Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Die neue Verlagsleiterin im Zeitschriftenbereich hatte sich vorgenommen, möglichst schnell in die Themen hineinzufinden, die ihr anfangs noch völlig neu waren. Weil sie PERRY RHODAN nicht kannte, führte das dazu, dass wir uns sehr häufig zu Besprechungen trafen.
Sie lud mich stets zum »Jour Fixe« in ihr Büro ein, wo sie hinter ihrem Schreibtisch saß und ich im Besucherstuhl Platz nehmen konnte. Einige unserer Gespräche waren ein wahres »Abtasten« – wir beide wollten offenbar herausfinden, was wir vom jeweils anderen zu halten hatten.
Am Mittwoch, 28. März 2007, kannten wir uns schon recht gut, also konnten wir an die eigentliche Arbeit gehen. In diesem Fall betraf diese vor allem den anstehenden Jubiläumsband mit der Nummer 2400. Die Autoren und die Redaktion waren redaktionell schon sehr weit, was den Inhalt von »Zielzeit« anging; der Roman sollte im August in den Handel kommen, und wir hatten einige Marketing-Ideen für das »Drumherum« im Visier.
Wir würden, nachdem der Buchverlag verkauft worden war, leider keinen Auftritt mit PERRY RHODAN auf der Frankfurter Buchmesse haben. Trotzdem arbeiteten wir in der Redaktion schon hart daran, einen Ausweg aus der aktuellen Misere zu finden.
Ich stellte der Verlagsleiterin vor, welche Aktionen wir zu dem Band 2400 vorhatten. Unter anderem wollten wir mehr Hörbücher anbieten, dabei mit Partnern zusammenarbeiten. Vielleicht könnte man sogar langfristig daran gehen, jeden einzelnen Heftroman als Hörbuch anzubieten. Eins A Medien als Partner war daran interessiert. Zudem wollten wir Leseproben drucken und verteilen, und wir wollten mit der Aktion »Leser werben Leser« potenzielle Interessenten ansprechen.
Was den Roman anging, so schlug ich ein umlaufendes Titelbild und einen farbigen Mittelteil vor. Die Verlagsleiterin hörte sich alles an, entschied aber erst einmal nichts. Diese Extras beim Roman müsste sie erst einmal kalkulieren lassen, dazu bräuchte sie von mir noch ein ergänzendes Arbeitspapier. Ich versprach, ihr schnellstmöglich alles schriftlich zu liefern.
Nach einigen allgemeinen Themen legte ich meine wichtigste Forderung auf den Tisch: »Wir müssen endlich Anzeigen schalten, die außerhalb der Science-Fiction-Szene platziert werden können.« Beispielsweise gebe es doch im Bauer-Konzern, zu dem der Pabel-Moewig Verlag gehörte, eine Reihe von Zeitschriften, deren Leser sich auch für PERRY RHODAN interessieren könnten – wäre es nicht sinnvoll, diese mit Anzeigen zu erreichen?
Das wolle sie ebenfalls prüfen, versprach mir mein Gegenüber. Anzeigen halte sie für sinnvoll. Wir sollten aber auch, so ihr Vorschlag, mit der Zeitschrift »Unicum« zusammenarbeiten. Diese richte sich vor allem an Studentinnen und Studenten, dort kenne sie zudem einige Mitarbeiter. Ein erster Kontakt sei also schnell hergestellt. »Das wären doch potenzielle Neuleser für Sie«, argumentierte sie, und ich widersprach natürlich nicht.
In der Vorwoche hatte sie bereits mit dem Vertrieb in Wiesbaden gesprochen. Auch dabei war es um den Band 2400 gegangen. Ihre Idee war gewesen, zur Unterstützung dieses Romans sogenannte Tisch-Displays zu produzieren, die man in den Zeitschriftenläden aufstellen könnte. Das sei eine recht neue Methode, den Verkauf zu unterstützen. Allerdings konnte sie nichts genaues dazu sagen.
Nachdem wir uns dem schönen Thema der wöchentlichen PERRY RHODAN-Serie gewidmet hatten, kamen wir zum unangenehmen Thema unserer Besprechung. Die Verlagsleiterin legte mir eine Statistik vor: »Sehen Sie: Wir machen mit der dritten Auflage immer mehr Verluste.« Sie hatte recht, an den Zahlen gab es nichts zu rütteln.
Ich diskutierte nicht zum ersten Mal darüber, die Situation war bekannt. Die Verkäufe gingen zurück, während die Kosten gleich blieben. »Wenn ich mir die Objektrechnung anschaue«, so sagte die Verlagsleiterin, »sind die Zahlen eben einfach rot, und es gibt keine Änderung nach oben.« Wir betrachteten die Zahlen nicht zum ersten Mal.
Die Sachlage war eindeutig: Selbst wenn wir versuchten, noch einmal an den Kosten für die Repro und die Setzerei zu sparen, würde sich das kaum lohnen. Eine Kürzung der Autorenhonorare fand ich nicht sinnvoll: »Bevor wir den Autoren für den Nachdruck praktisch nichts mehr geben können, sollten wir einfach sauber einstellen.«
Wir hatten schon einige Male darüber gesprochen, die dritte Auflage komplett auf Abonnements umzustellen. Es lag eine Kalkulation vor, die von 1000, 2000 und 3000 Exemplaren ausging. Ich bat darum, eine parallele Kalkulation anstellen zu dürfen. Wenn Klaus Bollhöfener, so meine Überlegung, mit seinen Kontakten an das Thema heranginge, müsste man doch bessere Preise aushandeln können.
»Sonst bleibt nur noch, die Serie einzustellen«, sagte die Verlagsleiterin.
Ich widersprach nicht. »Vielleicht schaffen wir es, sie an einen kleineren Verlag zu lizenzieren«, hoffte ich. Ideen gab es, und ich nannte ihr einige Namen.
»Ansonsten sollten wir versuchen, einen sauberen Abschluss hinzubekommen«, argumentierte ich. Der Doppelband 1798/1799 bot sich dafür an; er würde im Juli erscheinen und könnte die laufende Handlung gut abschließen.
Damit war die Besprechung fast zu Ende. Wir unterhielten uns über das aktuelle PERRY RHODAN-Extra, und ich erzählte ihr etwas von meinem Plan, einen »Neustart« für PERRY RHODAN zu machen. Das fand die Verlagsleiterin interessant, sie wollte mehr darüber wissen. Das wiederum fand ich gut – vielleicht ergab sich die Chance, diese Idee endlich einmal zu verwirklichen?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen