Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«:
Nachdem es schon seit Jahren regelmäßige Besprechungen zwischen mir und
der Verlagsleitung des Zeitschriftenbereiches gab, wurde dies ab 2004
auch für den Moewig-Buchbereich eingeführt. Die Verlagsleiterin dort
übernahm sogar die Bezeichnung »Jour Fixe«. Am Freitag, 10. Dezember
2004, kam eine Reihe von Themen auf die Tagesordnung, an denen sich in
dieser Zeit immer wieder Konflikte entzündeten.
Unter anderem
ging es um den PERRY RHODAN-Kalender, den der Buchverlag in diesem Jahr
erstmals angeboten hatte. Die PERRY RHODAN-Redaktion hatte ihn
produziert, der Buchverlag wollte ihn vertreiben. Den Kalender fand ich
schön, die Bilder waren durch die Bank gelungen.
Allerdings
hatte man leider darauf verzichtet, den Kalender in den Fachmedien zu
bewerben, und man hatte ihn ebensowenig bei Kalender-Ausstellungen etwa
während der Frankfurter Buchmesse präsentiert. Die einzige Werbung für
den PERRY RHODAN-Kalender war in den PERRY RHODAN-Heftromanen gelaufen;
man war im Buchverlag davon ausgegangen, ohne jegliches Engagement hohe
Verkäufe zu erreichen.
»Die Verkaufszahlen sind desaströs«,
begann die Verlagsleiterin und legte mir die Zahlen vor. So hatte
beispielsweise eine große Kaufhauskette immerhin 1500 Kalender in ihr
Angebot aufgenommen; davon waren aber bislang nur wenige Dutzend
verkauft worden. Buchhändler hatten den Kalender praktisch nicht
geordert, im Bahnhofsbuchhandel hing kein einziger, und auch andere
Kaufhäuser wiesen keinerlei nachvollziehbare Verkäufe nach.
Ich
wandte vorsichtig ein, dass der Zeitschriftenbereich sehr früh eine
Zusammenarbeit vorgeschlagen hätte. Der Zeitschriftenvertrieb hätte den
Kalender gern in sein Angebot aufgenommen, damit die Kalender dort
vertrieben würden, wo auch die wöchentlichen PERRY RHODAN-Romane
standen. Aus kalkulatorischen Gründen hatte der Buchverlag dieses
Angebot ausgeschlagen. Man wollte sich auf den Buchhandel verlassen und
nicht den Zeitschriftenhandel an den erwarteten Gewinnen beteiligen.
»Wir
haben uns doch darauf verlassen, dass Ihre Fans den Kalender bei den
Versendern bestellen«, so das Argument der Verlagsleiterin. »Aber die
Versender haben ebenfalls viel zu wenig Kalender bestellt und verkauft.«
Gemeint war damit vor allem der Transgalaxis-Versand, der bei dem
Kalender-Projekt tatsächlich unser wichtigster Partner geworden war.
»Der
Kalender muss als Paket verschickt werden, weil er kein gängiges Format
hat«, erläuterte ich. In dem Bereich kannte ich mich mittlerweile aus,
denn in den Wochen davor hatte ich genügend Fan-Beschwerden erhalten.
»Damit ist der Kalender so teuer geworden, dass er für die meisten Leser
unattraktiv ist.«
Ich verwies auf die Werbung, die in den
Heftromanen gelaufen war. »Daran kann es nicht liegen«, so meine
Aussage. Wir hatten sogar einen Beileger hergestellt. Wenn ein Leser
diese Werbung wahrnahm, konnte er den Kalender über seine Buchhandlung
bestellen. Theoretisch war das eine gute Möglichkeit; ich wusste aber,
dass interessierte Kunden einen Kalender einfach gern in der Hand haben
und durchblättern wollen, bevor sie ihn kaufen.
Das Gespräch ging
so unerquicklich weiter, wie es begonnen hatte. Angesichts der
schlechten Verkäufe müsste man sich von Seiten des Buchverlages
überlegen, wie die Zusammenarbeit mit PERRY RHODAN »weiter strukturiert«
werden könnte.
Und: Ob wir den Kalender denn verramschen
könnten? Oder ob es eine Möglichkeit gäbe, die »zuviel gedruckten«
Kalender einfach zu verschenken? Auf jeden Fall wolle der Buchverlag ein
solches Experiment nicht wiederholen; das sei zu teuer und vor allem
ohne jeglichen Erfolg.
Immerhin war das andere Thema viel
positiver. Die »Schwarm«-Paperbacks, die wir – allerdings gegen den
Willen des Buchvertriebs – vorbereitet hatten, seien mit großer
Begeisterung aufgenommen worden. Der Handel habe viele Bücher bestellt,
auch die Kaufhäuser hätten sie gut platziert. Ich zeigte die speziell
eingerichtete »Schwarm«-Homepage, die der Verlagsleiterin rein optisch
sehr gut gefiel.
Nur hatte sie ein Argument, das gegen die
Internet-Seite sprach. »Man erfährt viel über den Inhalt, aber es
müssten mehr verkäuferische Argumente auf die Seite – nur dann werden
noch mehr Buchhändler die Bücher bestellen.«
Ich gab ihr Recht.
Eine Redaktion setzt aus nachvollziehbaren Gründen auf Inhalte und deren
Vermittlung, aber selbstverständlich mussten die Verkäufe stimmen. Auf
meinen Notizzettel kritzelte ich, dass ich dringend mit Frank Borsch und
Miriam Hofheinz darüber sprechen müsste – Frank würde weitere Texte
schreiben, Miriam würde sie auf die Homepage platzieren. Vielleicht
brachte das weitere Verkäufe.
Die anderen Themen waren relativ
übersichtlich. Wir sprachen über die PERRY RHODAN-Silberbände und die
ATLAN-Bücher, und wir kamen abschließend auf die Leipziger Buchmesse.
Der Moewig-Buchverlag hatte sich dort zuletzt nur an einem
Gemeinschaftsstand der baden-württembergischen Buchverlage präsentiert
und nie mehr als drei oder vier Silberbände gezeigt.
»Wir werden
mit PERRY RHODAN dort sein«, kündigte ich an. »Das ist sinnvoll, weil
wir dort direkt auf Kunden und Lizenzpartner treffen und die Marke PERRY
RHODAN stärker in den Vordergrund stellen können.« Ich erläuterte, dass
wir mit einem kleineren Verlag zusammenarbeiten würden. Gemeint war
Fantasy Productions, von dem die Verlagsleiterin an diesem Tag zum
ersten Mal hörte. »Wir können ja nicht als PERRY RHODAN einen eigenen
Messestand haben, also schlüpfen wir bei den Partnern unter.«
Sie
stimmte zu, das sei ein guter Plan. Und so endete eine Besprechung, die
so kritisch begonnen hatte, unterm Strich doch sehr positiv
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