gelungen war.
Am Samstag abend ging die offizielle Arbeit bis nach 22 Uhr; hinterher unterhielten wir uns in einer großen, gemütlichen Gruppe, und es war wohl nach drei Uhr, als die letzten endlich ins Bett kamen. Trotzdem saßen am Sonntag morgen wieder alle an ihren Arbeitsplätzen.
Wir stellten noch eine Aufgabe, diskutierten erneut die Texte durch, beantworteten zahlreiche Fragen - und dann war auch schon zwölf Uhr mittags. Die Teilnehmer lieferten in einer Abschlussrunde noch Lob und Tadel für die Dozenten sowie die Bundesakademie, und dann konnten wir das Seminar offiziell beenden.
Mir hatte es selbst wieder viel Spaß gemacht, den Teilnehmern hoffentlich ebenfalls. Und ich lasse mich gern davon überraschen, wie sich die einzelnen Autoren in den nächsten Jahren entwickeln werden ...
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