Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
In einem zwei Seiten umfassenden Arbeitspapier, das ich im Juni 1994
für rein interne Zwecke formulierte, stellte ich die Gedanken zusammen,
die ich zu einer möglichen PERRY RHODAN-Fan-Zentrale hatte. Basis dafür
waren vor allem Gespräche, die ich mit Hermann Ritter und einigen anderen Personen geführt hatte – bei einem langen Frühstück in seiner Küche im südhessischen Weiterstadt.
Mein
Ziel war, einen offiziellen Auftrag des Verlages zu erhalten, um dann
weitere Schritte einzuleiten. Mit den Überlegungen zu einer Fan-Zentrale
wollte ich auf aktive Fanzinemacher und Clubs zugehen, um diese auf
eine gemeinsame Linie einzuschwören. Zuerst aber musste ich den
Chefredakteur auf meine Seite bekommen ...
Ein wichtiges Anliegen
dabei war mir das geplante Magazin. Ich wollte, das die Fan-Zentrale
ein internes Fanzine haben sollte, »eine Art PERRY RHODAN-Magazin mit
guter bis semiprofessioneller Gestaltung«. In diesem Heft wollte ich
»interne Dinge aus der PERRY RHODAN-Küche« bringen, aber auch »Berichte
aus den Clubs«.
Eine Absage erteilte ich in meinem Konzept den
»Einzelheft-Kritiken« und anderen Dingen, die es in den verschiedensten
Club-Fanzines sowieso schon gab. Das Magazin sollte nach außen wirken
können und sich teilweise durch Anzeigen des Verlages sowie des
Versandhändlers Transgalaxis finanzieren.
»Als nächster und sehr
wichtiger Schritt« benannte ich etwas, das beim ersten Gespräch am
Frühstückstisch bei Hermann Ritter ein zentrales Thema gewesen war: Die
Zentrale könnte einen Fanzine-Vertrieb aufbauen, »der einen regelmäßigen
Katalog herausgibt, über den man sich weitere Fan-Produkte kaufen
kann«. Die Überlegung von Hermann Ritter und mir war gewesen, »eine
zentrale Vertriebsstelle für Fan-Produkte« zu schaffen, weil offizielle
Stellen zu dieser Zeit planten, die portosparende Büchersendung
abzuschaffen.
Wir hatten vor, den Fans mit dieser Aktion
entgegenzukommen: Wer wollte, konnte die Fanzines von gleich mehreren
Clubs auf einmal erhalten – das würde Porto sparen. An das Internet und
seine Möglichkeiten dachte im Sommer 1994 noch niemand von uns; Fanzines
als PDF oder gar E-Books waren so weit in der Zukunft, dass sie nicht
einmal in Science-Fiction-Romanen auftauchten.
In meinem
Arbeitspapier listete ich darüber hinaus zwei weitere Punkte auf, die
Hermann Ritter und ich beide interessant gefunden hatten. Wir stellten
uns vor, dass die Fan-Zentrale einzelne Lizenzprodukte preiswerter
einkaufen und an ihre Mitglieder weiter vertreiben könnte – dann hätten
diese Mitglieder bei manchen Dingen einen klaren Preisvorteil. Und wir
dachten an »eigene Produkte«, die es »speziell von Fans für Fans« und
»zu attraktiven Preisen« geben sollte.
Ich blickte
vertrauensvoll in die Zukunft. Die Fan-Zentrale sollte man rasch
gegründet haben, idealerweise gleich »mit einem Vorstand und einer
Satzung«. Meine Überlegung: »Das Projekt kann erst laufen, wenn es schon
besteht«, und dann könne endlich die Werbung dafür anlaufen. Für mich
klang das logisch, und als ich das alles meinem Chef präsentierte, fand
ich es noch logischer.
Im Vier-Augen-Gespräch trug ich alles vor,
und Dr. Florian F. Marzin hörte sich meine Argumente mit gerunzelter
Stirn an. Ich redete mich richtig in Begeisterung; meine
Fan-Vergangenheit hatte mich gepackt. Endlich sah ich eine Möglichkeit,
Fans und Verlag, Autorenteam und Leser zu einer vernünftigen
Zusammenarbeit zu bewegen.
»Meinen Segen hast du ja«, brummte der
Chefredakteur, nachdem er mein Konzept gelesen hatte. Er gab mir das
ausgedruckte Papier zurück. »Aber jammer nicht rum, wenn es dir über den
Kopf wächst oder dich die Fans nerven.«
»Wir müssen's zumindest versuchen«, argumentierte ich. »Mit dem Fandom gemeinsam können wir was in der Öffentlichkeit bewirken.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, kommentierte er trocken. Damit war die Sache erledigt, und ich verschwand wieder in meinem Büro.
Jetzt
konnte ich an die nächsten Schritte gehen. Ich wollte das Projekt an
die Öffentlichkeit tragen, es mit anderen Fans zumindest halb-offiziell
diskutieren und dann irgendwann eine schöne PERRY RHODAN-Fan-Zentrale
haben. Aber das würde eine andere Geschichte sein ...
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