Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Es war am ersten Juni-Wochenende des Jahres 2000; eine der vielen Dienstreisen, die ich in diesem Jahr am Wochenende absolvierte. An diesem Samstag stand ich in aller Herrgottsfrühe auf und fuhr mit der Bahn nach Köln. Dort stieg ich in Köln-Deutz aus, begab mich direkt zu den Messehallen und freute mich gleich: Schon nach wenigen Metern stieß ich auf das erste PERRY RHODAN-Plakat.
An diesem Wochenende wurde das sogenannte Medienforum NRW in Köln veranstaltet, und Eckhard Schwettmann hatte in seiner Funktion als Verlags- und Marketingleiter wieder einiges getan, um PERRY RHODAN ins Gespräch zu bringen. Keine schlechte Idee, denn diese Fachveranstaltung richtete sich an alle möglichen Medienschaffenden im Großraum Nordrhein-Westfalen.
Es war der Sommer 2000, das Internet war immer noch eine relativ neue Geschichte, und an allen Ecken entstanden sogenannte Start-Up-Unternehmen. Millionen und Milliarden wurden in die neue Branche gesteckt, zahlreiche Firmen kämpften um einen wachsenden Markt – und in Köln präsentierten sich alle, die auch nur im weitesten Sinne damit zu tun hatten.
Die Messehallen zeigten sich also von einer bunten Seite: Verlage und Radiostationen, Internet-Firmen und einzelne Journalisten, Web-Designer und Filmproduzenten, Werber und Marketingleute tummelten sich, trafen sich zu Besprechungen und hofften alle darauf, in dem Milliardengeschäft ihren Teil abzubekommen. (Und keiner konnte sich vorstellen, dass ein Jahr später ein gigantischer Krisen-Katzenjammer die Szene schütteln sollte, der zahlreiche Firmen in den Abgrund riss.)
Die meisten der Anwesenden waren Männer zwischen 25 und 35 Jahren, Frauen sah ich nur selten. Man trug selbstbewusst entweder Anzüge – oft mit buntem Hemd darunter – oder gleich ein leicht »flippiges« Outfit. Medienmenschen in den späten 90er Jahren gaben sich gern Mühe, sich von der »breiten Masse« auch optisch zu unterscheiden.
Ich fand es stark, dass sich PERRY RHODAN in diesem Umfeld so selbstbewusst präsentierte. Mit Eckhard Schwettmann sowie unserem Kontaktmann Peter Verhoff bummelte ich durch die Messehallen; die beiden kannten viele Leute, mit denen ich bekannt gemacht wurde, deren Namen ich leider sehr schnell wieder vergaß. Einige von ihnen waren beim PERRY RHODAN-WeltCon gewesen, der erst ein halbes Jahr zuvor in Mainz stattgefunden hatte, andere hatten die Serie schon einmal gelesen.
Und überall hingen unsere Plakate. »PERRY RHODAN präsentiert ...« versprachen sie an Säulen und in jeder Messehalle. Jeder, der das Medienforum besuchte, wurde also mit unserer Serie konfrontiert – damit erreichten wir eine schöne Aufmerksamkeit bei sogenannten Multiplikatoren. Wir präsentierten einen Vortrag über die »Medien im 49. Jahrhundert«, und das passte unserer Ansicht nach hervorragend zum gesamten Medienforum.
Etwas ungewöhnlich war allerdings der große Raum, in dem das ganze stattzufinden hatte. Es handelte sich um eine Art Saal zwischen den vielen Ständen, in dem es zwar Sitzgelegenheiten gab, der aber von vielen Leuten nur dazu genutzt wurde, von einem Eck der Halle zum anderen zu gehen oder zwischendurch eine Pause einzulegen. Insgesamt hörte vielleicht ein Dutzend Besucher den Programmpunkt komplett an. Immer wieder aber blieben Leute stehen, vielleicht nur fünf Minuten lang, und interessierten sich so für PERRY RHODAN.
Eckhard Schwettmann sprach als Verlagsleiter einführende Worte, stellte dem Publikum die PERRY RHODAN-Serie im allgemeinen vor und begleitete danach meinen Vortrag mit einer Power-Point-Vorführung – damals etwas völlig neuartiges! –, die meine Worte gut illustrierte. Ich erzählte etwas über die Medienentwicklung in der Serie, angefangen von den frühen Darstellungen in den ersten PERRY RHODAN-Heften bis hin zur aktuellen Technik.
Unter anderem schwärmte ich den Besuchern von der »Simusense«-Handlung vor, ohne das Gefühl zu haben, dass sie verstanden, wovon ich sprach. (Einige Jahre später kam »Matrix« in die Kinos, und niemand wollte mir glauben, dass die PERRY RHODAN-Serie bereits Mitte der 80er Jahre dieses Handlungselement umgesetzt hatte.) Dann ging ich auf die Kultur der Nonggo ein, stellte diese als ein »zu Ende gedachtes Internet« vor. Das fanden sicher viele interessant, die an dieser Stelle zuhörten, denn damit hatte ich den Nerv der Messe getroffen.
Immerhin erhielt ich am Ende meines Vortrags einen schönen Applaus, bevor sich die überschaubare Zuschauermenge verlief. Mir war klar, dass der eigentliche Werbeeffekt der Veranstaltung nicht mein Vortrag gewesen war, sondern die Tatsache, dass jeder Besucher PERRY RHODAN an allen Plakatwänden sah und die Serie gleichberechtigt im Programm auftauchte.
Nach einigen Gesprächen mit Journalisten und Medienpartnern hatte ich das erste Interview, das ich für ein Internet-Fernsehprojekt gab. Es handelte sich um die Anfänge von »IP-TV«, wie man das heutzutage gern nennt und das im Sommer 2000 noch in den Kinderschuhen steckte. Die Bilder ruckelten, und nur wenige Nutzer verfügten über ausreichend gute Datenverbindungen, um alles schön angucken zu können.
Aber ich fand das Thema natürlich sehr spannend, freute mich auf das Interview und gab meine Antworten so professionell wie möglich. Anschauen konnte ich mir das Interview übrigens nicht: Weder mein privater Internet-Anschluss noch der in der Firma waren schnell genug oder verfügen über die entsprechenden Programme ...
Ich nutzte die Chance, in Köln zu sein, zu einem Termin mit Uwe Anton, der zu dieser Zeit in der Domstadt wohnte. In einer Eckkneipe im Hauptbahnhof setzten wir uns bei eher schlechtem Salat und trinkbarem Bier sowie Wein zusammen, um einige neue Projekte zu besprechen. Damit hatte ich einen Abschluss für meine Dienstreise gefunden, der mehr mit Inhalten zu tun hatte und weniger mit Vermarktung – und gegen Mitternacht war ich wieder zu Hause.
Es war mein erster und mein letzter Besuch auf einem Medienforum NRW.
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