28 Februar 2011

Eine Handlung für die Milchstraße

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Die grundsätzlichen Gedanken, die ich mir im Januar 1994 machte und die ich in ein umfangreiches Ideenpapier packte, gingen teilweise sehr weit in die Zukunft. Das alles hatte aber auch damit zu tun, dass ich mit der laufenden Handlungsführung nicht hundertprozentig zufrieden war. Mir kam die Entwicklung der Handlung ein wenig zu unbestimmt vor, sie wurde von Ideen beeinflusst, die in einer Bierlaune entstanden waren und auch rasch wieder in Vergessenheit gerieten.

Mir war wichtig, dass beispielsweise die Milchstraße als zentraler Ort für die Romanhandlung aufgewertet wurde. Zwar hatte mir durchaus gefallen, wie im Ayindi-Zyklus zwischen den Bänden 1700 und 1749 die Basare der Hamamesch in den Romanen auftauchten und so auf den kommenden Hamamesch-Zyklus neugierig machten. Gleichzeitig hatte ich aber in schlechter Erinnerung, wie unlogisch ich die Akonen-Geschichten zwischen den Bänden 1600 und 1649 gefunden hatte.

Es war um diese Zeit bereits klar, wie der laufende Zyklus weitergehen sollte. Die Romane sollten in der fernen Galaxis Hirdobaan spielen, aber ich fand das nicht ausreichend. »Die Milchstraßen-Handlung ist nicht handlungstragend für die Gesamthandlung, dessen bin ich mir natürlich bewusst«, schrieb ich und forderte, die Milchstraße müsse »klarer strukturiert werden«. Ich wurde in meiner internen Kritik recht konkret: »Das bisherige Vorgehen - zuerst mal ein bisschen die Akonen, dann die Galactic Guardians, dann wieder die FAMUG - gefällt mir nicht, da müssen m.E. glaubwürdigere Zusammenhänge her.«

Eine meiner Forderungen: Der »Gegner in der Milchstraße« müsse ein »Hintergrund-Sparringspartner« sein, ich sah ihn »als dauerhaften Feind für mehrere Zyklen« und griff auf eine Idee von Ernst Vlcek zurück. Er hatte die Galactic Guardians eingeführt, und diese wollte ich weiter benutzen. Sie seien »Grundstock für die Struktur einer intergalaktischen Mafia, vergleichbar mit der alten Condos Vasac zu Zeiten des Solaren Imperiums« - so mein Vorschlag. Diese Macht müsse »mit Einfluss bis in höchste Positionen des Galaktikums ausgestattet sein und auf verschiedenen Ebenen arbeiten«.

Bei diesem Gedankengang achtete ich vor allem auf populäre Kinofilme, in denen es immer wieder um höchst komplexe Verbrechen ging. Ich stellte mir vor, solche Geschichten in einer Science-Fiction-Serie erfolgreich umsetzen zu können: »einerseits eher profane Dinge wie Piraterie, Drogenhandel, Waffenhandel etc.pp., andererseits viel gefährlichere Sachen wie die Einflussnahme auf Politiker und Wirtschaftsleute«. Eine solche Organisation würde für die Autorenarbeit »immer wieder was zum ›Einflechten‹ bieten, ohne dass wir eher hilflose Konstrukte wie die Blaue Legion brauchen«.

Ich spitzte die Argumentation zu: »Eine intergalaktische oder gar in der ganzen Lokalen Gruppe tätige Mafia ist allemal gefährlicher als ein Haufen von Wirrköpfen.« Später setzten wir davon einen Teil um. Als wir aber mit dem Thoregon-Gesamtkomplex anfingen, benötigten wir allerdings bald keinen »Sparringspartner« mehr, und die Galactic Guardians versanken langsam in der Vergessenheit ...

Was noch später umgesetzt wurde, war meine Forderung, Arkon stärker einzubinden. »Wir können Arkon als Gegenstück (nicht Feind) zu Terra somit immer gut in die Handlung einflechten«, schrieb ich und schlug vor: »Die nationalistische Gruppierung - um Theta von Ariga und Kassian - im Arkon-System erlangt immer mehr Einfluss und gewinnt in den Jahren 1219/1220 auf demokratischem Wege die Macht im alten Imperium. Mit einer konsequenten ›Heim-ins-Reich‹-Politik (die muss ja gar nicht militärisch ablaufen) bauen die Arkoniden in den Folgejahren ihr altes Imperium wieder auf.«

Wer sich nicht mehr daran erinnert: Jahrelang spielten die Arkoniden in der PERRY RHODAN-Serie keine relevante Rolle mehr, und das fand ich unlogisch. »Zu Karl-Herbert Scheers Zeiten hatte das Arkon-Imperium einige zigtausend Sonnensysteme, das heutige Imperium hat gerade mal einige hundert«, argumentierte ich: »Dass die Arkoniden dann aber - mit Hilfe der Springer beispielsweise - auch das Handelsmonopol der Kosmischen Hanse in Frage stellen und auf eigene Faust Handel mit fremden Galaxien treiben, halte ich für gut geeignet, ›Hintergrund‹ für die Handlung zu liefern.«

Später kam das ganze natürlich ganz anders: Robert Feldhoff hatte die geniale Idee, Bostich I. als Imperator einzuführen, und Rainer Castor schuf mit seinen Arbeiten den kompletten Hintergrund für das Arkon-Imperium, wie es in den 90er Jahren und danach handlungsbestimmend in der PERRY RHODAN-Serie wurde.

Eher fan-orientiert von meiner Denke her waren meine Überlegungen zu den Handelswegen. Immer wieder war in den Romanen geschildert worden, dass es »Hanse-Karawanen in der Lokalen Gruppe und Karawanen nach außerhalb« gab, und darauf wollte ich aufbauen. So hatte Ernst Vlcek in Band 1660 die »Priesterberg-Handelsstraße von Aralon zu den Hauris« erwähnt; ich wollte das Ganze aber stärker unterfüttern.

In meinem Konzept überlegte ich: »Zudem bieten Handelswege etwa zum Herzogtum von Krandhor (wird das noch von den Aychartan-Piraten bedroht?), zur ehemaligen Mächtigkeitsballung von Seth-Apophis, ins Reich der 30 Galaxien der Anoree, nach Gruelfin und M 87 oder in die Laren-Galaxis immer wieder Möglichkeiten.«

Heute bin ich froh, dass wir das nicht umgesetzt haben. Die Handlung wäre zerfasert, sie hätte weniger Anhaltspunkte gefunden, und mit dem Thoregon-Zyklus fanden wir später ohnehin eine Möglichkeit, viele fremde Galaxien vorzustellen und den Autoren so riesigen Spielraum für ihre Ideen und Romane zu liefern ...

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