Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Nachdem das Gespräch am 9. September 2006 in Garching so gut verlaufen war, gab es von »oberer Stelle« bei uns im Verlag recht schnell ein »Go« für ein weiteres Treffen. Weil unsere Verlagsleiterin aus dem Zeitschriftenbereich ohnehin einen Termin in München zu absolvieren hatte, fuhr ich an diesem Tag ebenfalls in die bayerische Landeshauptstadt.
Die Verlagsleiterin und ich trafen am 9. November 2006 in den Räumlichkeiten der Firma ein, die sich für das ATLAN-Filmprojekt interessierte. Wir wurden nicht nur von A. empfangen, den ich im September in Garching kennengelernt hatte. An dem Gespräch nahmen auch der Art Director der Filmproduktionsgesellschaft sowie die zuständige Projekt-Managerin teil. Ich fand die Leute allesamt sympathisch, sie machten einen professionellen und kreativen Eindruck.
Man zeigte uns mit sichtlichem Stolz die Räumlichkeiten der aufstrebenden Firma. Unter anderem demonstrierte man uns, wie man im Tonstudio aktuelle Kinoproduktionen nachvertonte und wie im Schneideraum gerade Fernsehfilme geschnitten wurden. Das Studio arbeitete immer an mehreren Produktionen gleichzeitig, wollte aber verstärkt eigene Stoffe entwickeln und nicht nur für andere Filme die »Zuarbeit« übernehmen.
Wir gingen in den Besprechungsraum, wo uns A. die Schwerpunkte seiner Firma vorstellte. »Unser Schwerpunkt sind Animationen im weitesten Sinn«, sagte er, »sowohl für Werbung als auch für Filme aller Art.« Man wolle intensiv an eigene Zeichentrickfilme gehen. »Bisher haben wir nur zugearbeitet oder Filme zu Ende gebracht«. Die Firma gebe es seit sechs Jahren, man habe sich einen guten Namen erarbeitet und wolle den nächsten Schritt gehen.
Im Auge habe man den neuen Trend »IP-TV«. Darunter verstand man die Möglichkeiten, Fernsehen direkt über das Internet zu zeigen. Sogenannte Videoplattformen gab es ja bereits. Ob Kunden schon bereit seien, für Filme zu zahlen, die sie im meist kostenfreien Internet anschauen konnten, war nicht sicher – aber viele Firmen schwärmten davon. Auch unsere Verlagsleiterin und ich hatten darüber schon mehrfach diskutiert.
Das IP-TV zählte ebenso wie der Podcast zu den relativ neuen Medienformaten, von denen alle schwärmten. Auch A. mit seiner Firma machten sich Gedanken darüber: Das klassische Fernsehmodell mit dem festgelegten Programm habe ausgedient, »die jungen Leute« würden sich stärker im Internet informieren. Neue Plattformen wie MySpace zeigten, dass dort vor allem Videos populär seien. Warum sollten solche Nutzer das »normale« Fernsehen als wichtig betrachten?
Die Verlagsleiterin und ich stellten in der Folge unser Portfolio vor. Sie erzählte von den verschiedenen Frauenzeitschriften in unserem Verlag, ich präsentierte die PERRY RHODAN-Serie mit ihren vielen »Begleitprodukten«. Interessant fanden unsere Gesprächspartner, dass wir derzeit mit Partnern zusammen ein Computerspiel entwickelten. Es werde sicher noch ein Jahr dauern, bis es im Handel sei – aber genau das fanden sie spannend. Ein Computerspiel und ein Zeichentrickfilm könnten sich schließlich beflügeln.
Ich präsentierte mündlich die zwei Szenarien, die mir besonders spannend erschienen. Das schriftliche Konzept wollte ich nachreichen. »Was ich in der Folge skizziere, weicht stark von den Inhalten der ATLAN-Bücher und -Heftromane ab«, erläuterte ich. Zwar wollte ich den Geist der Romane aufgreifen, aber natürlich mussten die Inhalte an eine Verfilmung angepasst werden. So viel hatte ich in all den Jahren von den Leuten aus der Filmbranche gelernt.
Meinen ersten Vorschlag nannte ich »ATLAN – Helfer des Pharao«. Ich erzählte von den ATLAN-Zeitabenteuern und zeigte, wie das inhaltlich mit der wirklichen Menschheitsgeschichte zusammenhing, und welche Romane von Hans Kneifel zu diesem Thema verfasst worden waren. Darauf könnte man aufbauen: Atlan hilft den Pharaonen beim Bau der Pyramiden, es tauchen Aliens auf, und gegen diese muss man mithilfe arkonidischer Technik und ägyptischer Trickfertigkeit kämpfen.
Spannender fand ich – wenngleich sicher schwieriger umzusetzen – das zweite Konzept: »ATLAN – Der Kristallprinz« sollte auf den frühen ATLAN-Heftromanen aufbauen. Atlan ist ein Jugendlicher, der sich vor den Mördern seines Vaters verbirgt, auf fernen Planeten eine Reihe von exotischen Abenteuern erlebt und sich Stück für Stück ins Zentrum des Arkon-Imperiums vorkämpft.
A. informierte über ihre aktuelle Situation. »Wir hatten unlängst mit einem Produzenten zu tun, der auf das Thema PERRY RHODAN massiv ansprang und das total interessant fand.« Der Mann habe die Serie früher gelesen; er sei über die Rechtslage informiert worden und finde ATLAN ebenfalls interessant. Damit war die Situation klar: A. konnte mit seiner Firma eine Fernsehserie oder gar einen Film nicht finanzieren, dafür fehlten ihnen die Mittel. Sie benötigten einen Produzenten, der das Geld auftrieb, erst dann konnten sie mit der Arbeit anfingen. Nur wenn es einen Investoren gäbe, könnte man loslegen.
»Wir treten also nicht in Vertragsverhandlungen ein«, meinte unsere Verlagsleiterin trocken. Das wollten wir machen, wenn wir sinnvoll weitermachen konnten.
A. stellte am Ende noch die zwei Strategien zusammen: Sollte ATLAN als Kinofilm verwirklicht werden, wolle man Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren als Zielgruppe ansehen. Wollte man ATLAN aber als Fernsehserie umsetzen, war das ursprüngliche Ziel weiter zu verfolgen, mit einer solchen Serie Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren anzusprechen.
Am Ende waren wir uns in diesen Punkten alle einig. »Wahrscheinlich werden wir eine ATLAN-Fernsehserie noch vor der geplanten PERRY RHODAN-Verfilmung haben«, unkte ich, als wir hinterher im Auto der Verlagsleiterin saßen. Sie lachte nur.
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