Aus der Reihe »Der Redakteur erinnert sich«
Seit ich 1992 mein Büro in der PERRY RHODAN-Redaktion bezogen hatte, beschäftigte ich mich mit dem sogenannten Arresum, der »negativen Seite« des Universums. Kein Wunder: Als ich die ersten PERRY RHODAN-Romane lektorierte, bahnte sich gerade das »Große Kosmische Rätsel« an, und wir arbeiteten an der Handlung mit Ayindi und Ennox. Im Jahr 1993 kam die Handlung an der Großen Leere, und 1994 ging es darum, wie die Zellaktivatorträger um Perry Rhodan im völlig lebensfeindlichen Arresum den Kampf gegen die tödliche Abruse aufnehmen.
Ende des Jahres 1994 war für mich klar, dass wir im laufenden Ayindi-Zyklus die vielen Fragen, die sich den Lesern stellten, nicht alle aufklären wollten und auch nicht konnten Und so entwickelte ich ein Ideenpapier für einen neuen Zyklus, das ich Ende 1994 der Exposé-Redaktion präsentierte. Dieser Tage hielt ich es in den Händen und las es noch einmal durch – und wenn ich es mir nach fast 15 Jahren anschaue, fällt mir ein, wie sich mein Blick auf die Arbeit seit damals verändert hat ...
Es war eines von vielen Ideenpapieren, die zu jener Zeit entstanden; auch Autoren wie Peter Terrid oder Arndt Ellmer reichten grundsätzliche Konzepte ein, in denen es um die weitere Fortführung der PERRY RHODAN-Handlung nach Band 1799 ging. Mir hatte es vor allem der sogenannte Möbiusstreifen angetan, jene Analogie, mit der in der PR-Serie die zwei »Seiten« des Universums skizziert worden waren.
Meine grundsätzliche Überlegung kam nicht ohne einen gewissen Pathos: »Einige Hintergründe des Möbiusbandes sind von uns nie geklärt worden, das sollten wir nachholen. Gerade die Verwicklungen durch die Zeit, die negative Strangeness, die Strangeness der Zeit etc.pp. Bei der folgenden Konzeption hätten wir die Gelegenheit dazu.«
Mir war das sogenannte Doppelkörper-Problem nicht ganz klar, und ich wollte es nachträglich lösen. Immerhin hatten wir den Lesern im Verlauf der Romane ab Band 1650 viel Anlass zum Grübeln gegeben: Woher kam der zweite Zellaktivator, und welche Funktion hatte die Strangeness der Zeit, deren Existenz man ja eigentlich für ausgeschlossen halten musste?
Ein Punkt in meiner Konzeption war eine Zeitreise: Ich wollte Perry Rhodan in Begleitung verschiedener Terraner – darunter der Mutanten – unglaubliche fünfzig Millionen Jahre in die Vergangenheit der Milchstraße schicken. Dort sollte er auf ein mysteriöses Ur-Volk treffen, über das ich mir noch keine Gedanken gemacht hatte. Und er sollte nach Terra fliegen, um dort festzustellen, dass dieses Ur-Volk auf dem unbedeutenden Urweltplaneten diverse Stationen errichtet hatte.
Mein Plan, den ich als zentrales Element dieser Idee betrachtete: »Rhodan und Co. schicken aus der Vergangenheit Botschaften zur Erde der Gegenwart. Das ist ja nicht so sehr schwierig, denn Rhodan und Co. wissen beispielsweise, wie es in der Gegenwart aussieht und wo derzeit irgendwelche Erdarbeiten oder so was anstehen.«
Als weiteres Thema wollte ich den Neo-Mars nehmen, jenen Planeten, der innerhalb der Serienhandlung kurz davor gegen den kristallverseuchten Mars eingetauscht worden war und der unter dem Namen Trokan zu jener Zeit noch nicht handlungstragend war. Dieser Planet sollte eine Welt sein, die dauerhaft sowohl im Arresum als auch im Parresum existierte. Und das legendäre Ur-Volk hatte in der Vergangenheit vor fünfzig Millionen Jahren unter anderem mit Trokan seine Experimente angestellt, aber auch in der Kleingalaxis Fornax umfangreiche Arbeiten vorgenommen.
Soweit die drei Eckpunkte meiner Möbiusband-Idee, die – wenn ich sie heute betrachte – ziemlich hanebüchen klingt. Ich hatte den Ehrgeiz, mutmaßliche Fehler, die sich bei der Zykluskonzeption ergeben hatten, durch mein Ideenpapier auszugleichen. Dabei ging es mir nicht unbedingt darum, eine neue eigene Geschichte zu erzählen, sondern offensichtliche Handlungslücken zu stopfen.
Schaue ich mir heute das Arbeitspapier an, ist mir völlig klar, warum es von Florian F. Marzin und Ernst Vlcek abgelehnt worden ist. Heute würde ich es ebenfalls sehr kritisch finden und ablehnen – es wirkt in sich nicht schlüssig und enthält keine wirklich gute Idee, mit der sich ein Zyklus über fünfzig oder hundert Bände erzählen ließe. Letztlich sieht man dem Papier den fannischen Geist noch an, der mich zu jener Zeit noch »beseelte« ...
Selbstverständlich war ich enttäuscht, als meine Ideen abgelehnt wurden – aber das war und ist nichts besonderes. In einem Gemeinschaftswerk wie PERRY RHODAN können nicht alle Ideen umgesetzt werden, auch und gerade nicht die des Jung-Redakteurs, der nach zwei Jahren noch nicht alle Details der Autorenarbeit kennt.
Letztlich kam ohnehin alles anders. Wie allgemein bekannt, entwickelte Robert Feldhoff quasi im Alleingang das THOREGON-Konzept, das in der Exposé-Besprechung zwischen ihm, Ernst Vlcek und mir dann auch für hervorragend befunden und umgesetzt wurde. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte.
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