14 September 2016

Das erste Seminar mit Uwe Anton – Teil 1

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel ein Ort, an dem unter anderem Seminare für angehende Science-Fiction- und Fantasy-Autoren angeboten werden. Mit dabei ist seit 1997 auch Uwe Anton; immer wieder wirkt der Autor und Übersetzer an diesen Seminaren mit. Als Dozent hat er sich auf das Thema der Science-Fiction-Kurzgeschichte spezialisiert. Unser erstes gemeinsames Seminar hatten wir im Dezember 1997.

Im voraus hatte die Bundesakademie für die Veranstaltung geworben. Es hatten sich viele Autorinnen und Autoren angemeldet, die Akademie hatte aus diesem Personenkreis eine Auswahl getroffen. Ebenso hatten wir eine Schreibaufgabe gestellt.

Uwe AntonDamit wir vergleichen konnten, was die Autorinnen und Autoren schrieben, wollten wir von ihnen eine neue Kurzgeschichte haben. In der Ausschreibung hatte ich mehrere Schwerpunkte festgelegt. Der Anfang klang noch recht harmlos: »Stellen Sie sich vor, Sie bekommen den Auftrag, für ein technisch orientiertes oder computer-technisches Magazin eine Kurzgeschichte mit Science-Fiction-Gehalt zu schreiben.«

Klar legten wir den Umfang fest: »Diese Geschichte darf nicht kürzer als fünf Seiten und nicht länger als zehn Seiten (à 30 Zeilen à 60 Anschläge) sein, damit sie ins Layout passt.« Wir wollten nicht zu viel Text haben, wir wollten vor allem nicht das gesamte Seminar damit verbringen, umfangreiche Geschichten zu besprechen.

Wichtig war unter anderem der inhaltliche Schwerpunkt: »Diese Geschichte sollte einen technischen Gag oder einen technischen Hintergrund besitzen, soll aber auch für Nicht-Techniker verständlich sein. (Wer mag, kann natürlich auch eine psychologisch orientierte Handlung aufbauen, sollte aber hier die angenommene Zielgruppe berücksichtigen.)«

Darüber hinaus zählte zu den Vorgaben waren, dass ich keine Kurzgeschichten aus den Bereichen der Fantasy – ich schrieb von »Magie, Zauberei und andere unwissenschaftliche Themen« – oder des Horrors haben wollte.

Wie immer reiste ich mit der Bahn an. Wolfenbüttel ist von Karlsruhe, meiner Heimatstadt, einige hundert Kilometer entfernt. Für meine Zwecke empfiehlt sich eine Bahnfahrt, weil ich da lesen und arbeiten kann. In diesem Fall nahm ich mir die Texte vor, die von der Bundesakademie zu einem Reader aufgebunden worden und an alle Autoren und Dozenten verschickt worden waren. Manche Geschichten gefielen mir gut, andere strotzten vor Fehlern und unlogischen Handlungselementen – es würde genügend Stoff zur Diskussion geben.

Ich war pünktlich vor Ort. Im Gästehaus der Bundesakademie traf ich auf Uwe Anton, der es von Wuppertal aus nicht so weit hatte und früher angereist war, und Sabine Oehlmann, die im Sekretariat der Bundesakademie für unser Seminar verantwortlich war. Letzte Einzelheiten wurden diskutiert; Uwe und ich besprachen noch einmal das eigentliche Programm unseres Seminars.

Los ging es um 16 Uhr. Im großen Saal des Gästehauses saßen die sechs Autorinnen und vier Autoren sowie wir Dozenten zusammen. Einige Personen waren krankheitshalber vorher abgesprungen, so dass wir mit einer verminderten »Mannschaft« arbeiten mussten. Das sollte sich aber durchaus positiv auswirken. Interessant fand ich zudem, dass wir fast nur »Wiederholer« am Platz hatten. Mit Ausnahme zweier Teilnehmer waren alle anderen schon mehrfach in Wolfenbüttel Gäste eines Science-Fiction-Seminars gewesen.

Als ersten Schwerpunkt hatten wir ein Redaktionsgespräch. In einer Art Talkshow präsentierte ich Uwe Anton; ich stellte Fragen, er antwortete – später gab es auch immer mehr Fragen aus der Runde. Dabei bewies der in Wuppertal wohnende Autor viel Humor und Schlagfertigkeit, die Runde lachte mehrfach, während er über seine berufliche Laufbahn berichtete. Uwe erzählte, wie er als junger Mann seine ersten Romane und Kurzgeschichten in den Bereichen Horror und Science Fiction veröffentlicht hatte. Dann sprach er lange über seine Übersetzungen (unter anderem Dean R. Koontz, damals sein Haupt-Autor, sowie zahlreiche »Star Trek«- und »Star Wars«-Romane), was für die Teilnehmer sicher ebenfalls so spannend war wie für mich.

In der Fragerunde gab er weitere Informationen über den Verlags- und Autorenalltag; er konnte aus seiner langjährigen Erfahrung berichten. Auch ich steuerte Anekdoten und Informationen bei: Wie funktioniert ein Buchverlag, welche Unterschiede gibt es zur Produktion von Heftromanen, wie wird sich das Verlagsgeschäft entwickeln? (Übrigens dachte damals niemand in der Runde an E-Books. Auch das Internet war für einen Großteil der Teilnehmer zu dieser Zeit noch komplettes »Neuland«.)

Danach ging es an die eigentliche Arbeit: Wir besprachen die Geschichten, die von den Autorinnen und Autoren eingereicht worden waren.

Im Plenum wurden am Freitagabend und auch am frühen Samstagmorgen diese Geschichten diskutiert. Uwe Anton und ich wiesen aus unserer Sicht auf Fehler hin, die es immer wieder bei Stories gibt; die anderen Teilnehmer sparten ebensowenig mit Kritik. Oft entzündete sich die Kritik am Ablauf einzelner Geschichten, weniger an stilistischen Details – und dabei ging es sehr schnell um die Frage, was eine Kurzgeschichte eigentlich leisten kann oder soll.

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