Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Nachdem ich am Nachmittag des 6. September 1986 lange mit dem Ehepaar
Scheer unterwegs gewesen war, kam ich zurück in die Saarlandhalle. Ich
traf rechtzeitig ein, um die holländischen Sänger und Musiker der Band
SENSUS zu treffen. Hinter der Bühne hatte ich die Gelegenheit, mit den
sympathischen Leuten ein wenig zu plaudern.
Das Lied »More than a
million light years from home« war keine Auftragsarbeit gewesen. Die
Band hatte es selbst geschrieben und produziert. Als ich das Stück zum
ersten Mal gehört hatte, irgendwann im Frühsommer 1986, fand ich es
furchtbar. »Das klingt ja wie Modern Talking«, rutschte es mir entsetzt
heraus.
Aus meinem Entsetzen war ein Slogan geworden: »Im Stil von
Modern Talking« – so wurde die Platte beworben. Damit wusste allerdings
jeder Mensch, wo er dran war; während die einen das Lied wegen seiner
gelungenen Melodie lobten, hassten es die anderen wegen seiner
Instrumentierung. Und »PERRY RHODAN turns me on« war in der Tat ein
wunderbarer Abschluss eines eigentlich netten Musikstücks.
Auf der
Bühne funktionierte das gut, in der dunklen Saarlandhalle leuchteten
die Kostüme grell auf und ließen die Sängerin und die Musiker wie grelle
Wesen von einem anderen Stern erscheinen. Ob die Fans alle begeistert
waren, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht herausfinden. Ich stand
hinter der Bühne, ich sah die Band, und ich hörte den Applaus. Also
schien alles zu stimmen.
Nachdem ich mich zwischendurch um
Journalisten gekümmert hatte, war ich rechtzeitig wieder in der Halle.
Gerhard Franz begann mit seiner Diashow. Ich kannte den Fotografen seit
1983; damals hatte er auf dem von mir veranstalteten FreuCon ebenfalls
eine Diashow gezeigt. In Saarbrücken zeigte er, dass er sich in den
vergangenen Jahren deutlich gesteigert hatte.
Dia-Shows mit dem
sogenannten Überblendverfahren waren zu dieser Zeit sehr beliebt. In
Volkshochschulen und anderen öffentlichen Gebäuden zeigten Weltreisende
ihre Bilder aus fernen Ländern. So ähnlich war es bei Gerhard Franz: In
seiner Show präsentierte er das PERRY RHODAN-Universum in einer Art und
Weise, wie man es zuvor nicht gesehen hatte. Er stellte die Autoren vor,
den Ablauf der Handlung und parallel dazu die geschichtliche und
kulturelle Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland.
Seine
Vorstellung dauerte ziemlich genau eineinhalb Stunden. Bei der
Vorbesprechung hatte ich noch befürchtet, das könnte zu lang sein – aber
das Gegenteil war der Fall. Gespannt folgten Tausende von Besuchern der
Show, zeitweise herrschte atemlose Stille. Bei besonders schönen
Bildern wurde die Stille durch Applaus unterbrochen.
Als
beispielsweise das klassischen PERRY RHODAN-Titelbild eingeblendet
wurde, auf dem sich ein Terraner und ein Maahk die Hand geben, ein
echtes Meisterwerk von Johnny Bruck, klatschte der ganze Saal. Gejubelt
wurde übrigens auch bei politischen Themen – so applaudierten viele
Fans, als in der Show erwähnt wurde, dass im Jahr 1961 die CDU zum
ersten Mal ihre Mehrheit im deutschen Bundestag verloren hatte.
Für
viele Besucher des Cons war die Diashow der Höhepunkt der
Veranstaltung. Wenn ich später mit Lesern sprach, die an jenem Tag in
Saarbrücken dabei gewesen waren, wurden die Bilder und Texte erwähnt,
die Gerhard Franz präsentiert hatte.
Die Veranstalter hatten einen
anderen Höhepunkt geplant. In ganz modernem Deutsch wurde von einem
»Special Screening« gesprochen, und gezeigt wurde ein brandneuer
Kinofilm: Der Fantasy-Streifen »Labyrinth« mit dem populären Sänger
David Bowie in einer der Hauptrollen lief in englischer Sprache, einige
Wochen, bevor er offiziell in den deutschen Kinos anlaufen sollte.
Mir
gefiel der Streifen mit seiner witzigen Handlung und seiner turbulenten
Action, auch bei den Con-Besuchern schien er sehr gut anzukommen. Die
Fans lachten viel, es wurde applaudiert, die Begeisterung war groß. So
endete der Con-Samstag in einer ausgesprochen positiven Stimmung.
Während
sich viele Fans zur Eislaufhalle aufmachten, fuhr ich in die
Innenstadt. Ich verließ mich nicht auf eines der Taxis, die in langen
Schlangen vor der Saarlandhalle standen, sondern vertraute auf meinen
alten Freund und Fanzine-Kollegen Günther Freunek. Dieser hatte den
brandneuen Mercedes seines Vaters ausgeliehen und chauffierte mich in
die Innenstadt, wo er mich vor dem ETAP-Hotel aussteigen ließ.
Das
Abendessen mit den Autoren und Verlagsleuten verlief ein wenig
chaotisch, weil nicht alle Autoren gleichzeitig eintrafen, weil manche
früh ins Bett gehen wollten und andere dafür umso länger feierten. Mit
Christian Reuter, dem Leiter unserer Anzeigenabteilung, streunte ich
später in angetrunkenem Zustand durch die Straßen von Saarbrücken. Wann
immer wir unterwegs einen PERRY RHODAN-Aufkleber an einer Laterne oder
an einer Häuserwand sahen – die Fans hatten offenbar großzügig verteilt
–, lachten wir uns fast schlapp.
Als ich nach einigen Bieren ins
Hotel zurückkam, war es schon reichlich spät. Ich wusste, ich sollte am
nächsten Tag fit sein, also entschied ich mich dazu, rasch ins Bett zu
gehen. Nur kurz riskierte ich einen Blick in die Hotelbar.
Dort sah ich einige Autoren, die mit Fans diskutierten und nicht mehr sehr nüchtern erschienen. Mitten unter ihnen: Clark Darlton mit prächtiger Laune und Hans Kneifel mit einem breiten Grinsen. Es war ein herrlicher Anblick ...
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