Aus der Reihe »Der Redakteur erinnert sich«
Es ist schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal in meiner Erinnerungskiste kramte und Geschichten erzählte, die »so richtig alt« sind. Im Januar 1994 hatte ich eine Reihe von grundsätzlichen Ideenpapieren verfasst, die ich damals selbstverständlich alle klasse fand – um diese geht's auch diesmal.
Immer noch grübelte ich in jenem Januar 1994 darüber, wie wir eine möglichst gute Milchstraßen-Handlung schaffen könnten. Die Exposé-Factory wollte die Romane ab Band 1750 ausschließlich in der fernen Galaxis Hirdobaan spielen lassen, aber ich hielt das für riskant. »Die Leser wollen doch wissen, wie es in der Milchstraße aussieht und was auf der Erde passiert«, argumentierte ich in zahlreichen Gesprächen, die ich mit Ernst Vlcek und Florian F. Marzin führte.
Mein Konzept sah unter anderem vor, eine Handlung zu konstruieren, die parallel zum geplanten Hamamesch-Zyklus laufen sollte. Hier empfand ich die bisherigen Ideen als nicht ausreichend genug – zu der Zeit hatte Robert Feldhoff seine brillante Idee mit Gomasch Endredde nicht in den Ring geworfen – und suchte nach einer Möglichkeit, das Ganze aufzuwerten.
Mein Plan sah vor, dass »jene Menschen, die auf der anderen Seite des Möbiusstreifens waren und alles überlebten, eben doch mit einem ›Knacks‹ zurückkehren«. Im Nachhinein wird klar, wie sehr ich mich bei dieser Überlegung vom 600er-Zyklus und der PAD-Seuche beeinflussen ließ ... Mein Plan ging in eine ähnliche Richtung: »Sie schleppen auf ihren Planeten eine Krankheit ein, eine Art Schwermut-Seuche, welche die Leute in ihrer Umgebung lethargisch werden lässt – und irgendwann krepieren sie und die anderen ›Opfer‹ daran.«
Die Seuchen-Idee faszinierte mich offensichtlich. Zu der Zeit war klar, dass wir den Mars »austauschen« würden, und ich wollte das ebenfalls verknüpfen. Ich postulierte, das vom Mars oder der auszutauschenden Welt ein »unheilvoller Einfluss ausgeht, der denselben Effekt hat«. Und ich wollte, dass die Terraner noch einmal »auf die andere Seite des Universums« gehen müssen.
Sie müssen schließlich gegen die Seuche angehen, und Perry Rhodan müsse gezwungen sein, »erneut einen Pakt mit Moira zu schließen«, also einen Pakt mit dem Teufel. Meine Überlegung: »Er fliegt mit ihr ein letztes Mal zur Großen Leere, sucht auf Charon nach Spuren – das ist die einzige Möglichkeit, wo man was finden kann. Und dort finden die beiden in der Erstarrung ein Wesen, das nicht dahin gehört, das man bisher auch nicht finden konnte.«
Ich wollte auch deshalb einige Hauptfiguren zurück an die Große Leere führen, weil ich der Ansicht war, dass dort »eine Reihe von interessanten Fragen offengelassen« worden war. Meiner Ansicht gehörten dazu »unter anderem die Struktur der Damurial-Allianz oder die Symbiose zwischen Gish und Vatachh«.
Grundsätzlich wollte ich die Handlungsebenen stärker trennen und vor allem die Personen an verschiedenen Stellen in den Einsatz schicken. Erst gegen Ende des Zyklus wollte ich sie zusammenführen.
Die Geschehnisse im Arresum – also auf der anderen Seite des Möbiusbandes – hatten mir tatsächlich nicht gefallen, obwohl ich an dieser Arbeit schon beteiligt gewesen war: Zu viele Zellaktivatorträger waren stets »auf einem Haufen« unterwegs gewesen, was die Arbeit der Autoren immer erschwert hatte: Wer sechs oder acht Hauptfiguren auf einmal schildern muss, kann eigentlich kein optimales Ergebnis erzielen, denn es kommt fast immer eine Zersplitterung der Handlung heraus.
Die klare Absicht: »Das Hamamesch-Problem wird von Atlan und Homer G. Adams gelöst, auch mit Hilfe von Gucky (ein fetter Mutant – den kann nur Gucky umlegen); und durch die längere Abwesenheit Atlans von Arkon kann das Arkon-Problem schön weiter schwelen.« Und Perry Rhodan selbst ... der sollte sich zuerst um die Milchstraße, um die dortige Schwermut-Seuche und dann eben um die Große Leere kümmern. Ich wollte »Perry als Person stärker in den Vordergrund stellen« und fand es für »nötig, ihn wieder in eine sehr exponierte Stellung zu bringen«.
Mein Versuch, die laufende Handlung zu ändern, griff übrigens in den noch laufenden Zyklus ein. Bereits in den Bänden zwischen 1700 und 1749 sollte die BASIS »eigentlich irreparable Schäden« erleiden. Daraus sollte die Hamiller-Tube für sich eine Konsequenz ziehen: Letztlich sollte sie sich einen eigenen »Überlebenstank« schaffen und damit selbständig flüchten.
»Wir haben dann die Möglichkeit, Hamiller auf diese Weise aus der Handlung verschwinden zu lassen«, argumentierte ich. In der Tat gelang es uns im Verlauf des Hamamesch-Zyklus, die häufig schlecht handhabbare Hamiller-Tube »aus der Handlung zu schreiben«. Allerdings in einer ganz anderen Art und Weise, als ich das in meinem Konzept angedacht hatte.
In meinem Konzept wollte ich die beschädigte und notdürftig reparierte BASIS »im Gammeltempo« in die Milchstraße fliegen lassen. Einige schnelle Fernraumschiffe wie die ATLANTIS sollten aber schon zuvor zurückreisen – und deren Besatzungsmitglieder sollten die Schwermut-Seuche auslösen, die dann Perry Rhodan einige Zeit später dazu bewegen sollte, wieder an die Große Leere zu fliegen.
Klingt kompliziert? War auch reichlich kompliziert ... Und es ist richtig, dass dieses Ideenpapier in diesen Phasen überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Zwar wären viele Geheimnisse der Großen Leere gelüftet worden, man hätte die Handlung aber durch lange Flüge künstlich dehnen müssen. Und dass die Schwermut-Seuche nicht in Romane umgesetzt wurde, finde ich im Nachhinein sehr positiv ...
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