05 Oktober 2018

Der Schwarm – ganz akustisch

Ein Logbuch der Redaktion 
 
Robert Feldhoff sagte es einmal ganz klar, als wir uns über frühe Abschnitte der PERRY RHODAN-Serie unterhielten: »Die Epoche des Schwarms ist eine Zeit, in der mehrere Milliarden von Menschen gestorben sind.« Wir waren uns im folgenden Gespräch einig darüber, dass im »Schwarm«-Zyklus eine Reihe von spannenden Geschichten entwickelt wurden, die für die Serie prägend wurden.
 
Wir waren uns auch einig darüber, dass wir vieles mochten, Figuren wie Sandal Tolk beispielsweise oder die »kosmische Ebene«, die sich hier erstmals zeigte, dass wir aber bereits als jugendliche Leser so manche Dinge einfach »nicht komplett durchschaut« hatten. Das Abenteuer zählte, die spannende Geschichte, und viele Hintergründe waren offenbar gleichgültig.
 
Das wurde mir dieser Tage wieder bewusst, als ich »Der Schwarm« bei einer Reihe von längeren Autofahrten anhörte. Mit der Stimme von Josef Tratnik am Ohr tauchte ich in die Geschichte ein, die ich in Form von Heftromanen in den ganz frühen 80er-Jahren erstmals komplett gelesen hatte. Den von Horst Hoffmann bearbeiteten Silberband hatte ich in den 90er-Jahren nur oberflächlich geblättert – somit war das Anhören der Silber Edition für mich eine Wiederentdeckung.
 
Ich versuche eine kurze Zusammenfassung, falls jemand nicht weiß, worum es in diesem Silberband und Hörbuch geht: Die Geschichte beginnt mit dem Start der MARCO POLO, dem Flaggschiff von Perry Rhodan. Im Jahr 3438 brechen die Gefährten in der fernen Galaxis Gruelfin auf, sie wollen direkt in die Milchstraße fliegen. Unterwegs kommt es zu Problemen mit dem sogenannten Homo Superior – Menschen, die sich für eine Weiterentwicklung des bisherigen Homo Sapiens handeln –, und in der Folge trifft die MARCO POLO erst 3441 in der Heimatgalaxis ein.
 
Wie man feststellt, rast mittlerweile ein kosmisches Gebilde auf die Milchstraße zu, das gigantische Dimensionen einnimmt und aus Tausenden von Sonnen sowie zahllosen Raumschiffen besteht. Zu den Begleiterscheinungen des Gebildes, das man schnell als »Schwarm« bezeichnet, zählt auch die sogenannte Verdummungsstrahlung. Überall in der Milchstraße sind intelligente Wesen auf einmal dümmer geworden – sie werden auf das Niveau von kleinen Kindern oder halbwegs klugen Tieren gebracht. Die Folge ist ein schreckliches Chaos auf allen besiedelten Welten, Perry Rhodan und seine Begleiter sind entsprechend schockiert ...
 
Das schildern die ersten Romane des Zyklus durchaus eindrucksvoll, das wird auch in der Silberbandbearbeitung deutlich, und das bringt Josef Tratnik in seiner starken Art, Texte vorzulesen, in der Silber Edition zum Ausdruck. Die Verzweiflung der wenigen Immunen angesichts der großen Aufgabe – sie müssen unzählige Verdummte versorgen, die zu den einfachsten Tätigkeiten nicht mehr in der Lage sind – wird dargestellt, die Kämpfe ums Überleben werden teilweise drastisch geschildert.
 
Für mich ist einer der Höhepunkte dieser Phase der Serie die Figur des Edmond Pontonac. Sein Abenteuer in einem Raumschiff der Schwarmgötzen – dieser Begriff wurde erst später in der Serie fixiert – faszinierte mich beim ersten Lesen sehr. Ich finde, dass sein Abenteuer auch heute noch gut zu lesen oder zu hören ist. Hans Kneifel zeigt einen schrägen Charakter, einen Mann mit seltsamem Humor, der dennoch versucht, sich und seine verdummte Besatzung so gut wie möglich durchzubringen.
 
Interessant ist darüber hinaus, wie unterschiedlich die Autoren das Thema Verdummung darstellten. Mal sind die betroffenen Menschen so albern wie Kinder, dann wieder so stumpfsinnig wie primitive Barbaren. Gelegentlich wird klar, wie schrecklich sich die Verdummung auswirkt: Zahlreiche Tote liegen – so heißt es zwischendurch – in den Straßen von Terrania.
 
Wenn man sich diese kurzen Beschreibungen vor Augen hält, wird klar, was Robert Feldhoff mit seiner Aussage meinte, die ich am Anfang zitierte: Wenn schon auf der hochtechnisierten Erde solche Zustände herrschen – wie muss es dann erst auf anderen Welten aussehen?
 
Nimmt man als Leser oder Hörer die Geschichte ernst, die »Der Schwarm« erzählt wird, muss man davon ausgehen, dass es auf der Erde während dieser Zeit einige Milliarden von Todesopfern gegeben hat. Und rechnet man das auf die Milchstraße hoch, kommen erschreckende Zahlen heraus.
 
Als junger Leser war mir das gleichgültig – ich fand die spannende Geschichte interessant genug. Höre ich mir die Romane heute an, wird mir vieles deutlicher vor Augen geführt. Die Autoren ließen solche Themen bewusst weg und beschränkten sich ebenfalls auf das pralle Science-Fiction-Abenteuer. Der düstere Charakter der Geschichte verschwindet immer wieder im Hintergrund.

Um es klar zu sagen: »Der Schwarm« hat mich als Hörbuch fasziniert und gefesselt – obwohl ich die Geschichte kannte. Aber als erwachsener Leser und Hörer bin ich an das Thema anders herangegangen wie vor über dreißig Jahren. Das verändert mein Bild, hat aber nicht die Faszination geschmälert. (Wer mir nicht glaubt, sollte das Hörbuch eben selbst anhören.) Interessant! Ich freue mich schon darauf, die Fortsetzung im CD-Player zu haben ...

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