Ein Logbuch der Redaktion
Das LesArt-Festival in Dortmund ist eine Literatur-Veranstaltung, die sich buchstäblich über Wochen hinwegzieht: In dieser Zeit gibt es verschiedene Lesungen, Workshops und Vorträge, die sich mit Literatur beschäftigen. Und die Zeitschrift »Unicum« veranstaltet ein Seminar für junge Autorinnen und Autoren.
Nachdem ich bereits 2006 an diesem Seminar als Dozent teilnehmen durfte, wurde ich in diesem Oktober 2007 erneut als Dozent »verpflichtet«. Mit mir war Kathrin Lange tätig, die historische Romane und Kinderbücher veröffentlicht; unter ihrem Pseudonym Cathrin Hartmann verfasste sie zudem einen ATLAN-Heftroman sowie ein PERRY RHODAN-Taschenbuch. Auch Hartmut Kasper war erneut als Dozent dabei – unter seinem Pseudonym Wim Vandemaan arbeitet er seit einiger Zeit im PERRY RHODAN-Autorenteam mit.
Unter der Leitung von Claudia E. Kraszkiewicz begleiteten wir insgesamt 16 Autorinnen und Autoren durch das Wochenende. Die Teilnehmer hatten im Vorfeld eine Geschichte eingereicht, die sich im weitesten Sinn mit dem Thema »Reisen« beschäftigte; diese Geschichten besprachen wir gleich zu Beginn.
Nicht zum ersten Mal bei einem Schreibseminar überraschte die Bandbreite der Texte: humoristische Gegenwartsgeschichten, fantastische Kurzgeschichten, aber auch Traumsequenzen und extrem verdichtete Prosa. Meist sagte zuerst einer von uns Dozenten etwas zur Geschichte, dann wurde sie diskutiert. Das heißt in diesem Fall, dass auch konkrete Hinweise dazu gegeben wurden, was man verändern könnte, um den Text besser zu machen.
Bereits am Freitag abend beantworten die Dozenten darüber hinaus Fragen zum Literaturbetrieb. Vor allem Kathrin Lange konnte einiges aus ihrem Erfahrungsschatz als Autorin weitergeben, während ich gelegentlich die »Innensicht« einer Redaktion verdeutlichte. Es ging recht lang; die meisten Autorinnen und Autoren diskutierten noch nach Mitternacht weiter. Die Eigendynamik eines Seminars – es bilden sich Freundschaften und Cliquen – erwies sich auch hier wieder.
Am Samstag morgen, 27. Oktober, ging die intensive Textarbeit weiter; bis zum Mittagessen besprachen wir alle Texte. Dann stellte Kathrin Lange eine Aufgabe, nach der neue Texte geschrieben werden mussten. Drei dieser Texte wurden beispielhaft im Plenum besprochen, bevor die Arbeit »vertieft« werden sollte. Dabei erhielten die Autoren die Terminvorgabe, ihren Text bis zum Morgen fertig zu stellen.
Der Abend gehörte nämlich einer öffentlichen Lesung im Theater »Fletch Bizzel«. Das Programm bestand aus drei Teilen: Zuerst präsentierte Grobilyn Marlowe als Moderator, der nebenbei Zaubertricks aufführte, die Teilnehmer eines Slam-Poetry-Workshops. Dabei traten ein 15 Jahre alter Jung-Autor, eine 17jährige Autorin, ein Dichter mit Gitarre (sein Lied hieß »Pommesbuden-Girl«) und der Autor Thorsten Sträter auf, die ihre Texte zum Besten gaben.
Anschließend präsentierte der in Freiburg lebende Schriftsteller Dietmar Dath (ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift »Spex«, später Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) Auszüge aus seinen Büchern »Waffenwetter« und »Dirac«. Die sprachlich beeindruckenden Texte, deren Wortwitz begeisterten, rissen das Publikum sogar zu Szenen-Applaus hin.
Den Abschluss bildete Hartmut Kasper, der sein neues Buch präsentierte: »Drei-Männer-Eck« hat mit PERRY RHODAN nichts zu tun, ist stattdessen ein grotesker Ruhrgebiets-Roman mit teilweise haarsträubenden Szenen. Kein Witz: Ich habe noch nie bei einer Lesung so viel gelacht. Kein Wunder, dass der Autor sogar genötigt wurde, eine Zugabe zu geben.
Obwohl wir an diesem Samstag abend doch recht lange zusammensaßen, ging es am Sonntag morgen, 28. Oktober, für die Autorinnen und Autoren früh ans »Eingemachte«: Sie mussten ihre Texte, die sie am Vortag neu geschrieben hatten, auf der Bühne zum Besten geben. Dazu gingen wir ins »Domicil«, ein ehemaliges Kino, das zu einer Jazz-Bühne umfunktioniert worden ist.
Der professionelle Rahmen bereitete mancher und manchem Vorab-Ängste – wozu kein Grund bestand. Praktisch alle Texte, die auf der Bühne vorgetragen wurden, erwiesen sich als pointiert und überzeugend; der Applaus der anderen Seminarteilnehmer tat allen sichtlich gut. Natürlich wurden nach den Lesungen erneut kurze Kommentare zu den Geschichten abgegeben, Feedback ist für Autoren schließlich sehr wichtig.
Am Nachmittag endete das Seminar, und ich fuhr nach Hause: wieder mal voller neuer Eindrücke, denn letztlich profitiert auch ein Dozent von einem solchen Seminar.
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