01 Februar 2015

Clark Darltons METEORITEN


Ein Logbuch der Redaktion

Im April 1954 erschien der erste Band einer Reihe, die es im deutschsprachigen Raum vorher nicht gegeben hatte: Der UTOPIA-Großband präsentierte Science Fiction, die auch offensiv so verkauft wurde. Man sprach nicht mehr vom »Zukunftsroman« oder verschämt von der »utopisch-phantastischen Literatur«, sondern benutzte den modernen amerikanischen Fachausdruck.

Übersetzer und Redakteur war Walter Ernsting, der einige Jahre später zu einem der zwei Schöpfer der PERRY RHODAN-Serie werden sollte. In dieser Reihe wurden ab 1954 die bekanntesten Autoren aus den USA und aus Großbritannien den deutschen Lesern nahegebracht.

»In allen Ländern der Erde liest man Science Fiction«, behauptete die Werbung etwas vollmundig. Als »wissenschaftliche Zukunftsromane des XX. Jahrhunderts« wurden die Bände bezeichnet, eindeutig war auch der allgemeine Slogan: »UTOPIA-Großband ist nicht nur Abenteuer – UTOPIA-Großband ist eine einzigartige phantastische Vision!«

Die werblichen Aussagen für die neue Reihe klangen im Jahr 1954 verheißungsvoll: »Wer Science Fiction liest, überschreitet bereits die Schwelle zu einem neuen Zeitalter, denn Science Fiction ist die Literatur dieser heute beginnenden Zukunft.«

Angesichts eines Landes, das sich nur langsam von dem Zweiten Weltkrieg erholte, waren solche Sätze verheißungsvoll und spannend zugleich: »Nur wer sich an das Alte und Vergangene klammert, nimmt sich selbst die Möglichkeit, die Welt von Morgen zu erleben.«

In der Werbung griff man zu klaren Aussagen: »Du aber, Leser und Freund von Science Fiction, hast diese Chance.« Denn: »Wer UTOPIA liest, den kann die Zukunft nicht mehr überraschen.«

Mit der Leserbriefseite »Meteoriten« schuf Walter Ernsting erstmals eine Plattform für die entstehende Fan-Szene in Deutschland. Hier wurden Adressen veröffentlicht, über die sich die ersten Fans hierzulande per Briefwechsel austauschen konnten, und daraus entstand recht schnell der SFCD, der Science Fiction Club Deutschland e.V.

Band 19 war übrigens »UFO am Nachthimmel«, der erste Roman, den Walter Ernsting unter seinem Pseudonym Clark Darlton veröffentlichte. Die Romanreihe UTOPIA-Großband wurde so zum Geburtsort für das deutschsprachige Science-Fiction-Fandom – und gleichzeitig zu einem wichtigen Vorläufer für die PERRY RHODAN-Serie.

Wie zukunftsorientiert im April 1954 die Texte formuliert wurden, belegt das Vorwort zu den »Meteoriten«, das wir an dieser Stelle mit leichten Kürzungen veröffentlichen:

Liebe Freunde der UTOPIA-Großbände!
Mit der »Ecke für den Leser« – ich möchte es lieber »Treffpunkt der Science-Fiction-Fans« nennen – entspreche ich einem schon lange gehegten Wunsch aller jungen Menschen, die den Problemen der Zeit – und der Zukunft – ohne große Vorurteile gegenüberstehen. Da alle Zuschriften und Briefe, die veröffentlicht werden, Namen und Anschrift des Einsenders tragen, wird es jedem Leser möglich sein, persönlich zu jeder aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen. Interessante Probleme und Fragen, die Raumfahrt, Raketentechnik, Astronomie und verwandte Gebiete betreffend, werden in METEORITEN veröffentlicht und geben somit jedem Anregung, sich dazu eine eigene Meinung zu bilden.

Die Bezeichnung »Meteoriten« hat einen guten Grund. Meteoriten sind durch das All treibende Gesteinsbrocken, die gleich mehr oder weniger schweren Geschossen in die Lufthülle der Erde eindringen und dort harmlos verzischen. Nur die ganz gewichtigen »Sternschuppen« gelangen bis zur Erdoberfläche und richten, je nachdem wo sie landen, einige Verwirrung an. Diese Geschosse also will ich mit den Briefen vergleichen, die in der UTOPIA-Redaktion eintreffen. Ich wünsche mir kleine, fröhlich aufleuchtende Meteoriten – aber auch dicke, kritisierende Erzbrocken. Nur dadurch wollen wir lernen. Ihr und ich!

Schreibt mir, welche Romane Euch gefallen und welche nicht. Nur ein enger Kontakt zwischen Leser und Redaktion ermöglicht die beste Auswahl der Romane, und nur durch Lob und Kritik ist es möglich, jedem Geschmack gerecht zu werden. Ich möchte auch wissen, welche Autoren am besten gefallen, damit ich ihre Werke bevorzugt veröffentlichen kann.

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