14 September 2019

Erster Neustart für den »Dämonenkiller«

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Weil ich mich jahrelang in der Fan-Szene bewegt hatte, waren mir die Namen der meisten Aktivisten bekannt. Deshalb war ich nicht sehr überrascht, als mir Dr. Florian F. Marzin, unser Chefredakteur, im Oktober 1993 ein Schreiben auf den Tisch legte. »Da hat uns ein Fan angeschrieben«, meinte er.

Sein klarer Auftrag: Ich sollte mich um das Thema kümmern und es möglichst schnell abschließen. Es gehe ja nicht um PERRY RHODAN, sondern um »so eine alte Gruselheftserie«.

Ich las den Absender auf dem Brief und wusste sofort Bescheid. Den Absender kannte ich nicht nur vom Namen her, wir hatten uns schon bei Fan-Veranstaltungen unterhalten. Uwe Schnabel war ein Fan aus Frankfurt, der vor allem im »Grusel«- oder Horror-Fandom aktiv war. Dort veranstaltete er Cons und veröffentlichte Fanzines.

In seinem Schreiben erkundigte er sich nach den Rechten für die Serie »Dämonenkiller«. Diese war erstmals in den 70er-Jahren in unserem Verlag erschienen, eine zweite Auflage war in den 80er-Jahren veröffentlicht worden. Beide Auflagen unterschieden sich inhaltlich teilweise, weil Romane gestrichen oder massiv geändert worden waren. Ich hatte die Serie nie gelesen, wusste aber, worum es sich handelte.

Vor allem war mir klar, wer die Exposés und die wichtigsten Romane für die Serie verfasst hatte: Ernst Vlcek, der im Herbst 1993 seit längerem für die PERRY RHODAN-Exposés tätig war. Ich kannte die Stärken des österreichischen Kollegen schon sehr gut und wusste, dass er vor allem mit seinen Ideen überzeugte, dass ihm nicht immer die Fakten wichtig waren, sondern die Geschichten, die er erzählen konnte. Deshalb war ich mir sicher, dass die Serie »Dämonenkiller« ihren guten Ruf zu Recht hatte.

»Im nächsten Jahr«, so schrieb Uwe Schnabel, würde diese Serie ihr »20jähriges eigenständiges Bestehen feiern«. Aus diesem Grund wolle er den sogenannten Baphomet-Zyklus in einer »kleinen limitierten Sammlerausgabe herausbringen«. Konkret wollte er 200 Exemplare pro Buch drucken – damit war in der Tat kein Geld zu verdienen, und das war ein Projekt für Sammler und Fans.

Seine Begründung war ebenfalls die eines wahren Fans: Der Zyklus war 1977 mit Band 143 abgebrochen worden, als die erste Auflage der Serie eingestellt wurde. Bei der Zweitauflage wurde nur die Nummer 130 veröffentlicht, der Rest des Baphomet-Zyklus harrte also einer vollständigen Veröffentlichung. Die Fans sollten die Chance bekommen, so Uwe Schnabel, »den damaligen Zyklus endlich einmal komplett zu bekommen«.

Er hatte bereits mit Ernst Vlcek gesprochen und von diesem seine Genehmigung erhalten. Der Verlag als Inhaber der Serienrechte sollte aber ebenfalls etwas dazu sagen. Ich fand die Idee gut; zu dieser Zeit ging ich nicht davon aus, dass man den »Dämonenkiller« jemals wieder in einer größeren Auflage veröffentlichen könnte. Meiner Ansicht war die Zeit der »Gruselhefte« vorüber; die aktuellen Horror-Leser bevorzugten Autoren wie Stephen King oder Peter Straub.

Sicherheitshalber sprach ich mit der Kollegin, die im Buchverlag für Rechte und Lizenzen zuständig war. Was hatten wir zu beachten, was war sinnvoll, wie sollte ich mich verhalten? Sie erläuterte mir die rechtliche Situation, auch was Serien- und Autorenrechte anging, fragte dann aber kritisch nach der Auflagenhöhe.

»Mit solchen Druckauflagen sollten Sie erst gar nicht arbeiten«, argumentierte sie, »so etwas lohnt sich nicht.« Für die Buchhaltung sei es ein großer Aufwand, kleine Lizenzzahlungen zu verbuchen; müsste sie einen Vertrag aufsetzen, wäre das für eine so niedrige Auflage ebenfalls nicht sinnvoll.

»Aber das ist doch ein schönes Thema für Fans«, versuchte ich meine Meinung zu vereidigen. »Damit kann man kein Geld verdienen – aber warum sollten wir das untersagen oder stoppen?« Zudem sei es für uns als Verlag doch interessant, durch diese »Kleinst-Lizenz« den Markennamen »Dämonenkiller« zu reaktivieren.

Nach mehreren Diskussionen und Gesprächen konnte ich am 20. Dezember 1993 meine Antwort formulieren. Obwohl ich Uwe Schnabel kannte, sprach ich ihn in meinem Schreiben mit »Sehr geehrter Herr Schnabel« an – es sollte schließlich ein »Schreiben für die Akten« sein. In diesem Schreiben genehmigte ich ihm sein Anliegen.

»Der Nachdruck des Baphomet-Zyklus ist bis zur Auflage von 200 Exemplaren honorarfrei«, räumte ich ein. Meine Einstellung war zu dieser Zeit: Es handelt sich um die Fan-Veröffentlichung einer Serie, die vom Markt verschwunden war – damit waren keine Gewinne zu erwirtschaften.

Also konnten wir auch ein wenig großzügiger sein als bei einem großen Lizenzpartner, der Bücher in einer Auflage von weit über 10.000 Exemplaren veröffentlichte. Zudem ersparte ich sowohl der Buchhaltung als auch der Lizenzabteilung weitere Arbeit, wenn wir schlichtweg auf ein Honorar verzichteten.

Wenn Uwe Schnabel allerdings eine höhere Auflage verlegen wollte, so schrieb ich, »wäre eine noch auszuhandelnde Lizenzgebühr fällig«. Ich erbat mir aber zwei Belegexemplare für die Redaktion.

Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste oder ahnte: Nur kurze Zeit später sollte der Zaubermond-Verlag damit beginnen, den »Dämonenkiller« neu zu veröffentlichen und später unter dem Markennamen »Dorian Hunter« zu neuen Höhen zu führen. Bei meiner Korrespondenz mit Uwe Schnabel konnte man damit noch nicht rechnen …

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