Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
»Wir müssen uns dringend zusammensetzen.« Das war im Wesentlichen der Inhalt eines Telefonats, das Eckhard Schwettmann im Sommer 2001 mit mir führte. Ich sei mittlerweile ein Bremsklotz, und man müsse dringend den aktuellen Stand der Dinge beim Filmprojekt besprechen.
Eckhard war zu dieser Zeit nicht mehr als Verlagsleiter bei Pabel-Moewig tätig. Er war einige Monate zuvor zur Filmproduktionsgesellschaft MME gewechselt, wo er nun für das Marketing verantwortlich war. Sein hauptsächliches Augenmerk galt der PERRY RHODAN-Verfilmung, die zu dieser Zeit von MME vorbereitet wurde. Als jemand, der sich mit PERRY RHODAN hervorragend auskannte, war er sicher eine gute Verbindung zwischen uns und den Filmleuten.
Ein gewisses Problem war aber, dass die Redaktion – also ich – das Filmkonzept »absegnen« musste. Die bisherigen Konzepte hatte ich allerdings abgelehnt. Meine Argumentation war jeweils die Gleiche gewesen: »zu wenig PERRY RHODAN, für die Leserschaft also nicht vermittelbar, das können wir so nicht genehmigen«. Dabei hielt ich mich strikt an den Vertrag, der verlangte, dass die Verfilmung die Serie wiedergeben solle.
Nun aber störte ich offenbar, und ich konnte es in gewisser Weise nachvollziehen. So sagte Eckhard es auch am Telefon: Ich sei die Person, die das Filmprojekt durch ihre Sturheit blockiere und dadurch für finanzielle Engpässe sorge. »Wir müssen da schnell vorankommen«, sagte er. »Ich führe Gespräche mit Lizenzpartnern, die Merchandise-Produkte auf Basis der Verfilmung herstellen sollen.«
Eckhard hatte bereits mit unserem Geschäftsführer in Rastatt telefoniert, und dieser hatte mich ebenfalls ermahnt. Ich solle durch meine Sturheit nicht ein Filmprojekt blockieren, das für die Marke PERRY RHODAN so wichtig sei. Der Druck kam also von allen Seiten. Deshalb willigte ich ein, in München an einer Besprechung teilzunehmen.
Wir trafen uns am Donnerstag, 7. Juni 2001. Am folgenden Tag sollte der PERRY RHODAN-Con in Garching beginnen – es bot sich also an, die zwei Termine zu verknüpfen. Neben mir hatte man auch Robert Feldhoff eingeladen, unseren Exposéautor, der mittlerweile mehrere Konzepte für eine mögliche Verfilmung geschrieben und eingereicht hatte. Darauf hatte er allerdings von den Filmleuten nie einen Kommentar erhalten. Immerhin hatte man ihm das versprochene Honorar bezahlt.
Wir trafen uns in der Wohnung von Marcus Rosenmüller, dem Produzenten des Films. Marcus stellte uns eine Fernseh-Dramaturgin aus Köln vor, die schon an vielen Filmen beteiligt gewesen war und sich mit »fiktionalen Stoffen« sehr gut auskannte. Marcus zeigte uns zuerst Entwürfe für andere Filme, an denen er arbeitete, die ich sehr spannend fand.
Mit seinen Designs für den PERRY RHODAN-Film konnte ich nicht so viel anfangen. »Die sehen zwar gut aus«, argumentierte ich vorsichtig, »aber sie haben halt nichts mit unserer Serie zu tun.« Ich kannte einige der Zeichner, die für den Film ihre Designs erstellt hatten, teilweise vom Namen her, weil sie auch Comics zeichneten.
Ihre Vorstellung aber, wie ein Kugelraumer auszusehen hatte, fand ich verwirrend: »Es gibt keinen Ringwulst, und so etwas ist typisch für ein terranisches PERRY RHODAN-Raumschiff«, kritisierte ich beispielsweise. Auch die Darstellungen der SOL entsprachen nicht dem Bild, das ich seit vielen Jahren kannte und im Kopf hatte.
Ich verstand nicht, warum die Optik so grundsätzlich geändert werden sollte. Ich hatte den Filmleuten die Namen und die Kontaktdaten von einigen unserer Risszeichner gegeben. Ich war mir sicher gewesen, dass die Risszeichner gern beratend tätig geworden wären. Aber niemand von den Filmleuten hatte auch nur einen einzigen von ihnen angesprochen.
