Zu der Besprechung am Mittwoch, 15. Oktober 2003, gab es eine Reihe von Vorbereitungen. Wir hatten im Voraus einige Mails gewechselt. Klaus Bollhöfener hatte zudem einige Male mit Swen Papenbrock telefoniert, nicht nur wegen dessen aktueller Titelbilder, sondern vor allem wegen des Projektes, das nun endlich spruchreif werden sollte.
Swen verfolgt seit einiger Zeit eine Idee, die wir spannend fanden. Und so fuhr er an diesem Tag mit drei Kollegen aus dem Großraum Kassel nach Rastatt, um sich mit uns an einen Tisch zu setzen. Miriam Hofheinz und Klaus Bollhöfener vom PERRY RHODAN-Marketing nahmen teil, ich war für die Redaktion dabei. Ebenso waren Oliver Reiff von unserer Internet-Agentur Trilobit anwesend, dazu ein Kollege aus der EDV.
Thema war ein Browserspiel, das auf Basis der Marke PERRY RHODAN verwirklicht werden sollte. Die meisten Computerspiele zu dieser Zeit wurden in Form von Boxen verkauft, die sehr groß und teuer waren und eigentlich nur eine CD-ROM sowie ein Handbuch enthielten. Immer mehr Hersteller setzen zu der Zeit auf Browserspiele, auf Spiele also, die im Internet ausgetragen wurden und wo der Computer auf dem heimischen Schreibtisch eigentlich nur den Zugang zur Spielwelt bot.
Bereits im Dezember 1999 hatten uns Hermann Ritter und Jens Scholz in einem Vortrag auf dem PERRY RHODAN-WeltCon auf Browserspiele eingeschworen. »Die Zukunft des Spielens liegt im Internet« hatten die beiden damals sehr prophetisch ausgesagt. Entsprechend gespannt war ich: Das Manuskript des Vortrags aus dem Jahr 1999 hatte ich mir noch einmal durchgelesen. Waren wir endlich soweit, dass wir dieses Thema angehen konnten?
Wie uns die Kollegen aus Kassel gleich zu Beginn unserer Besprechung erläuterten, hatten sie ein großes Interesse daran, die Welt unserer Serie in ein Browserspiel zu verwandeln. Ihnen waren die Details der Serie wichtig, sie wollten eng mit der Redaktion und dem Marketing in Rastatt zusammenarbeiten.
Wir waren uns schnell einig, dass es einen Berater für technische Fragen geben sollte, einen Autor oder einen sehr gut informierten PERRY RHODAN-Fan. Es war ebenfalls klar, dass dieser Berater – ebenso wie Swen Papenbrock für die optischen Fragen – nicht von uns bezahlt werden sollte, sondern von unseren potenziellen Partnern.
Das Browserspiel sollte mit Unterstützung einer großen Internet-Plattform verwirklicht werden, bei dessen Namen wir aufhorchten. Wenn er auf seiner Startseite immer auf das Spiel hinweisen könnte, brächte das eine große Aufmerksamkeit. Auch das war zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich; Spiele wurden beispielsweise durch die Internet-Auftritte der großen Fernsehsender stark beworben.
Das Ziel war ernsthaft, bereits im Januar fertig zu sein. »Januar 2003?«, fragte ich ungläubig. Das wurde mir bestätigt; man habe schon einiges vorbereitet. Aber der Januar 2003 sei nur der Termin für einen »zweimonatlichen Public Beta Test«. Bis das Spiel dann »so richtig fertig« sei, könnten also noch einige Monate vergehen.
Ich notierte mir: »Start des fertigen Spiels wohl im Sommer 2004«. Das fand ich aber ebenfalls gut. Wir könnten dann im Verlauf der kommenden Monate immer wieder auf das geplante Spiel hinweisen und es über unsere Kanäle im Gespräch halten.
Die Kollegen aus Kassel wünschten sich »einen Bezug zur aktuellen Handlung«. Für mich bedeutete das, dass der geplante Zyklus ab Band 2200 damit zu tun haben könnte.
»Somit könnten auch aktuelle Handlungsstränge und Begrifflichkeiten aufgenommen werden«, stand hinterher im Protokoll, »und so auch Spieler aber Nicht-Leser an PERRY RHODAN heranführt werden«.
Wir sprachen über die finanziellen Grundlagen. Man ging davon aus, dass die Spieler eine Art Abonnement abschließen würden; davon sollte die Marke PERRY RHODAN einen prozentualen Anteil bekommen. Bei den Details würden wir zeitnah eine Einigung erzielen, dachte ich.
Wir vereinbarten, dass die PERRY RHODAN-Redaktion einen Vertrag erarbeiten würde, den wir als Entwurf nach Kassel schicken würden. Sobald wir die Grundzüge geregelt hatten, konnten wir an die eigentliche Arbeit gehen …
(Um es gleich vorwegzunehmen: Leider wurde aus den ganzen Planungen nichts. Die Spieleentwickler und ihre Firma verschwanden bald spurlos, und Swen Papenrock war damals sehr enttäuscht. Aber für einige Wochen waren wir im Herbst 2003 sehr euphorisiert.)
(Diese Redakteurserinnerung wurde bereits im August auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier teile ich sie aus dokumentarischen Gründen.)