Ein Logbuch der Redaktion
Wann genau ich über den Namen Uwe Anton
 zum ersten Mal stolperte, ist mir nicht mehr bekannt. Ich weiß aber 
noch sehr genau, wann ich den ersten Roman des Autors las: Es war »Zeit 
der Stasis«, 1979 im Heyne-Verlag erschienen. Das Taschenbuch hatte Uwe 
Anton zusammen mit dem Kollegen Thomas Ziegler geschrieben – ich las es zu Beginn des Jahres 1980 und war sehr beeindruckt davon.
Es
 war beileibe nicht die erste professionelle Veröffentlichung für den 
Autor. Uwe Anton war zu Beginn der 80er-Jahre ein junger Mann, der schon
 eine schillernde Karriere aufwies. Er zählte zu den 
Science-Fiction-Schaffenden im deutschen Sprachraum, die bestens 
vernetzt waren.
Damit hatte er bereits in den 70er-Jahren 
begonnen. Als Jugendlicher publizierte er im eigenen Kleinverlag seine 
Fanzeitschriften, gleich mehrere Reihen parallel, die er mit viel 
Ehrgeiz steuerte. Während der »normale« Fanzine-Herausgeber damit 
zufrieden war, die Texte von gleichaltrigen Jugendlichen zu 
veröffentlichen, strebte Uwe Anton zu Höherem: Er schrieb amerikanische 
Autoren an, übersetzte deren Geschichten und brachte in seinem Fanzine 
bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt professionelle Beiträge.
Kein
 Wunder, dass er recht schnell auch für andere Blätter schrieb. Er 
zählte in den 70er-Jahren zu den ersten festen Mitarbeitern der 
Zeitschrift »Comixene«, die als Fan-Magazin begann und zum ersten 
deutschsprachigen Comic-Fachmagazin wurde. Er veröffentlichte Beiträge 
im Science-Fiction-Magazin »Comet«, das in der zweiten Hälfte der 
70er-Jahre in den Handel kam, und er schrieb für die 
»Science-Fiction-Times«, die vor allem ab Ende der 70er-Jahre das 
wichtigste kritische Heft für die deutschsprachige Science-Fiction-Szene
 war. 
Es war also nur folgerichtig, dass er in Kontakt zu 
anderen jungen Profis geriet. Zu einer Zeit, in der andere junge Männer 
in seinem Alter ihre Karrieren in »gewöhnlichen« Berufen planten, begann
 Uwe Anton damit, amerikanische Romane und Comics in die deutsche 
Sprache zu übersetzen. Zudem beschäftigte er sich intensiv mit dem Werk 
des Schriftstellers Philip K. Dick, über den er zahlreiche Artikel 
schrieb und der ihn über Jahrzehnte hinweg beeinflusste.
Mit 
»Zeit der Stasis« verfassten er und sein Ko-Autor Thomas Ziegler einen 
Roman, der zur damaligen Zeit viele Leser begeisterte. Die beiden 
postulierten einen Atomunfall in Deutschland – lange vor Tschernobyl und
 Fukushima – und die sich daraus ableitenden politischen Veränderungen. 
Eine Diktatur entsteht, es entwickelt sich eine Widerstandsbewegung ... 
Aus der Sicht eines »Helden«, der mit gefälschten Erinnerungen versehen 
wird und der durch die Folterhölle gehen muss, zeigten die beiden 
Autoren das Innenbild einer düsteren Diktatur.
Der Roman war eine
 Dystopie, der dennoch viele positive Elemente enthielt. Die beiden 
Autoren stellten eine demokratische Utopie und die Meinungsfreiheit 
gegen eine Diktatur, die mit den Mitteln der Gedankenkontrolle arbeitet.
 Mit »Zeit der Stasis« schufen die beiden einen Roman, der viele andere 
Autoren beeinflusste. 
Danach war klar: Wer von Science Fiction 
in Deutschland sprach, kam am Namen Uwe Anton nicht vorüber. In den 
folgenden Jahren ging es zumindest mir so: Wenn ich eine Fachzeitschrift
 las, war es folgerichtig, dass Buchbesprechungen, Interviews oder 
Artikel von ihm enthalten waren. Schaute ich bei einem 
Science-Fiction-Roman, einem Comic oder einem Krimi ins Impressum, wer 
das Werk denn übersetzt hatte, war es oft so, dass ich seinen Namen 
fand. Darüber hinaus veröffentlichte er Kurzgeschichten und Romane; dass
 er sich teilweise hinter Pseudonymen wie L.D. Palmer versteckte, wusste
 ich damals allerdings nicht. 
Wann wir uns genau kennenlernten, 
weiß ich nicht mehr genau. Es war sicher bei einem Con, vielleicht in 
Köln oder Mönchengladbach – irgendwann zu Beginn der 80er-Jahre. Wir 
trafen uns öfter, und als ich zum PERRY RHODAN-Redakteur ernannt wurde, 
drehten sich unsere Gespräche immer wieder um die größte 
Science-Fiction-Serie der Welt.
Es lag auf der Hand, dass wir 
irgendwann enger zusammenarbeiten würden. Im Jahr 1994 reichte Uwe Anton
 seine ersten Konzepte und Exposés ein, die als Grundlage für PERRY 
RHODAN-Taschenbücher dienten. Ich war sehr von ihnen angetan, wir 
telefonierten mehrfach – und im April 1995 erschien mit »Die eisige 
Zukunft« sein erster Roman, der im PERRY RHODAN-Universum spielte.
Der Rest ist – wie man so schön sagt – dann wohl Geschichte ...
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