Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Wer genau auf die Idee kam, weiß ich nicht mehr. Vermutlich war es einer
meiner Freunde, mit denen ich Ende der 90er-Jahre um die Häuser zog.
Bei einem unserer Gespräche, irgendwann sehr spät in der Nacht, wurde
die Idee auf jeden Fall angesprochen: »Wie wäre es denn, wenn wir eine
PERRY RHODAN-Party machen würden? So eine mit elektronischer Musik, mit
lustigen Leuten und bunten Verkleidungen, mit ...«
An diesem
Punkt unterbrach ich lachend und schlug vor, das Thema bleiben zu
lassen. Eine PERRY RHODAN-Party mit Elektro-Sounds, das war nicht
unbedingt das, worauf die PERRY RHODAN-Fans mit Begeisterung reagieren
würden.
Die Überlegung ließ mich dennoch nicht los: Wie wäre es
denn, wenn man ernsthaft versuchen würde, eine Veranstaltung rings um
unsere Serie zu machen, die nichts mit bedruckten Büchern und
Heftromanen zu tun haben würde?
Eckhard Schwettmann, unser
Marketingleiter, war von der ursprünglichen Idee völlig begeistert,
während ich selbst immer noch skeptisch war. »Du kennst doch genügend
Leute in Karlsruhe, das wäre etwas ganz anderes.« Er sah bereits in eine
Zukunft, die ich mir nicht vorstellen konnte. »Wenn wir PERRY RHODAN
als eine Marke für junge Leute profilieren wollen, gehört doch Musik
dazu – und Elektro-Klänge in allen möglichen Richtungen würden unsere
Ambitionen gut ergänzen.«
Er überzeugte mich so weit, dass ich
mit einem meiner Freunde darüber sprach. Ich wusste, dass er
normalerweise sehr krachige Konzerte veranstaltete, bei denen
vorzugsweise amerikanische Bands auftraten. Aber er hatte auch andere
Interessen, und das bekundete er. »Ich mach 'nen Abend mit gepflegtem
Techno und House und so, und dazu gebe ich mir den Namen einer PERRY
RHODAN-Figur.«
Ich betrachtete ihn lange und ausgiebig, erinnerte
mich an das Zitat »Werde satt und dick« und meinte dann, er könnte sich
doch Melbar Kasom nennen. Das fand er witzig, und so beschlossen wir,
dass die PERRY RHODAN-Veranstaltung musikalisch von »DJ Melbar Kasom«
begleitet werden sollte.
Jetzt ging es darum, einen geeigneten
Ort zu finden; es erwies sich als einfacher als gedacht. An einem Abend
in der »Carambolage«, einem Club in der östlichen Innenstadt, kamen wir
ins Gespräch mit dem Geschäftsführer. Er sei doch immer auf der Suche
nach interessanten Veranstaltungen, sagte ich zu ihm. Eine PERRY
RHODAN-Party sei etwas ganz anderes als die gelegentlichen Konzerte, die
er neben dem üblichen Disko-Betrieb veranstaltete.
Unser
Gegenüber zwirbelte seinen Schnurrbart, wir versuchten ihm, die weiteren
Details zu erläutern, und langsam erwachte in ihm das Interesse. »Da
können wir den ganzen Club ja wie ein Raumschiff dekorieren«, freute er
sich. »Wir machen eine Rakete in den Eingangsbereich, wir hängen überall
PERRY RHODAN-Plakate auf, wir bauen Raumschiffe, dazu kommen Musik- und
Sound-Elemente.«
Nach dem Wochenende stellten Eckhard
Schwettmann und ich in der Redaktion zusammen, was wir alles für eine
solche Veranstaltung anbieten könnten. Allein bei der Dekoration ergab
sich einiges, wobei wir noch nicht überlegten, wie man das alles
transportieren würde: »diverse Poster (Risszeichnungen, Raumschiffe,
Stadtplan Terrania), diverse Werbeplakate (sind auch sehr bunt),
Pappaufsteller (Gucky, Atlan; bis zu zwei Meter hoch), Holzaufsteller
(Atlan, Blues; allerdings sehr schwer)« verzeichnete meine entsprechende
Liste.
»Wir können die Videos laufen lassen, die wir
mittlerweile haben«, meinte Eckhard. Zum Computerspiel »Operation
Eastside« gab es ein Video, das eine Stadtansicht von Terrania City
sowie einen Raumschiffstart zeigte. Das fanden wir alle toll. Darüber
hinaus hatten wir anderes Video-Material vorliegen, das man automatisch
ablaufen lassen konnte, ebenso lagen Berge von Dias im Marketingbüro,
die sich für eine Dia-Show anboten.
Mit Musik waren wir darüber
hinaus richtig gut bestückt. Es gab bereits die CD-Single von U.S.P.
sowie eine CD-Compilation mit elektronischer Musik, die unter dem
Markennamen PERRY RHODAN erschienen war; seit 1996 war die offizielle
»Filmmusik« von Christopher Franke im Handel erhältlich. Dazu könnte man
sogar Hörspiele im Hintergrund laufen lassen.
Eckhard
berauschte sich an einer weiteren Idee: »Wir könnten einen Computer
aufstellen lassen, dann spielen die Leute auf der Party ›Operation
Eastside‹, und das ist sicher ebenfalls interessant.« Weil nicht sicher
war, wer diesen Computer liefern, aufstellen, betreuen und vor allem am
frühen Morgen wieder abtransportieren würde, zerschlug sich diese Idee
sehr schnell.
Wir waren uns auf jeden Fall einig darüber, wie wir
die Veranstaltung in »unseren Kanälen« bewerben würden. Wir könnten sie
über die PERRY RHODAN-FanZentrale bekannt machen, wir würden in
Fanzines und im Heftroman dafür werben; somit bekämen die PERRY
RHODAN-Leser auf jeden Fall Wind von der geplanten Veranstaltung. Die
Werbung innerhalb der Stadt Karlsruhe und über die regionalen Medien
sollte das »Carambolage«-Team übernehmen.
Am 12. Februar 1998
stellten Eckhard und ich auf einer halben Seite alle Daten und
Informationen zusammen, die wir der »Carambolage« zur Verfügung stellen
konnten. Ich informierte »DJ Melbar Kasom« über die aktuellen Ereignisse
und den Stand der Dinge, dann sprachen wir noch einmal mit dem
Geschäftsführer des Clubs.
Es sah alles gut aus. Wenn der Plan,
den wir uns ausgedacht hatten, eingehalten wurde, dürfte es bald eine
echte PERRY RHODAN-Party in Karlsruhe geben ...
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