05 Mai 2020

Wie die Silberbände gestartet wurden

Ein Logbuch der Redaktion

In wenigen Tagen kommt der Silberband 150 in den Handel; damit beginnt für die umfangreichste Science-Fiction-Buchreihe der Welt ein neuer Handlungsabschnitt. Grund genug, ein wenig in die Vergangenheit zu blicken. Immerhin gibt es die PERRY RHODAN-Buchausgabe seit den späten 70er-Jahren.

Ende des Jahres 1977 war die PERRY RHODAN-Serie auf einem absoluten Höhenflug: Der »BARDIOC«-Zyklus begeisterte die Leser, und unter der Exposé-Führung von William Voltz hatte die Serie eine philosophische Note erhalten. Im selben Jahr startete die vierte Auflage, in der die Serie zum wiederholten Mal mit der Nummer Eins auf den Markt kam.

Jede Woche lagen so vier PERRY-RHODAN-Romane im Handel aus, ergänzt durch die Taschenbücher sowie die ATLAN-Serie, die immer phantasievoller wurde. In diese Zeit fielen auch die weiteren Expansionsversuche des Moewig-Verlags. Nachdem wenige Jahre zuvor die beiden konkurrierenden Verlage Pabel und Moewig zusammengefügt worden waren, wollte man nun vom Heftroman- und Zeitschriftengeschäft stärker in das Geschäft mit Büchern einsteigen.

Was also lag näher, als die erfolgreichste Heftromanserie, die es zu dieser Zeit im Handel gab, in gebundener Form zu vermarkten? Unter der Ägide des damaligen Verlagschefs Wilfried Blach in Rastatt und des in München arbeitenden Cheflektors Kurt Bernhard wurde ein gewagter Plan geboren: Die komplette PERRY RHODAN-Serie sollte in Buchform erscheinen, frisch bearbeitet für einen ganz anderen Leserkreis.

Durch ein markantes Aussehen und eine – für damalige Standards – ganz moderne Titelgestaltung wollte man jüngere Leser erreichen, die bislang keine Notiz von PERRY RHODAN genommen hatten. Was noch fehlte war ein Bearbeiter, und diesen fand man in William Voltz. Der damalige PERRY RHODAN-Chefautor war offensichtlich die ideale Besetzung für den Job.

William Voltz freute sich auf diese Aufgabe. Allerdings erkannte er schnell, dass die Überarbeitung der damals schon klassischen Romane, mit dem Ziel, sie zu einem Buch zusammenzufassen, nicht einfach sein würde.

Bei seiner Arbeit ging Voltz stets nach einem ähnlichen Prinzip vor: Er las die Hefte, die im Handlungsbereich des nächsten Silberbands lagen. Am Ende flossen davon fünf bis sechs Hefte tatsächlich in den Silberband ein. Dann wurde der Titel des Buchs gewählt und Johnny Bruck mit dem Titelbild beauftragt. Anschließend strich Voltz in einer Rohversion unpassend erscheinende oder falsche Passagen und formulierte sie neu.

»Sobald diese Phase abgeschlossen war, nahm er von jedem der sechs ausgewählten Hefte zwei Exemplare und schnitt die Seiten so zurecht, dass er sie quer auf ein DIN-A4 Blatt kleben konnte«, erinnert sich seine Witwe Inge Mahn.

Zunächst hatte William Voltz versucht, diesen handwerklichen Teil an seine Söhne Stephen und Ralph zu delegieren, aber das ging nicht lange gut: Entweder sie zerschnitten Textteile oder klebten »Asterix«-Seiten zwischen PERRY RHODAN.

»Nachdem rund 350 Seiten zurechtgeschnitten und aufgeklebt sind, habe ich neben klebrigen Fingern eine Rohform des zu bearbeitenden Manuskripts«, wird der Schriftsteller in einem Bericht seiner Witwe Inge zitiert. »Jede Seite wird nun neu gelesen und dabei korrigiert.«

Oft war es dabei nötig, dass neben den handgeschriebenen roten Korrekturangaben neue Passagen und Zwischenverbindungen eingesetzt werden mussten. Diese schrieb Voltz dann mit der Schreibmaschine, markierte die Stellen, an der sie zum Einschub kommen sollten, und klebte sie gefaltet auf die entsprechende Seite.

Wenn die Zeichen gezählt waren, zirka eine Million, schrieb er das Vor- und Nachwort, und weiter ging das Manuskript zu Christa Schurm in den Verlag. Sie tippte die Korrekturseiten ab, und während das Manuskript von Lektor Günter M. Schelwokat geprüft wurde, wählte Voltz Risszeichnungen aus, schrieb Werbetexte und verfasste die sogenannten Waschzettel: Weil es damals noch nicht möglich war, die Rücken der Silberbände zu bedrucken, musste man die Inhaltstexte auf separate Zettel drucken und dem Buch beilegen.

Bis zu seinem Tod im März 1984 bearbeitete William Voltz auf diese Weise insgesamt 19 Silberbände. Die ersten Zyklen der Serie wurden so in einer repräsentativen Form als Bücher veröffentlicht – damit legte Voltz den Grundstein für eine erfolgreiche Buchreihe.

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