Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
An diesem Abend war ich gebührend erschöpft. Ich hatte am Nachmittag
den Sonderzug geschmückt, zusammen mit Kolleginnen aus der
Grafik-Abteilung des Verlages, und dann waren wir mit 700 PERRY
RHODAN-Fans von Mannheim nach Saarbrücken gefahren. Wir schrieben den
Freitag, 5. September 1986, und ich wollte endlich etwas essen. Für mich
war der »Space Trip« erst einmal vorüber.
Am Bahnhof, wo immer
noch Kameraleute und Journalisten um die eingetroffenen Fans kreisten,
rollten bereits die Busse an. Sie transportierten die Leser, die sich
für ein preiswertes Quartier angemeldet hatten, zur sogenannten
Eislaufhalle. Diese war in direkter Nachbarschaft der Saarlandhalle und
bot für vier Mark pro Nacht eine Übernachtungsmöglichkeit.
Ich
erfuhr nie, wie viele Fans dort schliefen – oder es zumindest
versuchten. Es waren zwischen 500 und 1000 Personen; leider versagte an
dieser Stelle unsere Organisation bereits im Vorfeld.
Ich
kletterte zusammen mit den Kolleginnen in ein Taxi, dann fuhren wir ins
ETAP-Hotel. Das lag verkehrsgünstig in der Innenstadt. Ich hatte
gehofft, auf die PERRY RHODAN-Autoren zu treffen und noch mit diesen zu
sprechen – aber da hatte ich mich verrechnet. Wir checkten ein, dann
aßen wir gemeinsam. Es folgte eine abschließende Besprechung, und der
Tag war für mich am Ende.
Richtig los ging es am Samstagmorgen.
Als Verlagsangestellter musste ich weitaus früher zum Frühstück als die
Autoren, immerhin wollten wir eine Pressekonferenz organisieren. Als die
Autoren langsam in den Frühstücksraum kamen, eilten wir schon zum Taxi
und fuhren zur Eislaufhalle.
Mit den Grafikerinnen überprüfte ich
die Räumlichkeiten. Gemeinsam schauten wir uns noch einmal die
Dekoration an und organisierten manche Sachen um.
Die Halle hatte
noch geschlossen, aber die ersten PERRY RHODAN-Leser näherten sich
bereits dem Gebäude. Der Verkaufsstand des »Ex-Press«-Versandes wurde
aufgebaut, dort begrüßte ich einige Bekannte. Dieser Versandhändler war
der einzige, der auf dem WeltCon verkaufen durfte.
Aus Platzgründen gab
es keine Händlerbörse, und der Händler bot nur Neuware an. Immerhin
zählte zu dieser Neuware auch die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift
»Sagittarius«, die ich zu der Zeit mit einigen Bekannten zusammen
herausgab.
Ich bekam nicht mit, wie die Pforten geöffnet wurden; ich wusste aber, dass die Helfer vom Science Fiction Club Universum (SFCU)
bereit standen, um den Besuchern zu helfen. Der Club aus dem Saarland
sollte an diesem Wochenende dafür sorgen, dass alles reibungslos lief.
Einige der Mitglieder kannte ich schon, andere sollte ich an diesem
Wochenende kennenlernen. Ich fand beeindruckend, was der SFCU auf die
Beine stellte.
Aber ich musste um diese Zeit an der
Pressekonferenz teilnehmen. Viel bekam ich von ihr gar nicht mit. Ich
half mit, die Tische vorzubereiten und die Unterlagen auszuteilen. Das
professionelle Team der Saarlandhalle unterstützte uns, s dass alles
glatt ging. Um die Journalisten selbst kümmerte sich Linda Ivanus-König,
die den WeltCon als Chefin der Public-Relations-Abteilung zum größten
Teil organisiert hatte.
Während sie den anwesenden Vertretern von
Zeitungen und Zeitschriften, Radio und Fernsehen noch einmal erzählte,
was PERRY RHODAN eigentlich sei und was wir mit dem Con vorhatten,
verließ ich bereits wieder den Konferenzraum. Ich schaute nach, ob die
Autoren langsam eingetroffen waren, und betrachtete dann mit breitem
Grinsen, wie die Scharen von Fans in die Halle strömten. Auch wenn der
Con noch gar nicht eröffnet war, hatte die Saarlandhalle ihre Pforten
geöffnet.
(Wie viele Besucher der Con hatte, wussten wir übrigens
nicht. Behauptet wurde abschließend, es seien fast 5000 Menschen
gewesen. Genaue Zahlen lagen aber nicht vor, weil es im Vorfeld ein
ziemliches Chaos mit den Buchungssystemen gegeben hatte.)
Noch
einmal überprüften wir die Bühne, noch einmal wurde geschaut, ob auch
alles stimmte. Die Autoren hatten ihren Auftritt geübt, die Plätze für
die Moderatoren waren durch Markierungen auf dem Bühnenboden fixiert
worden.
Tatsächlich hatten die Arbeiter, die für den Aufbau
verantwortlich waren, eine Meisterleistung verbracht: Noch wenige Tage
zuvor war die Bühne leer gewesen, nun wirkte sie mit ihren Aufbauten so,
wie sich ein Laie eine Science-Fiction-Welt vorstellen mochte. Teuer
genug war der Aufbau mit allen Details sowieso gewesen, allein das
Bühnenbild hatte eine fünfstellige Summe verschlungen.
Als der Con
an diesem Samstag endlich eröffnet wurde, war das weite Rund der Halle
komplett besetzt. Alle Zweifel, die ich bis zu diesem Zeitpunkt gehabt
hatte, waren verflogen. Trockeneisnebel wallten über die Bühne, waberten
um die Aufbauten herum. Scheinwerferlicht zuckte, dröhnende Musik lief.
Kleine Roboter rollten über die Bühne, ferngesteuerte Apparate, die der
Verlag ansonsten dafür einsetzte, um in Fußgängerzonen oder Kaufhäusern
Werbung zu machen.
Der Saal tobte. Tausende von PERRY RHODAN-Fans
schienen von der Show begeistert zu sein; von meinem Platz schräg
hinter der Bühne hörte ich das Jubeln und Klatschen. Es war der Samstag,
6. September 1986, und der zweite PERRY RHODAN-WeltCon hatte nun
endlich begonnen ...
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