17 Juli 2013

Weiterplanung für Andromeda

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Es gibt die eine oder andere »eiserne Regel«, an die man sich im Geschäftsleben zu halten hat. Dazu gehört, dass man nicht mit einer Arbeit für eine andere Firma beginnt, bevor man nicht einen Vertrag in den Händen hat, den beide Seiten unterzeichnet haben und der alle Rechten und Pflichten eindeutig festlegt.

Dummerweise hatten wir einen solchen Vertrag noch nicht einmal ausgehandelt, als wir mit der Arbeit begannen, eine Taschenbuch-Staffel für den Heyne-Verlag zu entwickeln. Meine Argumentation: »Heyne ist ein seriöses Verlagshaus, und Sascha Mamczak wird sich an seine mündliche Zusage halten.« Meine geheime Überlegung: »Und wenn's völlig schiefgeht, müssen wir die sechs Bücher eben im eigenen Buchverlag veröffentlichen.«

Aber selbstverständlich ging ich davon aus, dass die Zusammenarbeit mit Heyne erfolgreich sein würde. Ähnlich dachte Robert Feldhoff. Während wir an der laufenden PERRY RHODAN-Serie weiter arbeiteten und jede Woche wegen aktueller Romane und Exposés telefonierten, sprachen wir immer wieder über sechs Taschenbücher für Heyne. Welche Autoren sollten wir nehmen, welche Themen auswählen?

Robert griff in den Gesprächen immer wieder die Aussage von Sascha Mamczak auf, dem verantwortlichen Lektor im Heyne-Verlag: »Wenn wir den Kinofilm zur Fernsehserie machen wollen, müssen wir etwas Großes schaffen«, argumentierte er. »Wir können da keine kleinen Brötchen backen.« Er argumentierte vor allem, dass wir ein Terrain für die sechs Taschenbücher wählen sollten, das die Stammleser sehr gut kannten, das aber auch ein Neuleser sofort einzuordnen wüsste. »Wir nehmen Andromeda, da spielt gerade sowieso nicht die aktuelle Erstauflage, und das mögen die Leser.«

Bei den Autoren war eines klar: Der einleitende Roman musste von jemandem geschrieben werden, der die Serie sehr gut kannte und der trotzdem einen »Blick von außen« hatte, ein Autor zudem, den die Heyne-Kollegen auch ihren Vertriebsleuten vermitteln konnten. Schließlich ging es irgendwann ja darum, einem Vertrieb, der ansonsten mit PERRY RHODAN nichts zu tun hatte, klarzumachen, dass er die neuen Taschenbücher in eine Buchhandlung verkaufen sollte.

Wir entschieden uns für Uwe Anton als Autor des ersten Romans: Er kannte PERRY RHODAN perfekt, und den Vertriebsleuten konnten wir ihn als erfahrenen Schriftsteller und Übersetzer empfehlen, der »nicht nur diese Heftromane« schrieb. Den Abschlussband sollte Ernst Vlcek schreiben – schließlich sollte es in diesem Roman um die »kosmische Dimension« des Sechsteilers gehen, und Ernst als ehemaliger Exposéautor war für dieses Thema prädestiniert.

Leo Lukas bot sich deshalb an, weil er den Heyne-Vertriebsleuten bereits durch seinen »Shadowrun«-Roman bekannt geworden war. Bei Frank Böhmert wollten wir bewusst experimentieren, während wir bei Hubert Haensel und Frank Borsch wussten, dass beide Autoren sehr gut schrieben: sowohl für Stamm- als auch für potenzielle Neuleser.

Das beste bei unseren Überlegungen war: Die Autoren hatten genügend Zeit. Wir wollten nämlich alle sechs Taschenbücher im Juni 2002 vorliegen haben, um sie idealerweise gleichzeitig redigieren zu können. Das Ziel war, alle Termine halten zu können. Robert und ich waren sehr optimistisch, dass dies ausnahmsweise klappen würde.

Um die Autoren stärker in die Arbeit einzubinden, ließ ich eine Mailing-Gruppe einrichten. Robert stellte inhaltliche Schwerpunkte vor, die Autoren diskutierten über Ideen und Vorschläge. Figuren wurden gemeinsam entwickelt, und den Figuren wurden teilweise sehr individuelle Elemente verliehen: Ein Maahk beispielsweise sollte ein T-Shirt über seinem Raumanzug tragen, und er sollte ein Musik-Fan sein. Das klang in der Diskussion ein wenig schräg, kam aber gut an.

Ähnliches galt für Liebesbeziehungen zwischen den Haupt- und Nebenfiguren oder dem Verhalten eines Haustieres – des Klonelefanten Norman –, das mit dabei sein sollte.

Wir fingen Ende 2001 mit den vielen Diskussionen an; Hunderte von Mails wurden gewechselt, und zeitweise diskutierten wir vor allem über Details sehr ausführlich. Robert versuchte, das alles irgendwie aufzugreifen und zu berücksichtigen. Dass bei alledem der »normale Betrieb« einer wöchentlichen Heftromanserie weiterlaufen sollte, machte das ganze zeitweise kompliziert.

Immerhin hatten wir bereits einen Arbeitstitel: Die sechs Taschenbücher sollten als »Schattenspiegel-Zyklus« erscheinen, da die unbekannte Superintelligenz einen sogenannten Schattenspiegel zum Schutz ihrer Unternehmungen aufbauen sollte. Ebenso hatten wir einige Titel definiert. Uwe Anton hatte für seinen Roman den Titel »Schatten über Andromeda« vorgeschlagen, den ich gut fand. Die Bände zwei und drei sollten »Der Weltraumbahnhof« und »Der Schwerelose Zug« heißen, was geheimnisvoll klang.

Beim vierten Band wussten wir noch nicht so recht, ob wir den ursprünglichen Vorschlag von Robert Feldhoff, nämlich »Die Retter von Andromeda« oder den Vorschlag von Frank Böhmert nehmen sollten. Frank hatte sich für »Die Sternenhorcher« ausgesprochen. Beim fünften Band war nicht sicher, ob »Die Glücksritter von Tefrod« oder »Der Schattenspiegel« besser waren, während der sechste Band mit »Die Zeitstadt« recht früh definiert war.

Mir war sowieso eines bewusst: Der Heyne-Verlag würde entscheiden, wie die Romane endgültig hießen. Dabei waren die Überlegungen des Heyne-Lektorats um Sascha Mamczak ebenso wichtig wie die Gedanken der Vertriebsleute. Auch wenn in vielen Verlagen eine natürliche Rivalität zwischen Vertrieb und Redaktion herrschte, wusste ich doch sehr gut, dass man ohne die Kollegen in diesem Bereich schlicht kein Buch verkaufte ... und wer Bücher macht, der hat es gern, wenn sie ihre Kunden finden.

Unsere Vorarbeiten gediehen bis zum Beginn des Februar 2002. Dann hatte Robert Feldhoff sein Rundschreiben fertig, mit dem er den offiziellen Startschuss zum gemeinsamen »Schattenspiegel«-Projekt gab.

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