Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Die Zusammenarbeit mit unseren tschechischen Partnern hatte sich in
der zweiten Hälfte der 90er-Jahre immer besser entwickelt. Zu den
Heftromanen, die seit einiger Zeit liefen, kamen ab 1998 erste
Taschenbücher, die sich offenbar gut verkauften. Dabei folgten die
Kollegen in Prag der Neuauflage der Planetenromane, die 36 Bände
umfasste und bei Heyne erschienen war. Es lag also nahe, die
Lizenzgeschäfte mit den tschechischen Partnern auszuweiten.
Ich
diskutierte unter anderem mit Eckhard Schwettmann, unserem
Marketingleiter, über das Thema. Mein Argument war: »Wir liefern den
tschechischen Partnern einige Konzepte für weitergehende Taschenbücher,
und die können wir als Grundlage nehmen, wenn wir selbst an eine
Neuauflage der Planetenromane gehen.« Zu dieser Zeit träumte ich davon,
eine Art »Best-Of«-Reihe der klassischen Bände zu veröffentlichen –
diese waren seit langem nicht mehr im Handel erhältlich, und ich war mir
sicher, dass es dafür genügend Leser gäbe.
Doch zuerst ging es um
die Partner im Nachbarland. »Da im tschechischen Markt offensichtlich
Interesse an einer weiteren PERRY RHODAN-Taschenbuch-Reihe neben der
bisherigen besteht, stellt die PERRY RHODAN-Redaktion die folgenden drei
Konzepte vor«, schrieb ich in meinem Arbeitspapier.
Ich wollte
kurze Serien auswählen, die man in klarer Weise abgrenzen konnte. So
stellte ich mir eine Reihe von Weltraum-Krimis vor, ebenso eine Reihe
mit Romanen, die den Arkoniden Atlan als Hauptperson haben sollten. In
meinem Konzept war ich durchaus vollmundig: »Die Redaktion empfiehlt
fürs erste je zehn Titel, wobei wir besonders beliebte Autoren bei den
ersten Romanen bevorzugen sollten – bei Bedarf kann jederzeit
fortgesetzt werden.«
Ich empfahl eine behutsame Bearbeitung sowie
ein Glossar von zwei Seiten. Schließlich konnte man davon ausgehen, dass
»die tschechischen Leser mit vielen Begriffen der Taschenbücher nicht
vertraut sein dürften (wenn diese beispielsweise im Jahr 3000 der PERRY
RHODAN-Geschichte spielen).«
Am stärksten favorisierte ich eine
Reihe mit »ATLAN-Abenteuern«, wie ich sie nannte – die Wiederbelebung
der Marke ATLAN stand bei mir in den 90er-Jahren stets im Fokus. Den
Partnern versuchte ich die Reihe so zu erklären: »Bei diesen Romanen ist
jeweils Atlan eine der Hauptpersonen; nach wie vor ist er eine der
beliebtesten Figuren. Die Romane spielen jeweils in der ›klassischen‹
PERRY RHODAN-Zeit und bieten klassische Weltraum-Abenteuer.«
Als die ersten Titel nannte ich »Die Macht der Träumer« von William Voltz (der Planetenroman-Band 37 spielt im Jahr 2361), »Bomben auf Karson« von Kurt Mahr (Band 39 der Planetenromane, der das Jahr 2400 beleuchtet) und »Aufruhr in Terrania« von Hans Kneifel,
der im Original als Band 51 erschienen war und im Jahr 2436 spielt. Ich
suchte bewusst Kriminalromane mit Science-Fiction-Anstrich heraus, die
aber schöne Ideen vermittelten und hundertprozentig im PERRY
RHODAN-Universum spielten.
Weitere Bände in meinem Konzept stammten von Autoren wie H. G. Ewers oder Peter Terrid.
Ich nahm nur Romane, die in der klassischen Zeit des Solaren Imperiums
spielten. Bei den Atlan-Abenteuern sah ich es dann nicht mehr so »eng«.
Natürlich setzte ich mit »Planet unter Quarantäne« von Ernst Vlcek
(der Plantenroman 46 spielt im Jahr 239) oder »Die Träumer von
Naphoora« von Peter Terrid (der Roman spielt im Jahr 2115, es ist Band
230 der Planetenromane) vor allem auf Geschichten aus der klassischen
Zeit. Ich hatte aber auch Peter Grieses
»Der lange Weg der SOL« auf der Liste, der im Jahr 3808 angesiedelt ist
und dem Planetenroman 294 entspricht. Ebenso waren aktuelle Werke von Rainer Castor in dieser Liste.
Als
jemand, der sich selbst als Fan des »Meister der Insel«-Zyklus
bezeichnen würde, mochte ich schon immer jene Taschenbücher, die mit dem
Mythos Andromeda zu tun hatten. Also suchte ich den tschechischen
Kollegen zehn Romane heraus, die sich mit dem »beliebtesten Epos der
PERRY RHODAN-Geschichte« – so nannte ich es im Konzept – beschäftigten.
Weiter schrieb ich: »Die Romane spielen entweder in der Galaxis
Andromeda, oder es geht um die Auswirkungen des Andromeda-Krieges in den
Jahren 2400 bis 2406.«
Zu den Titeln, die ich auswählte, zählen Klassiker von Hans Kneifel wie »Höllentanz der Marionetten« (Band 47, spielt im Jahr 2405) oder H. G. Ewers mit seinem »Herr über die Toten« (Band 40, er spielt im Jahr 2403). Gleich drei Bände von Peter Terrid und einer von Horst Hoffman zeigten deutlich, dass auch die »jüngeren« Autoren sehr stark von den »MdI«-Geschichten beeinflusst waren.
Ich
überlegte längst darüber hinaus. »Möglich wären noch weitere Reihen«,
schrieb ich – und so argumentierte ich es intern. Man könnte, so glaubte
ich, Explorer-Romane veröffentlichen, aber ebenso Reihen mit
Kolonisten-Abenteuern oder Mutanten-Geschichten. Am 15. Dezember 1998
schickte ich ein kurz gefasstes Konzept nach Prag, das die ersten drei
Reihenkonzepte präsentierte.
Letztlich war die Konzeptarbeit »für
die Katz«, wie man so schön sagt. Die Taschenbücher, die unsere Kollegen
in Prag engagiert gestartet hatten, kamen nicht gut genug bei den
Lesern an. Also wollten sie sich auf die Heftromane beschränken und erst
einmal nichts weiter ausbauen – und damit waren all meine
Reihenkonzepte unnötig.
Als ich recht frustriert darauf reagierte,
tröstete mich Eckhard Schwettmann: »Wer weiß, wann wir mal wieder an
die Planetenromane gehen. Da können wir solche Reihenüberlegungen doch
immer gut brauchen.«
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