Man wolle »eigene Wege« gehen, argumentierte Marcus Rosenmüller. »So ein Film braucht einen frischen Look.« Er hatte großformatige Mappen herstellen lassen: In einem Überformat, größer als DIN A 3 im Querformat, zeigten sie klassische Bilder unserer Serie, vor allem aber die neuen Designs, dazu Texte.
»Das sieht alles sehr gut aus«, sagte ich. »Aber die Leser werden das nicht mögen.«
Die Diskussion ging eine Weile hin und her. Wir redeten offenbar aneinander vorbei, wie uns irgendwann bewusst wurde. Ich mochte die Entwürfe, sie waren frisch und neu, aber sie hatten für mich nichts mit unserer Serie zu tun. Robert hielt sich die meiste Zeit zurück, die anderen argumentierten gegen mich.
Das Gleiche galt für den Inhalt. »Wenn ihr das verfilmen wollt, ist das vielleicht eine gute Geschichte«, beharrte ich. »Aber sie hat nicht das Geringste mit PERRY RHODAN zu tun. Da könnt ihr doch auch ›Hans Müller im Weltraum‹ draufschreiben, das wäre ehrlicher.«
Das fanden die anderen dann nicht so gut. Nach länger Diskussion gingen wir in einen nahegelegenen Biergarten, wo wir schön im Schatten sitzen konnten. Wir aßen etwas, wir tranken Weißbier, wir redeten über allgemeine Dinge. Jeder erzählte ein bisschen von sich und seiner Arbeit, die angespannte Lage beruhigte sich.
Danach erklärte die Dramaturgin sowohl mir als auch Robert, warum das Konzept für die PERRY RHODAN-Verfilmung sehr überzeugend sei. Im Prinzip wiederholte sie das, was mir Marcus Rosenmüller und Eckhard Schwettmann schon gesagt hatten: Die Zielgruppe für die Verfilmung seien nicht die »Hardcore-Fans«, sondern »fünfzehnjährige Jungs«, die man mit anderen Mitteln begeistern müsse. Sie wies mich auf Punkte in der Konzeption hin, in denen die konzipierte Handlung spannende Wendepunkte nahm, und die sich an der geplanten Zielgruppe orientierten.
Ich war nicht so richtig überzeugt. Mein Alptraum sei, so argumentierte ich, dass die PERRY RHODAN-Leser dann Briefe an die Kino- und Fernsehzeitschriften schreiben würden – zu dieser Zeit war noch lange nicht jeder Bundesbürger im Internet »angekommen« –, in denen sie die Verfilmung schlecht finden würden. »Das wirft ein schlechtes Licht auf unsere Marke, und dann ist die Verfilmung für uns nicht positiv, sondern eher negativ.«
Ich wollte keine Wort-für-Wort-Verfilmung, mir war bewusst, dass das nicht machbar sei. Aber man solle doch versuchen, den »Geist der Serie« so gut wie möglich zu treffen.
Alle Beteiligten am Tisch versprachen, diesen »Geist der Serie« sehr wohl treffen zu wollen. »Notfalls muss ich mich öffentlich von der Verfilmung distanzieren«, meinte ich. Alle lachten und fanden das wohl sehr lustig; ich meinte es in diesem Augenblick sehr ernst.
Am Ende unseres Gesprächs war ich aber so weit: Ich kündigte an, eine offizielle Genehmigung für das aktuelle Drehbuch-Konzept zu schreiben. Das war durchaus ernst gemeint. Die PERRY RHODAN-Verfilmung würde sicher nicht meinem Geschmack entsprechen. Hätten wir am Ende aber eine Fernsehserie, die sich für die »junge Zielgruppe« als interessant erweisen würde, wäre ich damit ebenfalls einverstanden.
Wir trennten uns im besten Einvernehmen. Die Dramaturgin reiste am gleichen Tag nach Köln zurück, Robert und ich fuhren nach Garching weiter, wo am nächsten Tag der PERRY RHODAN-Con beginnen sollte. Eckhard und Marcus blieben noch in München: Sie wollten die Präsentation des Filmkonzeptes für den Con noch einmal durchsprechen.
2 Kommentare:
Erinnert mich an NEO. D
as sollte auch "Hans Müller im Weltraum" heißen. Ich frag mich noch immer warum es das nicht tut? Eventuell weil der Redakteur zehn Jahre später plötzlich auf der anderen Seite der Argumentationskette saß und den Namen Perry haben wollte aber den Inhalt der Serie nicht?
Da hätte ich persönlich doch lieber den Film gehabt.
Sehr interessant zu verfolgen!
Kommt demnächst noch ein 2. Teil??
Was waren die Gruende an denen das angedachte PR-Filmprojekt letztendlich gescheitert ist??
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