19 September 2016

Subjektives zu Uwe Anton

Ein Logbuch der Redaktion

Wann genau ich über den Namen Uwe Anton zum ersten Mal stolperte, ist mir nicht mehr bekannt. Ich weiß aber noch sehr genau, wann ich den ersten Roman des Autors las: Es war »Zeit der Stasis«, 1979 im Heyne-Verlag erschienen. Das Taschenbuch hatte Uwe Anton zusammen mit dem Kollegen Thomas Ziegler geschrieben – ich las es zu Beginn des Jahres 1980 und war sehr beeindruckt davon.

Es war beileibe nicht die erste professionelle Veröffentlichung für den Autor. Uwe Anton war zu Beginn der 80er-Jahre ein junger Mann, der schon eine schillernde Karriere aufwies. Er zählte zu den Science-Fiction-Schaffenden im deutschen Sprachraum, die bestens vernetzt waren.

Damit hatte er bereits in den 70er-Jahren begonnen. Als Jugendlicher publizierte er im eigenen Kleinverlag seine Fanzeitschriften, gleich mehrere Reihen parallel, die er mit viel Ehrgeiz steuerte. Während der »normale« Fanzine-Herausgeber damit zufrieden war, die Texte von gleichaltrigen Jugendlichen zu veröffentlichen, strebte Uwe Anton zu Höherem: Er schrieb amerikanische Autoren an, übersetzte deren Geschichten und brachte in seinem Fanzine bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt professionelle Beiträge.

Kein Wunder, dass er recht schnell auch für andere Blätter schrieb. Er zählte in den 70er-Jahren zu den ersten festen Mitarbeitern der Zeitschrift »Comixene«, die als Fan-Magazin begann und zum ersten deutschsprachigen Comic-Fachmagazin wurde. Er veröffentlichte Beiträge im Science-Fiction-Magazin »Comet«, das in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre in den Handel kam, und er schrieb für die »Science-Fiction-Times«, die vor allem ab Ende der 70er-Jahre das wichtigste kritische Heft für die deutschsprachige Science-Fiction-Szene war.

Es war also nur folgerichtig, dass er in Kontakt zu anderen jungen Profis geriet. Zu einer Zeit, in der andere junge Männer in seinem Alter ihre Karrieren in »gewöhnlichen« Berufen planten, begann Uwe Anton damit, amerikanische Romane und Comics in die deutsche Sprache zu übersetzen. Zudem beschäftigte er sich intensiv mit dem Werk des Schriftstellers Philip K. Dick, über den er zahlreiche Artikel schrieb und der ihn über Jahrzehnte hinweg beeinflusste.

Mit »Zeit der Stasis« verfassten er und sein Ko-Autor Thomas Ziegler einen Roman, der zur damaligen Zeit viele Leser begeisterte. Die beiden postulierten einen Atomunfall in Deutschland – lange vor Tschernobyl und Fukushima – und die sich daraus ableitenden politischen Veränderungen. Eine Diktatur entsteht, es entwickelt sich eine Widerstandsbewegung ... Aus der Sicht eines »Helden«, der mit gefälschten Erinnerungen versehen wird und der durch die Folterhölle gehen muss, zeigten die beiden Autoren das Innenbild einer düsteren Diktatur.

Der Roman war eine Dystopie, der dennoch viele positive Elemente enthielt. Die beiden Autoren stellten eine demokratische Utopie und die Meinungsfreiheit gegen eine Diktatur, die mit den Mitteln der Gedankenkontrolle arbeitet. Mit »Zeit der Stasis« schufen die beiden einen Roman, der viele andere Autoren beeinflusste.

Danach war klar: Wer von Science Fiction in Deutschland sprach, kam am Namen Uwe Anton nicht vorüber. In den folgenden Jahren ging es zumindest mir so: Wenn ich eine Fachzeitschrift las, war es folgerichtig, dass Buchbesprechungen, Interviews oder Artikel von ihm enthalten waren. Schaute ich bei einem Science-Fiction-Roman, einem Comic oder einem Krimi ins Impressum, wer das Werk denn übersetzt hatte, war es oft so, dass ich seinen Namen fand. Darüber hinaus veröffentlichte er Kurzgeschichten und Romane; dass er sich teilweise hinter Pseudonymen wie L.D. Palmer versteckte, wusste ich damals allerdings nicht.

Wann wir uns genau kennenlernten, weiß ich nicht mehr genau. Es war sicher bei einem Con, vielleicht in Köln oder Mönchengladbach – irgendwann zu Beginn der 80er-Jahre. Wir trafen uns öfter, und als ich zum PERRY RHODAN-Redakteur ernannt wurde, drehten sich unsere Gespräche immer wieder um die größte Science-Fiction-Serie der Welt.

Es lag auf der Hand, dass wir irgendwann enger zusammenarbeiten würden. Im Jahr 1994 reichte Uwe Anton seine ersten Konzepte und Exposés ein, die als Grundlage für PERRY RHODAN-Taschenbücher dienten. Ich war sehr von ihnen angetan, wir telefonierten mehrfach – und im April 1995 erschien mit »Die eisige Zukunft« sein erster Roman, der im PERRY RHODAN-Universum spielte.

Der Rest ist – wie man so schön sagt – dann wohl Geschichte ...

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