Ein Logbuch der Redaktion
Spreche ich heute mit jüngeren Science-Fiction-Interessierten, wissen die mit dem Begriff »Fandom« nichts anzufangen. (Für diejenigen, die es nicht wissen: Der Begriff ist von »Fan« und »Kingdom« abgeleitet, bedeutet also seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts so etwas wie das »Königreich der Fans« oder schlichter »die Szene der Science-Fiction-Fans«.) Meist hielten diese SF-Interessierten noch kein Fanzine in den Händen und können sich von daher nicht vorstellen, dass ich diese Szene in den 80er Jahren mal so spannend und aufregend, so bereichernd und unterhaltsam fand.
Und denke ich an die Anfänge des Fanzines »Fandom Observer«, fällt mir unweigerlich das Jugendzentrum »Murgtäler Hof« in Freudenstadt ein. Das war ein Gebäude aus der sogenannten Gründerzeit, über hundert Jahre alt und schon ein wenig heruntergekommen. In seinem großen Veranstaltungsraum veranstaltete unsereins in den 80er Jahren abwechselnd Science-Fiction-Cons und Punk-Konzerte, zeitweise mit denselben Leuten als Helfer und Unterstützer.
Dort tummelten sich dann vor über zwanzig Jahren die üblichen paar Dutzend Menschen, allesamt im Alter zwischen 15 und maximal 30 Jahren, tranken Bier und futterten Chips, redeten über allerlei Unfug und nebenbei auch über Science Fiction. Und auf einmal hingen überall in diesem Jugendzentrum, vor allem im Veranstaltungsraum, Plakate im A4-Format, in denen ein neues Fanzine angekündigt wurde.
»Fandom Observer« sollte das neue Blatt heißen, die Werbung war frech und auftrumpfend, und als Verantwortliche stellten sich Markus Sämisch und Martin Kempf vor, die mir zuletzt durch Blätter wie das »Fanzine of Niederrhein« aufgefallen waren.
Das war der Anfang – und was daraus wurde, kann ich jeden Monat sehen und lesen. Seit über zwanzig Jahren erscheint der »Fandom Observer« in einer erschütternden Regelmäßigkeit, betreut von unterschiedlichen Redakteuren und mit wechselnden Schwerpunkten. Wenn das neue Heft kommt, ziehe ich es super-interessiert aus dem Briefumschlag und lese es meist schnell. Die kostenlose Online-Ausgabe, die man als PDF herunterladen kann, ignoriere ich und bevorzuge weiterhin die Papierversion.
Gelegentlich denke ich bei der Lektüre an Markus Sämisch – einen der zwei Gründer von damals – und andere Weggefährten jener Tage, die nicht mehr unter uns sind, und werde traurig. Manchmal ärgere ich mich über Beiträge und stelle in solchen Fällen fest, dass ich zwar immer noch Science-Fiction-Fan bin, von den meisten aber eben nur noch als »der Perry-Redakteur« wahrgenommen werde.
Gelegentlich sitze ich auch mal da, halte das Fanzine nach der Lektüre in der Hand, frage mich erstaunt »war's das?« und bin dennoch froh, dass es den »Fandom Observer« gibt. Bei aller Kritik: Das Heft ist nicht mehr so wichtig wie etwa 1995 oder 1990 und so gut ist es wahrscheinlich auch nicht – aber ich freue mich über jede Ausgabe, und ich freue mich, dass die Szene immer noch »observiert« wird.
Wer es noch nicht kennt, dem empfehle ich einen Blick auf die Homepage, auf der die Ausgaben zum Download bereitstehen. (Die Jubiläums-Ausgabe 250 kommt in Farbe und kostet als Print-Version nur drei Euro.) Und natürlich empfehle ich jedem die Lektüre des Heftes, damit diese Art von Fan-Szene noch viele Jahre bestehen mag.
Auf die nächsten 250 Ausgaben!
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